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Ich bin unschuldig

Ich bin unschuldig

Titel: Ich bin unschuldig
Autoren: Sabine Durrant
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Philip bekam es kaum mit. Letzte Woche habe ich ihn noch einmal hervorgezaubert, ein letzter Anflug von Horror, die DVD , die ich in dem Eckladen in Putney zusammen mit den Pfefferminzbonbons kaufte, um die Aufmerksamkeit von mir abzulenken, um Perivale davon zu überzeugen, dass da draußen jemand war, der es auf mich abgesehen hatte. Die ganzen Verdächtigen, die ich aufstöberte und ihnen hinschmiss, wie man einem Hund ein Stück Fleisch hinwirft: Marta, Tolek, der Mann in dem roten Renault. Unschuldig, alle miteinander. Die Polizei kam immer wieder.
    Plötzlich eine Bewegung in den Sträuchern – ein Vogel fliegt krächzend auf. Mein Herz klopft. Die Sache ist die: Perivale hat es darauf angelegt, mich zu kriegen.
    In meiner Tasche vibriert es. Mein Handy.
    Jack.
    Ich schalte auf Stumm. Ich stehe da und suche die Gegend ab. Keine Spur von dem Mann bei dem Café. Er scheint fort zu sein. Ich muss mich zusammenreißen. Ich muss weitermachen. Ich kann jetzt nicht aufgeben. Viel Zeit habe ich nicht.
    Jack.
    Zuerst habe ich ihn benutzt. Eine verzweifelte Reaktion darauf, dass ich in der Falle hockte. Hat er mich benutzt oder nicht? Ich musste Erkundigungen einholen, und das konnte ich nicht allein. Ein verständnisvoller Artikel über mich kam mir obendrein gelegen. Ania hatte Freunde, Leute, mit denen sie womöglich gesprochen hatte, Kolleginnen; ich musste herausfinden, ob irgendjemand von Philip wusste. Die Wahl fiel zufällig auf Jack. Ich wollte, dass er mir half, aber er sollte nicht zu gewieft sein, seinen Job nicht zu gut machen. Ich beobachtete und lauschte, dachte über alles nach, was er sagte und tat, passte meine Meinung täglich eine Million Mal an. Ich musste die Kontrolle behalten. Zuerst lief es gut – er wirkte ein wenig lustlos, hatte dazu noch andere Jobs zu erledigen. Doch es gab heikle Augenblicke. Er war sowohl empfindsamer als auch klüger, als ich gedacht hatte. Er erinnerte sich zu prompt an Namen – Caroline Fletcher, Millie und Clara –, als dass ich mich damit wohlgefühlt hätte. Er wusste, dass Philip in Singapur war. Es gab sogar einen Augenblick unten am Fluss, da dachte ich, er hätte es erraten.
    Ich mochte ihn. Ich mag ihn. Er ist nett und witzig und unkompliziert. Und das Herzergreifende ist, dass er mich auch mag. Er weiß so einiges. Was ich ihm gesagt habe. Im Restaurant habe ich zu viel getrunken. Ich habe den Mund aufgemacht und ihn in den dunklen Sumpf meiner Seele blicken lassen. Und das Seltsame ist: Es zog ihn an, er interessierte sich mehr. Und vielleicht war ich auch in Versuchung, ihm zu erliegen, mit dem ganzen Verlust an Kontrolle und Würde, der damit einhergeht.
    Die ganze Zeit musste ich die Geschichte verändern und Anpassungen vornehmen. Sobald ich erfahren hatte, dass Christa von Anias Liebhaber, dem »Vater des Babys«, wusste, versuchte ich Jack in eine andere Richtung zu lenken. Ich konnte nicht riskieren, dass er der Wahrheit noch näher kam. Doch er machte einfach, was er wollte. Er war gefährlich geworden, leidenschaftlich in seinem Entschluss, meine Unschuld zu beweisen, Tolek kennenzulernen, Hannah Morrow und ihr loses Mundwerk. Und dann hat er Christa mit Charme und Drohungen den Kalender abgeschwatzt. Der Kalender ist der Trumpf. Philips Name steht bestimmt darin. Schwarz auf weiß. Selbst wenn Jack nicht damit zur Polizei geht, so ist die Wahrheit doch ans Licht gekommen.
    Das ist das Ende. Die Ironie an der Sache ist, dass Jack es für mich getan hat. Er hat aus lauter Freundlichkeit mein Leben zerstört. Es ist alles schiefgelaufen. Man agiert und reagiert. Man muss aus dem, was man hat, das Beste machen.

    Ich bin jetzt ruhiger. Ganz ruhig. Ich muss nachdenken. Ich muss handeln.
    Ich gehe nach Hause. Ich muss mich zügeln. Es ist jetzt mehr los hier draußen, zwei Hundebesitzer auf ihrem Abendspaziergang, ein paar Kinder, die auf den Reckstangen herumalbern.
    Die erste Zeit nachdem wir hergezogen waren, sind Philip und ich öfter hier rausgekommen und über den Common spaziert, wenn wir von der Arbeit daheim waren. Wir hakten uns unter und redeten über unseren Tag, meine Hoffungen, seine Ziele. Wir würden das Haus auf Vordermann bringen, wenn wir das Geld hätten, und den Keller umgestalten. »… füllen es mit Kindern«, erinnere ich mich gesagt zu haben.
    An klaren Abenden saßen wir am Bowling Green und lockten die struppige Katze heraus.
    Philips Haare haben sich über dem Kragen gekringelt. Ich erinnere mich an seine Hand, wenn er
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