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Honeymoon

Titel: Honeymoon
Autoren: James Patterson
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vertraut, das machte es vielleicht noch schwerer; ich weiß es nicht. Ich war dort, aber irgendwie war ich auch nicht dort – es war, als beobachtete man sich in einem fürchterlichen Albtraum selbst.
    Das Team von der Spurensicherung war schon am Werk, was bedeutete, dass die Ermittler fertig waren. Ich erkannte Stringer und Shaw vom Büro White Plains. Ich hatte kurz mit ihnen zu tun gehabt, als wir die Masche mit der Lebensversicherung ausgeheckt hatten, um Nora zu schnappen.
    Sie lag noch auf dem Küchenboden. Neben ihr eine zerbrochene Wasserflasche, Glasscherben auf den Fliesen ringsum. Ein Polizeifotograf fing an, Fotos zu schießen, die Blitze kamen mir vor wie Explosionen.
    »Tja, irgendjemand hat's ihr besorgt.« Shaw trat auf mich zu. »Sie wurde vergiftet. Irgendwelche brillanten Ideen?«
    Ich schüttelte den Kopf. Ich hatte nichts, was auch nur im Entferntesten einer brillanten Idee glich. »Nein. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir uns nicht allzu sehr in diesen Fall reinhängen werden.«
    »Hat gekriegt, was sie verdient, wie?«
    »So was in der Art. Trotzdem, ein schlimmes Ende.«
    Ich ging ein paar Schritte von Shaw weg, weil mich plötzlich der Drang überkam, ihm einen Stoß zu versetzen oder ihn vielleicht k.o. zu schlagen, was er eigentlich nicht verdient hatte.
    Dann sah ich mir Nora an.
    Ich scheuchte den Fotografen zur Seite. »Lassen Sie mich mal einen Moment da hin.«
    Ich ging in die Knie, nahm all meinen Mut zusammen und sah ihr ins Gesicht. Sie hatte am Schluss sehr gelitten, so viel war klar, aber sie war immer noch schön, war immer noch Nora. Ich erkannte sogar die weiße Leinenbluse wieder, die sie anhatte, und ihr Lieblingsdiamantenarmband.
    Ich weiß nicht, welche Empfindungen in dieser Situation angemessen gewesen wären, sie tat mir jedenfalls einfach nur unheimlich Leid, und meine Kehle schnürte sich zu. Ein bisschen tat es mir auch für mich selbst Leid und für Susan und die Jungs. Wie konnte das alles nur passieren? Ich weiß nicht, wie lange ich da gehockt und Noras Leiche angestarrt habe, aber als ich mich endlich wieder aufrichtete, merkte ich, dass es in der Küche plötzlich ganz still geworden war und dass alle Augen auf mich gerichtet waren.
    Unpassend, ja, ich weiß. Aber so kennt man mich ja.
117
    Noch an diesem Nachmittag fuhr ich zurück nach Manhattan. Das Radio war ziemlich laut, aber ich registrierte es kaum. In Gedanken war ich sowieso ganz woanders. Ich wusste genau, was ich jetzt tun wollte, was ich tun musste. Noras Tod hatte meinen Blick für die Dinge geschärft. Jetzt war ich mir sicher, dass ich sie nie geliebt hatte. Wir hatten einander benutzt, das Ergebnis war einfach nur furchtbar.
    Ich kehrte in mein Büro zurück, aber nur ganz kurz, um etwas zu holen. Schon war ich auf dem Weg zu einem anderen Büro. Ganz oben, wo die großen Jungs spielen.
    »Sie können jetzt zu ihm rein«, sagte Frank Walshs Sekretärin.
    Ich marschierte hinein und pflanzte mich vor Walshs imposantem Eichenholzschreibtisch auf einen Stuhl.
    »John, was verschafft mir das Vergnügen?«, fragte er.
    »Wir müssen uns über ein paar Dinge unterhalten. Übrigens, Nora Sinclair ist tot.«
    Walsh schien überrascht, doch ich fragte mich, ob er das wirklich war. Normalerweise entging ihm so gut wie nichts, was wahrscheinlich der Grund war, weshalb er so lange hier im Büro Manhattan durchgehalten hatte.
    »Das macht sicher vieles einfacher«, sagte er. »Geht es Ihnen gut?«
    »Ja, danke, Frank.«
    Er legte die Spitzen seiner dürren, knotigen Finger zusammen. »Aber es könnte besser gehen, habe ich Recht? Was ist los?«
    »Ich möchte Urlaub. Bezahlten Urlaub, Frank. Ich habe zu hart gearbeitet. Überstunden und dergleichen.«
    Aha, es gab also doch noch etwas, womit man Frank Walsh überraschen konnte.
    »Wow«, sagte er schließlich. »Möchten Sie mir sonst noch etwas sagen, bevor ich Ihren Antrag ablehne?«
    Ich nickte. »Ich habe eine Kopie gemacht«, sagte ich.
    Dann schob ich ihm den Umschlag hin.
    »Wollen Sie mir vielleicht verraten, was da drin ist?«
    »Der Inhalt eines Koffers, der schon durch viele Hände gegangen ist, Frank. Es waren auch ein paar Kleider drin, aber die haben vermutlich nur als Füllmaterial gedient oder als Tarnung, falls die falsche Person den Koffer öffnet.«
    Walsh nickte. »Scheint, als hätte tatsächlich die falsche Person ihn geöffnet.«
    »Oder aber die richtige. Susan sagte, es gehe bei all dem nur darum, die Welt sicherer zu
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