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Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Titel: Hotel Mama vorübergehend geschlossen
Autoren: Evelyn Sanders
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»und ich glaube nicht, daß sie es gut findet, wenn du bei diesem schönen Wetter drinsitzt.«
    Tim sah das ein. Seine Omi hatte sowieso was gegen das Fernsehen, die erlaubte es nur ganz ganz selten. Mami immer. Nur wenn er ungezogen gewesen war, bekam er Fernsehverbot, manchmal sogar einen ganzen Nachmittag lang.
    »Als ich so groß war wie du, da gab es nur Radio«, hatte die Omi mal erzählt, »das Fernsehen war nämlich noch gar nicht erfunden.«
    Das hatte er sich überhaupt nicht vorstellen können und erstaunt gefragt: »Was hat dir denn deine Mami zur Strafe verboten, wenn du nicht artig gewesen bist?«
    Als Björn vorschlug, mit ihm einkaufen zu gehen, weil er nicht alles allein tragen könne und deshalb Hilfe brauche, war Tim sofort einverstanden. »Kriege ich auch ein Eis?«
    Kaum waren die beiden weg, klingelte das Telefon. Peter Gerlach wollte Florian sprechen. Dringend. Der war aber nicht da. Wo er denn sei? Keine Ahnung. Wann er wiederkäme? Keine Ahnung. Ob er überhaupt noch mal käme, bevor er in die Redaktion …? Keine Ahnung. »Was ist denn los mit dir, Tina?«
    »Keine Ahn … ach so, entschuldige, aber ich stehe heute ein bißchen sehr neben der Kappe! Ich glaube, Florian ist ins Krankenhaus gefahren, weil es Tobias doch ziemlich mitgenommen hat. Wie? Nein, dem fehlt nichts, aber Ullas Blinddarm hat plötzlich rebelliert, und bis sie mitbekommen haben, daß es der ist und nicht bloß Muskelkater, wär's beinahe zu spät gewesen. Hm, ich versteh's ja auch nicht, aber sie hat überlebt. Nein! Das war kein Freudscher Versprecher, du altes Ekel, ich wollte sagen, daß ich nicht verstehen kann, wie man Muskelkater mit Bauchschmerzen verwechseln kann. Natürlich bin ich froh, daß es ihr schon wieder gut geht. Sie will den Fernseher … jetzt weiß ich, wo Florian ist: Er hat den kleinen Portable ins Krankenhaus gebracht und wollte von dort aus gleich in den Verlag … Ist gerade gekommen? Dann kannst du ihm bestellen, ich hätte neuen Kakao gekauft und Milch sei auch wieder da!« Sie knallte den Hörer auf und goß sich aus der Thermokanne den letzten Rest Kaffee ein. Der war nicht mal mehr lauwarm. Egal, wenigstens eine Zigarettenlänge Pause. Wer weiß, wie lange sie die Ruhe genießen konnte. Ruhe? Wieso überhaupt Ruhe? Wo war Tanja? Tinchen drückte die gerade angezündete Zigarette aus und rannte die Treppe hinauf. »Tanja!?«
    Keine Antwort. Vielleicht im Bad? Wenn sie da drin war, stellte sie meistens etwas an, und wenn sie etwas anstellte, geschah das selten laut. Tinchen riß die Tür auf. »Tanja?«
    Nichts, nicht mal ein tropfender Wasserhahn. Aber dann endlich eine piepsende Stimme aus dem Schlafzimmer. »Du hast diesmal aber lange debraucht! Iß hab miß prima versteckt, niß wahr?«
    Unterm Bett zog Tinchen ihre Enkelin hervor, etwas verstaubt – Frau Klötzer saugte nie bis ganz in die Mitte, weil sie da angeblich nicht hinkam! – und mit knallroten Schlafbäckchen. Erleichtert nahm sie die Kleine auf den Arm. »Ein Glück, daß du gerufen hast, von allein hätte ich dich bestimmt nicht gefunden.«
    Das erstemal rastete Tinchen aus, als das Telefon wieder läutete und eine weibliche Stimme mitteilte, sie habe ein Telegramm für Herrn Florian Bender und ob sie das durchsprechen solle. »Wer schickt denn im Zeitalter von Fax und Handy noch Telegramme?« wunderte sich Tinchen insgeheim, während sie nach Block und Bleistift suchte, sogar auf Anhieb fand und sich aufnahmebereit meldete.
    »Eintreffe Freitag 10.35 Uhr Düsseldorf Hauptbahnhof stop bitte um Abholung stop freue mich auf Wiedersehen stop Gruß Hermine Henslow«, leierte die Stimme herunter. »Wünschen Sie eine Wiederholung?«
    Tinchen wünschte keine Wiederholung, sie wollte vielmehr wissen, wo das Telegramm aufgegeben worden sei. Um 13.19 in Papenhusen, kam es zurück, doch bevor sie fragen konnte, wo denn das überhaupt sei, war die Verbindung schon unterbrochen. Wenn ein Telegramm von da nach hier über fünf Stunden braucht, überlegte Tinchen, dann kann es sich doch nur um ein ganz kleines Nest handeln, wo der Tante-Emma-Laden gleichzeitig die Poststelle ist. Da bleibt so ein Formular schon mal eine Zeitlang unerledigt zwischen Backpulver und Emmentaler liegen. Papenhusen! Nie gehört! Sie las noch einmal den Text, und dann erst ging ihr auf, was er eigentlich bedeutete. Logierbesuch? Jetzt, wo sie doch sowieso schon das Haus voll hatte? Kommt ja überhaupt nicht in Frage! Absagen, sofort absagen! Bloß bei wem? Sie
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