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Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus

Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus

Titel: Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus
Autoren: Martin Wehrle
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ich diesen Irrsinn überleben, ohne selbst wahnsinnig zu werden? Eine Methode haben viele Mitarbeiter in diesem Buch vorgemacht – indem sie mit Augenzwinkern über die Schwächen ihrer Firmen berichtet haben. Solcher Humor setzt emotionale Distanz voraus. Und diese Distanz wirkt schützend – im Gegensatz zu allzu großer Nähe, zu einem Stockholm-Syndrom, zwischen Mitarbeiter und Firma.
    Wie man Irrenhäuser aushalten, schwierige Chefs zähmen und sich Oasen der Vernunft schaffen kann: Dieses Thema scheint mir so wichtig, dass ich in meinen nächsten Büchern sicher darauf zurückkomme.
    Ich danke Ihnen, dass Sie mein »Irrenhaus« – vielleicht sogar beide? – gelesen haben. Und bis zu unserer nächsten Begegnung wünsche ich Ihnen ein Arbeitsleben, wie es nicht im Buche steht – wenigstens nicht in diesem …
    Herzlichst
    Ihr
    Martin Wehrle

Epilog
    Wann halten wir andere Menschen für »irre«? Im Wesentlichen dann, wenn ihr Verhalten ganz erheblich und in negativer Richtung von der Norm abweicht. Damit ist klar, dass Irre in der Minderheit sind, denn wären sie in der Mehrheit, würden sie nicht mehr als Normabweichler auffallen. Irre sind also nur wenige. Nach der Lektüre dieses Buches stellt sich die Frage, ob das unter Vorgesetzten vielleicht anders sein könnte. Viele der in diesem Buch beschriebenen Vorfälle erwecken den Anschein, als sei der Begriff »Vorgesetzter« nichts anderes als ein Euphemismus für »Irrer« und eine Vorstandsetage das natürliche Biotop für rücksichtslose Egozentriker. Bestseller-Status, 20 Auflagen des ersten Bandes innerhalb von einem Jahr und Tausende von Leserzuschriften deuten jedenfalls darauf hin, dass viele Arbeitnehmer diesen Eindruck haben; genauso wie die Ergebnisse einer Befragung der Ruhr-Universität Bochum, die Chefs als »Unzufriedenheitsfaktor Nummer 1« für ihre Mitarbeiter identifizierten. Mehr als die Hälfte (56 %) von rund 3500 Arbeitnehmern äußerten sich darin unzufrieden über ihre Vorgesetzte ( http://www.testentwicklung.de/studie_bif.htm ). Damit stellt sich die Frage nach dem Warum. Wie lässt sich erklären, dass über Organisationen und Branchen hinweg Arbeitnehmer von ähnlich absurden bis diffamierenden Erlebnissen am Arbeitsplatz berichten? Eine Möglichkeit wäre, dass sogenannte Irre mit höherer Wahrscheinlichkeit in Führungspositionen aufsteigen. Das würde bedeuten, dass sich Vorgesetzte durch bestimmte Persönlichkeitsmerkmale auszeichneten. In der Tat gibt es Eigenschaften, die bei Führungskräften stärker ausgeprägt sind: Extraversion, das heißt Enthusiasmus, Geselligkeit, Energie und Tatendrang; des weiteren Gewissenhaftigkeit, Offenheit für neue Erfahrungen, emotionale Stabilität (Judge, Bono, Ilies & Gerhardt, 2002). Die Zusammenhänge sind jedoch nicht sehr stark und liefern vor allem keine Hinweise darauf, dass sich das Persönlichkeitsprofil von Führungskräften in besonders negativer Weise von demjenigen ihrer Mitarbeiter unterscheidet.
    Wenn es aber nicht Persönlichkeitsmerkmale sind, die das ­Verhalten von Vorgesetzten erklären, ist es naheliegend, nach Einflüssen der Situation zu suchen. Ein offensichtliches Merkmal von Führungspositionen ist Macht. Tatsächlich zeigen Führungskräfte ein stärkeres Bedürfnis danach (Yukl & Van Fleet, 1992).Wie aber beeinflusst Macht Wahrnehmung und Verhalten in ­sozialen Interaktionen? Zum Beispiel fällen Personen in Machtpositionen weniger ausgewogene Urteile über andere (Woike, 1994) und bewerten deren Verhalten eher kritisch (Lammers & Stapel, 2009). Mehr Nachsicht üben sie, wenn sie ihr eigenes Fehlver­halten beurteilen: In einem Experiment (Lammers, Stapel & Galinsky, 2010) wurden die Teilnehmer gefragt, wie sehr sie Betrug verurteilten. Bevor sie ihre Stellungnahme abgaben, wurde ihr persönliches Machterleben beeinflusst: Die eine Hälfte der Versuchspersonen sollte sich an eine Situation erinnern, in der sie einer anderen Person gegenüber Macht ausgeübt hatten; die ­andere Hälfte sollte sich an eine Situation erinnern, in der sie jemandem ausgeliefert gewesen war. Das Ergebnis: Die Teilnehmer, die sich an eine Situation erinnerten, in der sie Macht ausgeübt ­hatten, verurteilten Betrug signifikant stärker als die
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