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Ich bin dann mal offline

Ich bin dann mal offline

Titel: Ich bin dann mal offline
Autoren: Christoph Koch
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nicht selbigen Nachbarn beauftragen, etwas für dich zu googeln, eine Bahnfahrt online zu buchen oder eineMail in deinem Namen zu schreiben.
    • Du sollst nicht begehren deines Nachbarn Internetzugang, sein iPhone oder Blackberry.
    • Du sollst Zeitung lesen, Fernsehen und Radio benutzen, wenn dir dergleichen beliebt.
    • Du sollst nicht auf Papier lesen, was dein Nachbar für dich aus dem Internet ausgedruckt hat.
    • Du sollst dir kein Faxgerät anschaffen. Wenn du bereits ein Faxgerät besitzt, so sollst du es benutzen nach deinem freien Wille n.1
    Ich war gespannt, wie die Internetlosigkeit mein ganz normales Leben, meinen Alltag verändern würde. Die Art, wie ich mit Freunden kommunizierte, arbeitete, lebte, liebte, mir Kurzweil bereitete und mich informierte. Mir wurde aber auch schnell klar, dass dieser Monat mehr sein würde als nur ein Monat des Verzichts, in dem alles so normal sein sollte wie möglich -nur eben ohne Internet. Ich wollte Leute treffen, die mir etwas über das analoge Leben erzählen konnten. Eigenbrötler und Technikfeinde
    Im Zuge der Recherchen für dieses Buch besuchte ich eine Siedlung der Amish People im amerikanischen Missouri. Diese christliche Splittergruppe emigrierte vor rund 300 Jahren aus Süddeutschland und der Schweiz vor allem in die US-Bundesstaaten Pennsylvania und Ohio und meidet seither den technischen Fortschritt. Zwar nicht komplett, aber doch in sehr großen Teilen -Computer sind tabu, Telefone nur als unbequeme Gemeinschaftsapparate weit entfernt von den Wohnhäusern draußen auf dem Feld gestattet. Doch selbst bei diesen scheinbar resistenten Eigenbrötlern, die sonst vor allem durch die Depeschen ihrer eigenen Wochenzeitung The Budget miteinander in Kontakt bleiben, konnte ich die scheinbar unwiderstehliche Anziehungskraft des Mobiltelefons spüren. Ebenfalls in den USA besuchte ich den Geräuschesammler und »akustischen Umweltschützer« Gordon Hempton: ein Mann, der für seine Aufnahmen des Sonnenaufgangs mit einem Grammy ausgezeichnet wurde -Tonaufnahmen wohlgemerkt. »Ständig von Geräuschen umgeben zu sein, macht die Menschen krank«, davon ist der 57-Jährige überzeugt. Deshalb hat er sich an einen der stillsten Orte der Welt zurückgezogen -den Olympic National Park im amerikanischen Nordwesten -und kämpft von dort mit politischen Mitteln gegen Fluglinien und dafür, Lärm als Umweltverschmutzung anzuerkennen und zu ächten. 1 Ich hatte tatsächlich noch nie ein Faxgerät besessen und nun extra eines anzuschaffen, nur um mir den Internetverzicht zu erleichtern, hätte ich auch albern gefunden. Doch nicht nur in den USA gibt es Menschen, die versuchen, sich dem ewigen Geplapper, den »instant messages« und der ständigen Erreichbarkeit zu entziehen. Ich sprach auch in Deutschland mit Handyverweigerern und Internetskeptikern. Ich interviewte einen Mann, der seine Frau im Internet betrog -und sich dies bis heute nicht verzeihen kann. Ich sprach aber auch mit Deutschlands berühmtester Frisur: Sascha Lobo (Markenzeichen: knallroter Irokesenschnitt) ist einer der wichtigsten Blogger des Landes, Autor des Buches »Wir nennen es Arbeit« und gleichzeitig Berater des Vodafone-Konzerns. In der Kampagne »Es ist deine Zeit«, in der Lobo auftritt, wendet sich der Mobilfunkund Onlineanbieter an die sogenannte »Generation Upload«, also jene junge Generation, für die das Internet und immer mehr auch das mobile Online-Sein eine Selbstverständlichkeit ist. Lobo, Besitzer dreier Handynummern und zahlreicher internetfähiger Mobiltelefone, sollte mir erklären, woher das zunehmende Bedürfnis der Menschen kommt, immer erreichbar zu sein. Und warum er selbst keine Angst hat, beinahe jede wache Minute online zu sein.
    Die Vorbereitungen für meinen Selbstversuch fielen relativ überschaubar aus. Ein kleiner Kreis von Freunden, Familie und wichtigen Arbeitskontakten wurde eingeweiht. Die anderen würden erst davon erfahren, wenn sie versuchten, mich zu kontaktieren: Ich setzte eine Abwesenheitsnotiz für meine E-Mail-Adressen auf, die automatisch auf jede ankommendeMail antwortete, ich sei für einen Monat nicht digital erreichbar und meine Festnetztelefonnummer und Postadresse bekannt gab. Es sollte ja niemand sagen können, er habe nicht gewusst, wie er mich erreichen könne. Ich deckte mich mit Büchern von Experten ein, die zu Themen wie Hirn-und Stressforschung, Suchtentwicklung, Internet-und Netzwerktheorien publiziert hatten. Ich schaffte es, so viele davon
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