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Lilith

Lilith

Titel: Lilith
Autoren: Jennifer Schreiner , Daria Sarafin
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In der Dunkelheit Edens
     
    Ich lag in der Erde, der Kälte und Dunkelheit – genauso hatte ich mir die Hölle immer vorgestellt: Nur ich und meine Gedanken.
    Ich benötigte einige Sekunden, um sicherzugehen, dass ich weder tot noch in der Hölle war: Nur mein neues Zuhause.
    Meine Gedanken ignorierten diese Erkenntnis und drangen weiter mit Überlegungen und Vorwürfen auf mich ein und gebrauchten sie als Folterinstrumente.
    Benommen stand ich auf und hielt mir die Ohren zu, als könne ich so die Schreckensschreie der anderen Engel aussperren, die immer noch in mir widerhallten.
    Einen Moment lang wollte ich auf die Knie fallen und Jahve um Vergebung bitten. – Mein Stolz griff ein und verbot es.
    Ich richtete mich auf und versuchte ein aufmunterndes Lächeln, welches nur mir selber galt. Ich glaubte es nicht.
    „Dieses Mal bist du zu weit gegangen!“
    Michaels Stimme hinter mir. – Nicht einmal hier unten war man vor diesem wandelnden Gewissen sicher.
    Ich zuckte mit den Schultern, hätte ich mich umgedreht, hätte er meinen Gesichtsausdruck gesehen und erraten, was ich dachte. Er hätte gewusst, dass ich kurz davor war, alles zu verraten. Alles, woran ich glaubte, nur um wieder in Jahves Nähe, Jahves Liebe zu sein.
    „Er liebt dich Samiel!“
    Die Worte trafen. Ich fuhr auf dem Absatz herum und funkelte Raffael an. Die Cherubim hinter den beiden Erzengeln wichen erschrocken zurück.
    Ich senkte den Blick. Ich fühlte mich schuldig.
    Ich wollte mich nicht schuldig fühlen, ich hatte nichts getan.
    „Für wie lange ...?“, Michael beendete den Satz nicht.
    Ich schüttelte den Kopf. Ich kannte die Antwort nicht.
    Die Stille wurde unangenehm.
    „Was macht Eden?“ Ich gab mir Mühe, meine Stimme betont gleichgültig zu halten.
    Hinter den beiden Erzengeln flüsterten die kleineren Engel aufgeregt miteinander. Sicher wunderten sie sich, woher ich von Eden wusste. – Wo Eden doch vor meiner Verbannung in das unterirdische Labyrinth noch gar nicht existiert hatte.
    Michael und Raffael schwiegen, als überlegten sie, was sie mir sagen durften oder wollten. Ich wusste, sie würden mich nicht fragen, woher ich von Eden wusste. – Gabriel, ja Gabriel hätte gefragt, aber er war nicht hier.
    „Du wirst ein Dämon für die Menschen sein?!“, fragte Raffael.
    Ich zuckte zusammen, als hätte er mich geschlagen. Ich blickte in seine eisgrauen Augen. Er hatte geraten und nickte, da ich ihm durch meine Reaktion seine Annahme schon bestätigt hatte.
    Ich starrte die beiden an und überlegte, was ich ihnen sagen sollte. Auf einmal hatte sich soviel zwischen uns geändert. Auf einmal gab es eine Last, die ich allein tragen musste.
    Meine eigenen Gedanken waren mir fremd, meine Reaktionen. Nie zuvor ist ein Engel allein gewesen.
    Und ich musste taktieren, obwohl diese beiden meine Freunde waren, obwohl alle Engel meine Freunde waren, denn es waren meine Zweifel, nicht ihre.
    Sie glaubten an Jahve und an die Schöpfung. Ich war allein.
    „Sie? Wie viele sind es denn?“ Ich schluckte und schickte ein stummes Gebet zum Himmel.
    „Zwei“, Michaels Stimme klang gepresst und er betrachtete mich aufmerksam.
    Ich spürte, wie meine Nasenflügel bebten, konnte es aber nicht verhindern und presste die Zähne zusammen.
    „Ein Mann und eine Frau“, ergänzte Raffael. Er war gut darin den Finger in die offene Wunde zu legen und schien mich analysieren zu wollen.
    Aber ich durfte – nein, ich wollte – ihm nicht sagen, wovor ich Angst hatte. Das die Schöpfung von Anfang an ein Fehler gewesen war.
    „Das kann nicht sein!“, behauptete ich, während ich spürte, wie Kälte in mir hochstieg. Das konnte Jahve nicht getan haben! Nicht nach allem, was ich ihm gesagt hatte! Ich zitterte.
    Michael trat einen Schritt näher und nahm meine Hände in seine. Sein Blick war ernst und besorgt. „Du weißt genau wie ich, dass es ein Paar sein muss, dass sie nur zusammen vollkommen sind.“
    Ich verharrte reglos, wenn ich den Mund öffnete, würde ich explodieren.
    „Monster!“, hörte ich eine Stimme sagen. Es dauerte einige Sekunden, bis ich begriff, dass ich es war, der gesprochen hatte.
    „Samiel!“ Raffaels sonst melodische Tonlage hatte sich geändert. „Sie sehen aus, wie wir! Sie sind Jahves materielles Ebenbild!“, wies er mich zurecht.
    „Monster!“ Ich riss mich von Michael frei. „Jahve hat sein Abbild zweigeteilt. Er hat unvollkommene Monster geschaffen.“ Ich tobte und schrie mit einer Stimme zum Himmel, die mir
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