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Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)

Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)

Titel: Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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ehrwürdigen Väter der Kirche am höchsten zu erheben gewußt haben, war die Bekehrung zum Christenthum . Zwar hatten sie zuvor weder gestohlen, noch veruntreut, sie waren sanft, mäßig, enthaltsam und hielten ihr Wort, aber das war alles nur aus Gewohnheit, nicht nach Vorschrift. Daher bedienten sich die Ankömmlinge aller möglichen Mittel, um ihnen die wahre Religion nach Vorschriften einzuprägen, aller – nur nicht desjenigen, daß sie ihnen selbst ein Beispiel gaben. Sie ließen ganze Schaaren feuriger Mönche und wüthender Bluthunde auf sie los, reinigten sie mit Feuer und Schwerd, mit Pfahl und Holzstoß, und in Folge dieser Bekehrungsmittel nahm die christliche Liebe und Zärtlichkeit so überhand, daß in wenig Jahren kaum der fünfte Theil der Ungläubigen mehr in Südamerika existirte. Mit Recht schrieb ein ehrwürdiger spanischer Pater an seinen Oberen folgende Worte nach Hause: «Kann irgend Jemand anders sagen, als daß diese wilden Heiden ihren Wohlthätern nur geringe Vergeltung gegeben haben, indem sie ihnen ein erbärmliches, kleines Stück dieses schmutzigen Planeten für ein glorreiches Erbe im Königreich des Himmels abtraten!»
    Dieses bringt mich denn auf ein viertes Recht, welches alle anderen überwiegt. Denn nachdem die Urbewohner alle getödtet und begraben worden, und niemand mehr vorhanden war, der den Spaniern ihre Ansprüche auf das Land streitig machen konnte, so waren sie in der glücklichen Lage des Henkers, der die Kleider des Delinquenten erhält. Da sie nun Blackstone und alle gelehrte Commentatoren der Gesetze auf ihrer Seite haben, die alle Klagen auf Besitz-Entsetzung zu nichte machen, so mag denn diese letzte Befugniß das Recht der Vertilgung oder das Recht des Schießpulvers genannt werden.
    Weil jedoch Gründe keinen rechten Eingang finden, wenn wir egoistische Sterbliche sie nicht in Beispielen an uns selbst klar gemacht erhalten, so will ich einen ganz gleichen Fall erzählen, um meinen Lesern recht einleuchtend zu seyn.
    Laßt uns annehmen, die Bewohner des Mondes hätten durch bewundernswerthe Fortschritte in den Wissenschaften und durch tiefe Einsichten in jene Mondphilosophie, wovon die bloßen Flitterchen in letzter Zeit die schwachen Gesichtsnerven unserer Erdbewohner geblendet und ihr mattes Gehirn wirblich gemacht – sie hätten, sage ich, durch diese Mittel eine solche Energie und eine so beneidenswerthe Vervollkommnung erreicht, daß sie über die Elemente Herr geworden und die endlosen Regionen des Himmels zu durchschiffen im Stande wären, welches letztere sich ja grade so verhält, wie unser Fahren in Luftschiffen an den Grenzen unserer Atmosphäre zu der unvollkommnen Uferschifffahrt der Wilden mit Canots. Laßt uns nun annehmen, eine umherschweifende Schaar solcher hochfliegenden Philosophen, mit höherer Weisheit, mit höheren Kenntnissen im Vertilgungskampfe ausgerüstet, sey im Laufe einer Entdeckungsreise unter den Sternen auch auf diesem ausländischen Planeten angekommen. Sie sitzen auf Hippogryphen, sind mit undurchdringlichen Rüstungen angethan und mit verdichteten Sonnenstrahlen bewaffnet, haben überdem ungeheure Geschützstücke bei sich, aus denen sie große Mondsteine schießen, kurz uns eben so überlegen, wie wir damals den Indianern. Alles das ist sehr möglich; es ist nur unsere Selbstgenügsamkeit, die uns anders denken lehrt, und ich bin gewiß, die armen Wilden waren, bevor sie die weißen Männer in glänzendem Stahl und mit dem schrecklichen Donnergeschütz kennen lernten, eben so überzeugt, daß sie die weisesten, mächtigsten und vollkommensten Geschöpfe seyen, wie gegenwärtig die hochgebietenden Bewohner von England, die luftige Bevölkerung von Frankreich und selbst die in sich zufriedenen Bürger dieser erleuchteten Republik.
    Laßt uns ferner annehmen, daß diese Luftschiffer von unserm Planeten, in dem sie eine heulende Wildniß finden, die nur von uns wilden und unbändigen Thieren bewohnt ist, im Namen Seiner allergnädigsten und allerweisesten Excellenz, dem Mann im Monde, feierlich Besitz nehmen. Da sie sich jedoch an Zahl zu klein sehen, um diese wilden Barbaren im Zaum zu halten, so nehmen sie unsern würdigen Präsidenten, den König von England, den Kaiser von Hayti, den mächtigen Bonaparte und den großen König von Bantam gefangen und bringen sie mit zurück nach ihrem Planeten, an den Hof ihres Gebieters, wie die indianischen Häuptlinge an den Höfen von Europa paradirten.
    Während sie alle Reverenzen und
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