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Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Titel: Hotel Mama vorübergehend geschlossen
Autoren: Evelyn Sanders
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raushängt.«
    »Ja, wenn man allein rumsitzt. Zu zweit sieht die Sache schon anders aus, da können wir abends auch mal in die Disco. Die meisten Italienerinnen sind nämlich ausgesprochen hübsch.«
    »Tatsächlich? Und was haben wir davon? Sprichst du etwa italienisch?«
    »Tu non è del tutto sano di mente!«
    »Hört sich gut an. Was heißt das?«
    Thorsten grinste. »Frei übersetzt: Du hast ja 'n Rad ab!«
    Die Reise in die Toskana war also abgemacht. Nur zu gern ließen Everts ihren Sohn mitfahren, hatten sie doch schon die ganze Zeit überlegt, wem sie ihn während ihrer Abwesenheit aufs Auge drücken könnten. Daß ihn Australien nicht reizte, hatte er oft genug gesagt, ihn seinem Bruder Alexander aufzuhalsen, der diesmal eine Reise durch die Normandie plante, wäre für beide eine Strafe gewesen, und so war als letzter Ausweg nur noch die Wahl geblieben zwischen Onkel Georg, Tierarzt im Schwarzwald, oder einem Intensiv-Sprachkurs in England, zu absolvieren in der Gegend von Falmouth, wo immer das auch liegen mochte.
    Kaum wieder vom Krankenhaus zu Hause, bekam Björn die Windpocken, von denen er während seiner ganzen Kindheit verschont geblieben war; in Brunei erkrankte man eher an Malaria als an so etwas. Mitgebracht hatte sie Tim, der von seinem Gastgeschenk gar nichts geahnt hatte und sich erst zwei Tage später zu kratzen anfing. Auf Anraten des Arztes wurde Tanja gleich mit ins Krankenzimmer gesteckt, weil sie den Ausschlag ohnehin bekäme, und als die Seuchenstation wieder aufgelöst wurde, war die arme Ulla so erschöpft, daß sie die Kinder zu Tinchen brachte, um »endlich mal schlafen« zu können. Offenbar schlief sie drei Tage und drei Nächte, dann fand Tinchen, jetzt müsse sie wirklich ausgeschlafen sein, denn nun hatte sie selber ein sich von Stunde zu Stunde verstärkendes Ruhebedürfnis. Also lud sie Tim und Tanja ins Auto und fuhr sie nach Hause. Als sich nach mehrmaligem Läuten nichts tat und auch die Kinder trotz doppelstimmigen Gebrülls das offenbar immer noch schlummernde Dornröschen nicht zu wecken vermochten, wurde Tinchen unruhig. Sie überlegte noch, ob sie die Polizei, den Schlüsseldienst oder doch erst Tobias anrufen sollte, als sich im Nebenhaus ein Fenster öffnete. »Wenn Sie die Frau Bender suchen, die is zur Gymnastik wie jeden Dienstag«, teilte ihr eine Frau mit, »da kommt sie nich vor abends zurück.«
    Jetzt war bereits abends, oder als was sollte man zwölf Minuten vor neunzehn Uhr bezeichnen? »Wißt ihr, wo die Mami immer turnt?«
    Tim wußte es nicht, aber Tanja. »In der Frißnißstube«, piepste sie, was Tinchen völlig korrekt mit ›Fitneßstudio‹ übersetzte. Jetzt blieb nur noch die Frage, welches, und da es in Düsseldorf mehr als genug gab, erübrigte sich eine Suche von selbst.
    Auch an diesem Abend wurden die Kinder von Tinchen ins Bett gebracht, während Florian mit Zeitungmachen beschäftigt war und Björn mit der Interpretation einer entsetzlich langweiligen Erzählung. Noch immer brauchte er eine Krücke zum Laufen, was ihn mächtig wurmte, sonst hätte er seiner Tante Tina helfen können, statt immer noch ihre Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Sie erlaubte einfach nicht, daß er sein Geschirr wegräumte oder sein Bett machte. »Bei mir geht's schneller«, sagte sie immer, »du hilfst mir schon mehr als genug, wenn du dich ein bißchen um die Kleinen kümmerst.«
    Das tat er sogar gerne. Es machte ja auch mehr Spaß,
Peterchens Mondfahrt
vorzulesen als sich mit Jeremias Gotthelfs Novelle
Die schwarze Spinne
herumzuschlagen. Der gute Mann war schließlich seit 150 Jahren tot, und seine Werke waren noch älter. Warum weigerten sich die Kultusminister eigentlich, moderne Literatur in den Deutschunterricht aufzunehmen? Stephen King zum Beispiel, der stand immer auf der Bestsellerliste. Da hätte er, Björn, auch bestimmt keine Schwierigkeiten mehr mit der Interpretation. Dieses verrückte Auto,
Christine
hatte es geheißen, wäre doch eine echt geile Sache gewesen!
    Es war ein wunderschöner Morgen mit Sonnenschein, Vogelgezwitscher und frischen Brötchen, die Florian auf dem Rückweg mitgebracht hatte. Natürlich konnte Björn längst wieder mit dem Bus fahren und tat es auch, doch wenn er, was immer mal passierte, zu spät dran war, brachte ihn Florian schnell mit dem Wagen zur Schule; kleiner Zwischenspurt zur Haltestelle, wie sonst üblich, war nun wirklich noch nicht drin.
    Sie hatten es sich gerade auf der Terrasse bequem gemacht mit
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