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I love you, honey

I love you, honey

Titel: I love you, honey
Autoren: Mara Martin
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Ich fülle mir ein Glas mit Rotwein und stelle mich in eine Ecke, von wo aus ich die Leute gut beobachten kann. Viele Pärchen tanzen ausgelassen auf der kleinen Tanzfläche. Ein lässiger, blondgelockter Typ nähert sich mir mit einem gewinnenden Lächeln und versucht, ein Gespräch anzufangen: ,,Hey, alles cool bei dir?“ ,,Nein, bei mir ist nicht alles cool“, erwidere ich etwas unhöflich und lasse ihn stehen. Ich habe das Gefühl, ich passe nicht zu den fröhlich feiernden Menschen und verspüre den Wunsch zu gehen. Ich möchte meinen Kamal wiederhaben und sonst gar nichts. Meiner Freundin sage ich Bescheid, dass ich die Party verlasse. Ich habe hier nichts verloren.
    Meine Mutter ist erstaunt, als ich so früh zurückkomme. Ich erzähle ihr, dass ich mich d ort nicht wohlgefühlt habe. ,, Schade“, meint sie, ,,aber die Zeit heilt alle Wunden, du wirst sehen.“
    S eit meiner Ankunft sind jetzt sechs Monate vergangen. Morgens nach dem Aufwachen ist immer noch mein erster Gedanke ,,Kamal“ und mein Letzter, wenn ich einschlafe. Ich habe die Situation in Marokko nicht vergessen und verstehe immer noch, dass ich zu diesem Zeitpunkt das Land verlassen habe. Auch heute noch kann ich Schritte auf der Straße hinter mir schwer ertragen und drehe mich dann automatisch um. Aber langsam beginne ich mich wieder heimisch in Deutschland zu fühlen und weiß die Sicherheit und Ordnung zu schätzen. Trotzdem bin ich von Unruhe erfüllt und habe mich in der ganzen Welt um einen Job beworben. Ab nächsten Monat kann ich für ein Jahr in einem Luxushotel in Dubai an der Rezeption arbeiten. Dubai ist nicht Marokko, aber ich finde dort zumindest das arabische Flair vor. Meine Mutter akzeptiert meinen Entschluss und wird sich während meiner Abwesenheit um Hachiko und die Katzen kümmern. Ich kann mich nur schwer von den Tieren trennen, aber ich weiß, meine Mutter wird gut für sie sorgen.
    Daisy, Happy und Strolchi haben sich gut eingelebt. Obwohl Happy und Strolchi in Marokko Freigänger waren, reicht ihnen der Auslauf in der Wohnung. Am liebsten aber sitzen sie auf dem Balkon und beobachten die Vögel. Bei Happy hat der Tierarzt eine Autoimmunkrankheit festgestellt, bei der das Zahnfleisch permanent schmerzhaft entzündet ist. Ihm mussten alle Zähne gezogen werden, damit es zu einer Besserung kommt. Wenn ich ihn nicht aus Marokko mitgenommen hätte, wäre er dort nach einiger Zeit auf grausame Weise irgendwo am Straßenrand verendet. Er hat es seiner Hartnäckigkeit und seinem Mut zu verdanken, dass er sich nicht von Hachiko hat abschrecken lassen. So ist es ihm gelungen, sich erst in den Garten und dann in mein Herz zu schleichen.
    Hachiko tollt mit anderen Hunden draußen herum, als ob er schon immer hier gelebt hätte. Obwohl er in Marokko keinen Kontakt zu seinen Artgenossen hatte, hat er schnell deren Sozialverhalten gelernt.
    Mittlerweile sind meine Wunden verheilt, aber es sind tiefe Narben geblieben. Kamal ha t mir weder geschrieben noch eine SMS geschickt; wahrscheinlich ist er zu stolz dazu. Auch ich habe mich nicht gemeldet. Ich wünschte, ich könnte die Zeit noch einmal zurückdrehen und wir fangen wieder bei ,,0“ an. Die Sehnsucht nach Kamal wird mich wohl ein Leben lang begleiten und ich weiß nicht, ob ich sie je wieder stillen kann. Ich werde ihn nie vergessen. NIEMALS!
    Heute Nacht fliege ich nach Dubai. Mein Koffer ist gepackt und es ist alles bereit für die Abreise. Meine Mutter ist mit Hachiko unterwegs und ich bin alleine in der Wohnung, die von der Nachmittagssonne in warmes Licht getaucht ist. Ich sitze auf dem Sofa und beobachte durch die geöffnete Balkontür die Katzen, die zusammengekuschelt auf einer dicken Decke auf dem Boden liegen. Von draußen ist fröhliches Kreischen von spielenden Kindern zu hören. Ich stehe auf und suche das Schmuckkästchen heraus, das mir Kamal einst geschenkt hat. Ich bewahre dort die Fotos aus Marokko auf. Zuerst sehe ich mir die Bilder von dem Garten und meinen Tieren an. Dann nehme ich die Fotos von Kamal zur Hand. Die Erinnerung an ihn übermannt mich und mit den Fingern ziehe ich die Umrisse seines Gesichts und die Form seiner Lippen nach. Ich räume die Schatulle weg und auf einmal bin ich von einer großen, innerlichen Ruhe erfüllt. Mit jeder Minute wird die Gewissheit stärker, was ich tun muss. Jetzt oder nie! Entschlossen nehme ich mein Handy und tippe aus dem Gedächtnis die Nummer ein. Als er sich meldet, sage ich leise : Kamal, it`s me.“,,Ich
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