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Ich Bin Ein Schwein

Ich Bin Ein Schwein

Titel: Ich Bin Ein Schwein
Autoren: Tanja Steinlechner
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Möglichkeit bestand, sie noch einmal zu küssen, ihre weiche, nachgiebige Haut an meiner zu spüren, ihre feuchten Schamlippen mit meinem Finger zu teilen und ihren erregten Duft an mir zu riechen, musste ich zu ihr rausfahren.
    Mein Herz hämmerte wie nach drei Tassen schwarzem Kaffee, als ich vor ihrem Haus hielt und einen Blick zu ihrer Wohnung hinauf warf. Die beiden kleinen Lampen brannten. Der hässliche Buddha war aus.
    Ich stellte mich auf den gleichen Parkplatz, den sie mir letzte Woche gezeigt hatte, und würgte den Motor ab.
    Die Flasche war nicht mehr kühl genug. Allen Ernstes überlegte ich, noch schnell einen Kühler und Eiswürfel zu besorgen, damit ich mich angemessen präsentieren konnte, wenn die Tür aufging.
    Die Haustür öffnete sich. Heraus kam ein Mann. Er trug eine knielange Lederjacke in Schwarz, hatte weißblond gefärbte Haare und ein Piercing in der Augenbraue. Ich schätzte ihn auf Anfang dreißig, also ein paar Jahre älter als ich. Sein Blick glitt über mich hinweg, als sei ich eine Straßenlaterne oder ein Mülleimer.
    Wohnte er hier? Oder war er etwa, konnte er etwa bei Jeanne gewesen sein? Der Jeanne, die mit ihren Brüsten meinen Schwanz massiert hatte? Die klebrigsüßen Alkohol mochte? Die im Schlaf aussah wie höchstens fünfzehn?
    Ich stieß die Autotür auf, schloss ab, marschierte auf die Tür zu und – hatte ein Problem. Ich wusste nicht, wie sie mit Nachnamen hieß. Ratlos fuhr ich mit dem Finger an den Schildern entlang. In welchem Stock waren wir gewesen? Dritter oder vierter? Im vierten Stock wohnten „Weißbach“ und „Mirisch“. Im dritten Stock gab es zwei Wohnungen, die eine bewohnte „Rita Graf“, die andere „J. Müller“. J. Müller, Jeanne Müller?
    Ich wischte meine Hand an der Hose ab, bevor ich den Knopf drückte. Unter meinen Armen spürte ich Schweißtropfen. Sekunden vergingen. Ich überlegte gerade, bei irgendwem zu klingeln und zu fragen, als es summte.
    Ich drückte die Tür auf und stolperte fast. Das Treppenhaus erkannte ich wieder, die grauen Steinstufen, die roten Türen, die bunte Fußmatte im Erdgeschoss: „Dreckstück!“.
    Drei Stockwerke hinauf, peinlich außer Atem. Eine Wohnungstür stand offen, die Fußmatte davor aus Stroh-geflecht, keine Schuhe. Vorsichtig schob ich die Tür auf. Es war die richtige Wohnung, ich roch Menthol und Rauch, konnte den engen Flur sehen, den Schein der kleinen Lampen, das Rot und Lila, und auf dem großen Bett ...
    Sie trug nichts außer einem Spitzen-BH, einem Tanga, Strümpfen und Strapsen, die sich in einem Cremeton von ihrer goldbraunen Haut abhoben. Bäuchlings lag sie auf dem Bett, einen Fuß in der Luft, an dem ein hochhackiger Pantoffel am großen Zeh hin und her schwang. Der zweite lag auf dem Boden. Auf ihrem Po entdeckte ich ein Tattoo, das ich letztes Mal nicht bemerkt hatte. Eine Schlange. Ihre Locken glänzten, die Augen waren dunkel nachgezogen. Der Mund lächelte mit geschlossenen Lippen.
    „Ich wusste, dass du kommst“, sagte sie, stand auf, ließ den Schuh vom Fuß gleiten und knipste die beiden kleinen Lampen aus. Einen Moment stand ich im Dunkeln, dann ging rotes Licht an, und ihr Schatten zeichnete sich vor dem Buddha ab, als sie langsam auf mich zukam.
    Wie oft bin ich zu ihr gefahren? Habe den Fiat auf dem Platz mit den verblassten Parklinien abgestellt, die Flasche mitgenommen – Waldfrucht, Erdbeer, Maracuja, Kirsch, Mango, Waldmeister – und bin in ihre lilarote Wohnung getreten?
    Als ob ich es nicht wüsste.
    Jeanne im silbergrauen Kimono. Nackt bis auf eine Zeichnung aus Schokoladensoße auf dem Bauch. In Strapsen. Einem roten Seidentop. Mit Krawatte und Hut. In einem durchsichtigen weißen Nachthemd. Nichts als eine Perlenkette am Leib. Mit Goldstaub überpudert. Im Handtuch. Ohne alles.
    Wir liebten uns immer im Licht des roten Buddhas. Ich habe sie einmal gefragt: „Wieso der Buddha?“
    „Er macht das schönste Licht“, hatte sie geflüstert und mich noch im Flur zu Boden gedrückt.
    Ich erinnere mich nur an ein einziges Mal, als der Buddha nicht geleuchtet hat.
    Mein Auto war nicht angesprungen. Ich war mit meinem Fahrrad den ganzen Weg zu ihr geradelt, kam viel zu spät und klitschnass geschwitzt an, hatte die Flasche vergessen.
    Jeanne wirkte ungeduldig und nervös. Statt mich wie sonst zu küssen, fragte sie noch in der Wohnungstür: „Wieso kommst du erst jetzt?“
    Bevor ich noch zu Atem kommen und antworten konnte, drehte sie sich um und ging in die
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