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Hundejäger töten leise

Hundejäger töten leise

Titel: Hundejäger töten leise
Autoren: Stefan Wolf
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verschleiert
waren. Das blauschwarze Haar klebte naß an den Schultern. Ihren roten Pulli
hatte sie — tatsächlich! — verkehrt herum an. Der v-förmige Ausschnitt war
hinten. Immerhin: Ihre Jeans saßen richtig.
    Sie hatte ein freundliches
Gesicht mit vollen Wangen.
    „Ein junger Kerl!“ keuchte sie.
„Er hat meine Hunde gestohlen. Eben! Ich hörte dann, wie er abfuhr. Seinen
Wagen konnte ich nicht sehen. Aber es klang nach was Schnellem. Ein Sportwagen
vielleicht.“
    „Ihre Hunde gestohlen?“ Lockes
Stimme kickste — wie immer, wenn die Empörung zu groß war.
    Die Frau nickte. „Ich war im
Lurchensee. Habe gebadet. Es war ein plötzlicher Einfall. Eigentlich wollte ich
nur meine Dackel spazieren führen. Topsi und Brummel. Sie sind noch kein Jahr
alt und allerliebst. Sind Rauhhaardackel. Die Hitze, weißt du... Jedenfalls
habe ich die beiden an einem Bäumchen festgebunden und bin rasch mal ins Wasser
gehüpft. Ohne Badeanzug, weißt du. Aber es war ja niemand in der Nähe. Ich bin
ein Stück rausgeschwommen. Topsi und Brummel hatten wohl Angst. Jedenfalls
haben sie gekläfft. Als ich mich umsah, war dieser Kerl da. Er hat sie
losgebunden und beide gepackt. Geschrien habe ich, er solle meine Hunde in Ruhe
lassen. Aber das hat ihn nicht gestört. Der gemeine Kerl hat sie gestohlen.“
    „Wie sah er aus?“
    Ein haarsträubender Verdacht
begann vor Lockes innerem Auge deutliche Bilder zu formen.
    „Jung. Höchstens zwanzig.
Hellblonde Haare. Und ein auffälliges Hemd — blauschillernd, glaube ich.“
    „Lila!“ nickte Locke.
„Gestreift und mit Metallic-Effekt. Sowas trägt er nicht nur in der Disco,
damit kommt er sogar in die Schule, dieser Mistkerl. Ich weiß, wer das ist! O
weh!“
    „Was... was... macht er mit
meinen Hunden?“
    „Wahrscheinlich will er sie
verkaufen. Sein Vater ist nämlich Tierhändler. Aber das... Moment, ich muß
nachdenken!“
    Ihre Brauen schoben sich
zusammen. Die Spitze des Zeigefingers berührte die Unterlippe. Und die Empörung
in ihren Glutaugen wich wilder Entschlossenheit.
    „Keine Sorge, Frau...“
    „Ich bin Gloria Wanderschuh.
Ja, so heiße ich tatsächlich.“
    „Sie kriegen Ihre Dackel zurück,
Frau Wanderschuh! Die jagen wir ihm ab. Das heißt, Tom wird das machen. Kommen
Sie! Und gebe der Himmel, daß das Telefon nicht kaputt ist!“
    „Telefon?“ fragte Gloria.
    „Dort hinten bei der
Bushaltestelle ist ein Fernsprechhäuschen.“
    Sie beeilten sich. Das heißt,
Locke rollerte voraus. Im Rückspiegel sah sie, wie Gloria Wanderschuh in das
Wohnmobil stieg. Also war sie die Puppenspielerin. Sicherlich schüttelte es den
Kasper und Konsorten tüchtig durch, als das Wohnmobil auf jaulenden Reifen in
die Kurve ging. Gloria holte auf und blieb dann hinter Locke, bis sie die — um
diese Zeit verwaiste — Bushaltestelle erreichten. Dort war die Telefonzelle.
    Locke sauste hinein. Der
Apparat? Gott sei Dank in Ordnung! Zerstörer und Rowdys waren wohl lange nicht
hier gewesen.
    Sie stopfte Münzen in den
Schlitz, wählte Omas Rufnummer, wartete klopfenden Herzens und sah, wie die
Puppenspielerin aus ihrem Fahrzeug kletterte und den Motorroller, der umgekippt
war, auf richtete.

    „Elisabeth Rehm“, meldete die
Oma sich — und ihre Stimme klang wieder, als werde sie gleich ein Märchen
erzählen.
    „Tag, Omi, ist Tom schon da?“
    „Seit einer halben Stunde,
Locke. Er mischt bereits die Farben und... Tag, mein Kind...“
    „Bitte, gib ihn mir! Rasch! Es
ist eilig, brandeilig, großfeuereilig!“
    „O je! Wo brennt’s denn? Gut,
ich hole ihn.“
    Es dauerte nur wenige
Augenblicke, dann erklang Toms Junioren-Baß. Den pflegte er mit Liebe, was
darin gipfelte, daß er Halsschmerzen nie auskurierte, sondern Heiserkeit schick
fand.
     „Hier Lauben- und
Freiluftmaler Conradi.“
    „Hallo Tom, hier Locke!“
sprudelte sie hervor. „Ein Fall für uns liegt an. Leg sofort den Pinsel weg
und...“
    „Wenn du dir einbildest“,
unterbrach er, „daß die Laube hellblau wie ein tunesischer Fensterladen
gestrichen wird, dann...“
    „Ach was! Wer redet von der
Laube! Ein starker Mann wird gebraucht. Nimm sofort deinen Roller! Und volle
Pulle nach Pesseldorf! Zum Tschilke-Anwesen! Kennst du ja, nicht? Danny, der
Mistbolzen, hat hier beim Lurchensee — von wo ich anrufe — einer lieben Frau
die beiden Dackel geklaut. Rauhhaardackel, noch kein Jahr alt, heißen Topsi und
Brummel! Der Diebstahl war eben erst. Wenn du Dampf machst, bist du dort, bevor
Danny
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