Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)

Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)

Titel: Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)
Autoren: Washington Irving
Vom Netzwerk:
Bücklinge schneiden, welche die Hofetikette fordert, werden sie den mächtigen Mann im Mond ungefähr in folgenden Sätzen anreden:
    «Allererleuchtetster und großmächtigster Gebieter, dessen Reiche sich ausdehnen, so weit das Auge schweift, der auf dem großen Bären reitet, sich der Sonne als seines Spiegels bedient und ungefährdet seinen Scepter schwingt über Ebben und Fluthen, über Verrückte und Seekrabben. Wir, deine getreue Unterthanen, sind soeben von einer Entdeckungsreise heimgekehrt, in deren Laufe wir auf jenem kleinen, dunklen, schmutzigen Planeten, den du dort siehst, angekommen sind und von ihm Besitz genommen haben. Die fünf ungeschlachten Ungeheuer, die wir hier vor dein hoheitliches Antlitz stellen, waren einst bedeutende Häuptlinge ihrer wilden Brüder, eines Geschlechtes, dem die Attribute der Menschheit fremd sind, und die in allen Stücken von den Bewohnern des Mondes abweichen, indem sie die Köpfe auf den Schultern tragen statt unter den Armen, zwei Augen statt eines haben, von Schweifen gänzlich entblößt sind, und eine Menge unscheinbarer Gesichter führen, besonders fürchterlich weiße – statt des menschlichen Erbsengrün.»
    «Wir haben ferner diese erbärmlichen Wilden in einem Zustand äußerster Unwissenheit und Verdammniß angetroffen, indem jeder ohne sich zu schämen mit seinem eignen Weibe lebt und seine eignen Kinder aufzieht, statt sich der durch die Natur gebotenen Gemeinschaft der Weiber zu erfreuen, wozu uns unsere Mondsphilosophie emporgehoben hat. Kurz, sie haben kaum einen schwachen Schimmer wahrer Weisheit und sind in der That schreckliche Ketzer, Ignoramus und Barbaren. Da wir nun mit der betrübten Lage dieser sublunarischen Jammerwesen Mitleid fühlten, so versuchten wir es bei dem Aufenthalt auf ihrem Planeten, das Licht der Vernunft und die Tröstungen des Mondes unter ihnen einzuführen. Wir haben sie mit Mondschein und mit Schlückchen vom besten Stickgas bewirthet, welches sie mit unglaublicher Gier verschlangen, besonders die Weiber; auch haben wir versucht, ihnen die Vorschriften der Mondsphilosophie einzuflößen. Wir haben sie nöthigen wollen, die verächtlichen Ketten der Religion und des sogenannten gesunden Menschenverstandes abzuschütteln und die tiefe, allmächtige und allgenügende Energie, und die extatische, unwandelbare, unbewegliche Vervollkommnung anzubeten. Aber so unsäglich hartnäckig waren diese verwünschten Wilden, daß sie immer ihren Weibern anhingen, ihre Religion vertheidigten und die erhabenen Lehren des Mondes für gar Nichts achteten; ja, unter andern Ketzereien und Gotteslästerungen gingen die Verruchten so weit, daß sie erklärten, dieser unaussprechliche Planet sey nichts mehr und nichts weniger als ein grüner Käse!»
    Bei diesen Worten wird der große Mann im Monde (der ein tiefdenkender Philosoph ist) in heftigen Zorn gerathen und mit seiner erhabenen Autorität über Dinge, die ihn nichts angehen, sogleich eine fürchterliche Bulle erlassen, des Inhalts:
    «Nachdem eine Schaar von Mondbürgern kürzlich einen neuentdeckten Planeten besucht und in Besitz genommen, und nachdem sich ergeben, daß dieser Stern von einem Geschlecht zweibeiniger Thiere bewohnt ist, welche die Köpfe auf den Schultern statt unterm Arme tragen, zweiäugig sind, die Mondsprache nicht sprechen, und statt erbsengrün fürchterlich weiß aussehen; so haben Wir selbige Geschöpfe aus diesen und vielen andern Ursachen unfähig erfunden, irgend ein Eigenthum auf dem Planeten, welchen sie plagen, zu besitzen, und bestätigen hiermit die ersten Entdecker in ihren Rechten und Ansprüchen. Von nun an aber sollen diejenigen Colonisten, welche nach dem genannten Planeten abgehen, autorisirt und angewiesen seyn, alle Mittel anzuwenden, um diese ungläubigen Wilden aus der Nacht des Christenthums zu bekehren und sie durchaus und unbedingt mondsüchtig zu machen.»
    Zufolge dieser mildgesinnten Bulle gehen nun unsere philosophischen Wohlthäter mit großem Eifer zu Werke. Sie bemächtigen sich unserer fetten Länder, peitschen uns aus unserem rechtmäßigen Eigenthum, erlösen uns von unsern Weibern, und wenn wir unklug genug sind, uns darüber zu beklagen, so wenden sie sich gegen uns mit den Worten: Miserable wilde Schlucker! undankbares Packvolk! Sind wir nicht Tausende von Meilen zu euch gefahren, um eueren unwürdigen Planeten zu beglücken? Haben wir euch nicht mit Mondschein gefüttert und mit Stickstoff berauscht gemacht; spendet euch unser Mond
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher