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Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Titel: Hotel Mama vorübergehend geschlossen
Autoren: Evelyn Sanders
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wie das alle erwartet hatten, sondern
bloß
Ingenieur geworden ist. Ich gehe jede Wette ein, daß meine Eltern nur deshalb rüberfliegen, um den verlorenen Sohn in den Schoß der Familie zurückzuholen, und bei diesem aussichtslosen Unternehmen muß ich nun wirklich nicht mitmachen.« Er schüttelte sich. »Warum können sie den armen Kerl nicht in Ruhe lassen? Statt seiner erfüllt doch Mustersöhnchen Alex alle in ihn gesetzten Erwartungen, studiert brav seine Semester runter, verbringt seine Ferien mit der Besichtigung geschichtsträchtiger Gemäuer, vorzugsweise altehrwürdiger Universitäten, macht seinen Abschluß bestimmt mal mit magna cum laude und sitzt nach angemessener Zeit in Karlsruhe beim Bundesverfassungsgericht.«
    »Na gut«, gab Björn zu, »unter diesen Umständen würde ich auch lieber durch Dänemark radeln. Was meinst du, wann fangen wir an, und vor allem, bei wem?«
    »Bei meinem Vater natürlich, er ist der Pragmatiker. Bei dem geht's um ›Welche Route habt ihr euch ausgesucht? Wo wollt ihr übernachten? Wie stellt ihr euch die finanzielle Seite dieses Unternehmens vor? Wie kann man gegebenenfalls mit euch in Verbindung treten?‹ und so weiter. Dein Onkel ist ein anderes Kaliber, der fängt an bei ›Ihr seid noch viel zu jung dafür‹ und hört mit ›Habt ihr euch mal überlegt, was da alles passieren kann?‹ noch lange nicht auf.«
    »Stimmt! Aber danach setzen sich die beiden zusammen, und was glaubst du, wieviel ihnen dann noch gemeinsam einfällt, um uns diese Radtour erst madig zu machen und schließlich ganz zu verbieten.«
    »Kann sein«, sagte Thorsten abschließend, »aber versuchen müssen wir's. Ein Schwein, das Angst vor'm Metzger hat, wird nie ein Schnitzel!«
    Und dann kam alles doch ganz anders!
    Es fing damit an, daß sich Björn im Freibad den Knöchel verstauchte, nach Hause hinkte, von Tinchen Eispackungen auf's Bein bekam und von Pavla telefonische Ratschläge, die von Leinsamen-Umschlägen bis zu »Wenn du kannst laufen, Jungchen, ist nicht so schlimm wie aussieht!« reichten. Als der Fuß am nächsten Tag trotzdem auf anderthalbfache Größe angeschwollen war, lud Florian seinen Neffen ins Auto und brachte ihn ins Krankenhaus, während Tinchen im Gymnasium anrief und ihn wegen Krankheit entschuldigte. Für wie lange? Keine Ahnung, bis auf weiteres. Das gebe es nicht, wurde ihr mitgeteilt, nach spätestens drei Tagen sei eine ärztliche Krankmeldung erforderlich.
    »Mein Neffe gehört nicht zum Lehrerkollegium, er ist Schüler!«
    Eben drum, hieß es, im anderen Fall handhabe man die Vorschriften etwas großzügiger.
    Erst mittags war Florian zurück – ohne Björn. Dafür stand Thorsten vor der Tür. Was denn los sei, die Physikarbeit sei wirklich ganz leicht gewesen, und wenn der blöde Hund von der Vier runter wolle, werde er die Klausur wohl nachschreiben müssen.
    »Als ich ihn zuletzt gesehen habe, schlief er noch«, sagte Florian, »im Aufwachraum!«
    Die Verstauchung sei ein doppelter Bänderriß gewesen, man habe ihn gleich nach dem Röntgen in den OP gefahren, eigentlich hätte er schon gestern unter's Messer gemußt, nun dauere es mit dem Heilungsprozeß eventuell ein bißchen länger, aber er werde es überleben. In ein paar Tagen könne er nach Hause.
    »Und ab wann kann er wieder radfahren?« war Thorstens erste Frage.
    »Das weiß ich wirklich nicht, aber er ist doch noch nie zur Schule
geradelt.«
    »Wie haste das bloß fertiggekriegt?« schimpfte der Freund, als er mit Käsecrackern, Kartoffelchips und Gummibärchen am Krankenbett auftauchte, »die Radtour können wir uns wohl abschminken!«
    Björn nickte bloß. »Vielleicht ist die Toskana ja doch nicht so übel«, meinte er bedrückt, »hast du nicht mal gesagt, da ist ein See in der Nähe?«
    »Ist er auch, keine fünf Minuten weg. Da liegt sogar ein kleines Boot von uns. Ein Tennisplatz ist auch da. Spielst du Tennis?«
    »Anfängergelöffel! Richtig gezeigt hat's mir niemand, ich hab also keine Trainerstunden gehabt oder so.«
    »Ich kann's recht ordentlich. Wenn du willst und dein Fuß mitmacht, könnte ich dir eine ganze Menge beibringen.«
    Mühsam richtete sich Björn in den Kissen auf. »Heißt das, du würdest mitkommen, wenn meine Regierung tatsächlich gen Süden zieht.«
    »Natürlich. Vorausgesetzt, sie hat nichts dagegen!«
    Björn strahlte. »Quatsch keinen Müll! Warum hast du das nicht gleich gesagt? Ich habe doch gedacht, du willst nicht mehr dahin, weil dir Italien zum Hals
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