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Ich bin schizophren und es geht mir allen gut

Titel: Ich bin schizophren und es geht mir allen gut
Autoren: Dirk Bernemann
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ist irgendwas mit vier Uhr nachts und ich bin emotional satt, also nicht überfressen, aber ich hatte vielleicht eine Kleinigkeit als Stimulanz, einfach nur mal wieder die Möglichkeit probiert, mit der man sich auch ganz einfach satt essen könnte. Satt fühlen. Sich an den Emotionen eines solchen Abends satt fühlen. Um emotionalisiert zu sein, bedarf es wenig, manchmal wirklich nur einer Autofahrt durch die Dunkelheit. Bewusst. Sein. Schweigen. Schweigen ist oft gut, und zwar da, wo Worte ohnehin nur Beschreibungen liefern können, nur Taten oder Gefühle umschließen können. Da kommt Schweigen gerade recht.
    Mein Auto hatte ich auf der anderen Seite geparkt, wir stiegen ein und das Autoradio hatte eine CD von den Smiths gefressen, die da nun schon seit drei Tagen wohnte. Er macht sich eine Zigarette an, schnallt sich auf dem Beifahrersitz an und dann sagt er noch über die Musik, dass sie ihm zwar gefiele, aber dass der Sänger, dieser Mozzer, also der klänge für ihn wie Kermit der Frosch, wenn dieser seine sentimentale Phase habe. Ich höre genau hin und erkenne, dass er recht hat. Morrissey und Kermit scheinen stimmverwandt zu sein, zumindest die deutsche Synchronstimme von Kermit erinnert sehr stark an das Sangesorgan des Smith-Sängers. Wir tanzen ein wenig, sitzend, stellen uns vor, wie Kermit der Frosch als Bandleader bei den mittlerweile aufgelösten Smiths einsteigt. Alles ist gut. Wir fahren singend, pfeifend durch die Nacht, der alte Opel röchelt sanft, übertönt von den Smiths. Zeitlos. Wir fahren, rauchen, schweigen, "... panic in the streets of London ...", rauchen, schweigen, die Musik tanzt uns aus der Welt, zumindest mich, in seinem Kopf hat er zwar schon den Arbeitstag beendet (wenn die Lok aus ist, ist es auch die Schicht ...), aber irgendwie träumt er vor sich hin, träumt sich raus in den kleinen Mond und wir fahren, wir rauchen, wir schweigen zu Ende. Ich bringe ihn nach Hause und dann mich.
    Vor dem Einschlafen ist da wieder dieses Geräusch. Rattat, rattat, rattat, der Rhythmus der Schiene, gleichbleibend, wohlgeformt, fast wie eine Gebetskette, meditativ. Ich schlafe schleunigst ein, vielleicht fährt dort im Traum die Bahn ins Glück oder in einen Tunnel, wo Feuer ist - who knows ...
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