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Hundejäger töten leise

Hundejäger töten leise

Titel: Hundejäger töten leise
Autoren: Stefan Wolf
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athletisch
gebaut. Er hätte in vielen Sportarten Spitzenleistungen erreichen können,
verlegte sich aber ganz auf Karate, die japanische waffenlose Kampfkunst. Seit
vier Jahren betrieb er das. Können und Kraft waren mittlerweile überragend.
Dessen war er sich bewußt — auch der Gefährlichkeit seines Sports: der
Gefährlichkeit für den Gegner. Nur in Lebensgefahr hätte er deshalb gewisse
Faust- und Fußtechniken angewendet, die er so meisterlich beherrschte.
    Er war blond. Die Natur hatte
ihn mit einem sympathischen, offenen Gesicht ausgestattet und — einem
unveränderlichen Kennzeichen, wie es unter Hunderttausenden noch nicht
vorkommt: einem tiefblauen und einem grünen Auge. Tatsache! Freilich merkte das
nur, wer dicht vor ihm stand — wie Locke, gelegentlich.
    Übrigens sah er auf beiden
Augen gleich gut, behauptete aber, das linke — blaue — wäre hauptsächlich zum
Lesen, hingegen sich das grüne besser zur Fernsicht eigne.
    Während er jetzt mit
Höchstgeschwindigkeit durch den Wald rollerte, hielt er beide Augen offen, denn
die Straße war eine Schlaglochpiste und der Roller keine Sänfte.
    Niemand kam ihm entgegen. In
den Bäumen zwitscherten Singvögel. Die jüngeren übten noch, die älteren sangen
vor.
    Die Straße verließ den Wald.
Hundert Meter noch bis zur Abzweigung, dem Zubringer. Tom drehte auf. Jetzt sah
er das Tschilke-Anwesen.
    Es war umgeben von
brachliegendem Feld, lag etwa 3oo Meter von der Straße entfernt und trotzte der
Umwelt mit den schon genannten Sichtblenden: Hecken und Bretterzäunen, alles
mehr als mannshoch. Dächer von Ställen und Gebäuden ragten darüber hinaus. Das
ehemalige Bauernhaus war zur Villa aufgeblüht — unter der Hand eines fachkundigen
Architekten. Es stand etwas abgesondert und schirmte sich nicht ab gegen
Blicke.
    Auf der Zubringerstraße wehte
eine Staubfahne. Vor ihr schimmerte grelles Signalrot. Der Porsche schleppte
die Staubfahne. Sein Vorsprung betrug etwa eine halbe Minute.
    „Nur ruhig, Topsi und Brummel!“
murmelte Tom durch die Zähne. „Ich komme.“
    Halsbrecherisch legte er sich
in die Kurve. Der Staub mülmte noch über der Straße. Tom kniff die Augen
zusammen.
    Als er vor dem Haus hielt,war
der Porsche schon angekommen.
    Danny Tschilke stand neben dem
Wagen. Fenster und beide Türen waren geschlossen. Das mußte sein, denn Topsi
und Brummel zeigten deutlich, daß es ihnen auf dem Rücksitz des Porsche nicht
gefiel.
    Sie hatten sich aufgestellt,
drückten die Nasen an der Seitenscheibe platt, jaulten und winselten jämmerlich
und kratzten mit vier Vorderpfoten am Rahmen.
    Tom rollte noch zwei Meter,
schaltete den Motor aus und stieg ab. Ohne Hast stellte er seinen ,Hirsch’ auf
die Stütze.
    Danny Tschilke lehnte eine Hand
gegen den Wagen. Sein etwas schiefes Gesicht mit der breiten Nase verlor
allmählich die Frische. Die Haut sah jetzt aus wie Zitronen-Joghurt, was auf
eine Gemütsbewegung schließen ließ.
    „Kein Mensch hat dich
eingeladen, Conradi.“
    Tom lächelte. „Tag, Tschilke!“
    „Deine Mieze, äh, deine
Freundin, meine ich, spinnt, wenn sie meint, ich hätte sie belästigt. War ja
nur Spaß — das mit der Disco-Einladung. Ich meine, das wird wohl noch erlaubt
sein.“
    „So? Meinst du?“ Tom lächelte.
Aus einem blauen und einem grünen Auge starrte er Tschilke an.
    Der blickte rasch zum Haus.
Aber von dort kam keine Hilfe. Offenbar saßen Mama und Papa beim Essen, und das
Goldsöhnchen war für einen Moment ganz auf sich gestellt.
    „Das von der Belästigung weiß
ich noch gar nicht“, sagte Tom. „Das käme also hinzu.“
    „Wie? Was?“ Tschilke wich bis
zum vorderen Kotflügel zurück.
    „Hübsche Hunde hast du da“,
sagte Tom. „Übrigens: der eine heißt Topsi, der andere Brummel.“
    Tschilke leckte sich über die
Lippen.
    Tom sah förmlich, wie es hinter
seiner Stirn arbeitete. Sie war nicht sonderlich ausgeprägt und die Haut von
Windpockennarben gelöchert. Aber wer bemerkte das schon — wenn jemand ein lila
Discohemd mit Metalleffekt trug?
    Tschilke grinste schief. „Die
Dackel? Ach, du meinst die Dackel? Stell dir vor, die habe ich eben gefunden.
Irgend so ein Unmensch hat sie ausgesetzt, hat sie einfach im Wald angebunden.
Beim Lurchensee. Eine Gemeinheit, nicht wahr! Aber ich habe mich erbarmt.
Konnte es einfach nicht mit anhören, wie die armen Köter... äh... Hündchen
kläfften. Ich werde sie nachher beim Tierheim abliefern.“
    Gar nicht so dumm! dachte Tom.
Mit der Ausrede hat er
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