Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tapas zum Abendbrot

Tapas zum Abendbrot

Titel: Tapas zum Abendbrot
Autoren: Basel Nicole Frick Marike
Vom Netzwerk:
Wie man in drei Sprachen spricht
    (und sich trotzdem versteht)
    NEUSTRELITZ, 14. AUGUST
    Heute ist nicht irgendein Samstag. Es ist der Samstag vor meiner Hochzeit. Eine Woche noch habe ich Zeit, um die To-do-Liste abzuarbeiten, die vor mir auf dem Schreibtisch liegt. Eine Woche noch organisieren und vorbereiten. Eine Woche noch, ehe ich die Frau von einem Mann sein werde, der einen für Deutsche schwer auszusprechenden Nachnamen trägt, der meine Landsleute unkommunikativ und das deutsche Händeschütteln merkwürdig findet und der mich so sehr liebt, dass er trotzdem mein Ehemann sein möchte, hier in Deutschland. Dieser Mann kommt aus Spanien, genauer gesagt aus der Nähe von Barcelona, und immer, wenn er das sagt, erntet er sehr erstaunte Blicke: »Barcelona? Was machst du dann hier in Deutschland?« Kein Deutscher kann sich vorstellen, Barcelona gegen das nordisch-kühle Hamburg einzutauschen.
    Roberto aber hat sogar eingewilligt, mich in Norddeutschland zu heiraten. Hier, nicht unter der Sonne Spaniens. Mittlerweile weiß ich nicht mehr, ob das eine so gute Idee war.
    Die Wettervorhersage lässt sich am besten mit dem Wort »düster« beschreiben, und nach Aussage meiner Mutter ist dieser August der regnerischste, den sie je erlebt hat. »August ist gut«, hatte sie gesagt, damals, vor mehreren Monaten, »der August ist immer sehr stabil.« Von Stabilität ist in diesen Tagen aber weit und breit nichts zu sehen. Stattdessen ziehen Wolken verschiedenster Grauschattierungen über den Himmel, immer wieder regnet es, die Temperaturen stagnieren bei etwa 14 Grad. Meine romantischen Vorstellungen von einer Hochzeit am See kann ich damit wohl getrost in die Tonne kloppen.
    Zugegeben, das Wetter ist derzeit gar nicht unser größtes Problem. Viel mehr Kopfzerbrechen bereiten uns die Fluglotsen. Ja, Fluglotsen.
    Dass ich mich einmal so ausgiebig mit Flughafenpersonal beschäftigen würde, hätte ich noch vor zwei Wochen nicht gedacht. Damals saß ich gerade im Büro, als Roberto mich anrief und mit düsterer Stimme fragte: »Hast du schon gelesen?« Er tat das auf Englisch, genauso gut hätte es aber auch auf Spanisch oder Deutsch sein können. Denn wenn wir miteinander sprechen, wechseln wir die Sprache quasi sekündlich. Auch unsere Hochzeit wird in einem großen Sprachen-Wirrwarr enden, das war uns von Anfang an klar. Schließlich sprechen meine Eltern kein Spanisch, nur wenig Englisch – seine Eltern dagegen kein Deutsch und so gut wie gar kein Englisch. Deshalb paukt Roberto derzeit mit einer Privatlehrerin täglich zwei Stunden deutsche Vokabeln und Grammatik, als Vorbereitung auf unseren großen Tag. Schließlich wird er übersetzen müssen, hin und her zwischen Spaniern und Deutschen, den lieben langen Tag hindurch. Es soll unser ganz persönliches interkulturelles Projekt werden: 25 Spanier, 40 Deutsche und ein Fest, das drei Tage dauern wird. Wir haben uns alles genau überlegt: Es soll spanischen Schinken geben, frisch gesäbelt von einem eigens dafür importierten Schweinebein, deutschen Weißwein, katalanischen Sekt, Rotwein aus dem Rioja, einen Paso doble als ersten Tanz, außerdem spanischen Gitarren-Pop und deutsche Klassiker. Mein Opa bereitet »La Paloma blanca« auf seinem Schifferklavier vor, meine Mutter erkundigt sich immer mal wieder nach spanischen Grundvokabeln, meine Brüder sagen seit Wochen nur noch »Qué pasa!«, wenn sie ans Telefon gehen und im Süden übt meine zukünftige Schwiegermutter bereits eifrig ihr »Guten Tag«. Die Spanier haben ihre Tickets seit Langem gebucht. Wir haben Hotelzimmer und Ferienwohnungen reserviert. Berlin-Abstecher sind in Planung. Und nun sagte mein Freund: »Ich habe dir gerade eine Mail geschickt. Klick mal auf den Link.« Die E-Mail trug den Betreff »Problems!!!«. Ich klickte. »Spanische Fluglotsen wollen zur Hochsaison streiken«, las ich. Und weiter: »Ab 15. August geht auf Spaniens Flughäfen wohl nur noch wenig: Mitten in der Reisesaison treten die Lotsen in den Ausstand. Regierung und Tourismusbranche sind verärgert.« Weiter erfuhr ich, dass die Lotsen gegen ihre Arbeitsbedingungen protestieren wollten. Und dass es durchaus auch später losgehen könne, der 15. August sei lediglich der frühestmögliche Termin.
    Unsere Hochzeit sollte am 21. August stattfinden. »Problems!!!« erschien mir also
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher