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Honeymoon

Titel: Honeymoon
Autoren: James Patterson
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interessant für dich«, meinte Susan, als wir ausstiegen und auf den siebenstöckigen Backsteinblock zugingen. »Der berühmte Antrittsbesuch bei den Eltern. Noras
Mama
wohnt hier, O'Hara.«
    Ich lächelte müde. Es war deutlich zu sehen, wie Susan die Situation genoss.
    Bald darauf saßen wir in einem kleinen Besprechungszimmer im obersten Stock der psychiatrischen Klinik. Uns gegenüber saß die Oberschwester der geschlossenen Abteilung.
    Ich konnte nicht sagen, ob die korpulente Frau Angst hatte oder einfach nur nervös war. Auf jeden Fall war ihr augenscheinlich ganz und gar nicht wohl in ihrer Haut. Das geht vielen Leuten so, wenn sie es mit FBI-Ermittlern zu tun haben.
    »Agent John O'Hara, das ist Emily Barrows«, sagte Susan, die den Kontakt mit den Leuten von Pine Woods hergestellt hatte.
    Ich sah die Frau an und streckte die Hand aus. »Freut mich«, sagte ich.
    »Ich glaube, Emily kann uns wertvolle Informationen über Nora geben«, sagte Susan.
    Ich saß da wie ein Kind, das auf die Bescherung wartet. Nicht ein Mal wandte ich den Blick von dieser Frau, die eine bequeme weiße Hose und eine einfache weiße Bluse trug. Alles an ihr war nüchtern und frei von Schnickschnack, vom Haar, das sie mit ein paar Klammern zurückgesteckt hatte, bis zu den Gummisohlen ihrer Lederhalbschuhe.
    »Nun ja«, begann sie mit unsicherer Stimme, »wir haben hier in Pine Woods eine Patientin namens Olivia Sinclair.«
    Das wusste ich bereits.
    »Nora ist Olivias Tochter«, sagte Emily. »Zumindest nehme ich das sehr stark an. Mir ist nur gerade bewusst geworden, dass ich nie irgendeinen Beleg dafür gesehen habe.«
    »Ich schon«, entgegnete Susan. »Nachdem ich mit Ihnen telefoniert hatte, Emily, habe ich mir die Gefängnisakte herausgesucht«
    Ich zog die Augenbrauen hoch und sah Susan an. »Gefängnisakte?«
    »Olivia Sinclair hat eine lebenslange Haftstrafe angetreten, als Nora sechs Jahre alt war.«
    »Weswegen wurde sie verurteilt?«
    »Wegen Mordes«, antwortete Susan.
    »Du machst Witze.«
    Susan schüttelte den Kopf. »Es kommt noch besser, O'Hara. Sie hat ihren Ehemann ermordet. Die kleine Tochter der beiden, Nora, war dabei, als es passierte. Nach einigen Jahren Haft«, fuhr Susan fort, »schien Olivia Sinclair allmählich den Bezug zur Realität zu verlieren. Daraufhin wurde sie nach Pine Woods verlegt. Nora wurde unterdessen von einer Pflegefamilie zur anderen gereicht. Sie ist so oft umgezogen, dass es nie eine zusammenhängende Akte über sie gab.«
    Susan sah Emily an, die jetzt vollkommen verwirrt schien.
    »Es tut mir Leid«, sagte Susan zu ihr. »Wir haben einigen Grund zu der Annahme, dass Nora vor ein paar Jahren ihren ersten Mann ermordet hat. Davon ausgehend – und in Anbetracht der folgenden Ereignisse – haben wir noch mehr Grund zu der Annahme, dass sie auch ihren
zweiten
Mann ermordet hat.«
    »Sie war mit Connor Brown lediglich verlobt«, erinnerte ich Susan.
    »Ich spreche von Jeffrey Walker«, sagte sie.
    Jetzt war ich noch verwirrter als Emily.
»Jeffrey Walker?«
    »Du weißt schon – er schreibt diese ganzen dämlichen historischen Romane. Schrieb, muss man wohl sagen.«
    »Ja, ich weiß, wer er ist. Du sagst, Nora und er waren...«
    »Verheiratet, ja.«
    »Das ist ja ein Ding«, rief ich und setzte im Geiste die Puzzleteile zusammen. »In den Nachrichten hieß es, er sei an einem Herzinfarkt gestorben. Lass mich raten«, fügte ich hinzu. »Er hat in Boston gewohnt.«
    Susan nickte.
    »Das bringt uns wieder zu Emily«, sagte sie. Sie wandte sich an die Schwester. »Erzählen Sie ihm, was Sie wissen. Das ist wirklich gut, O'Hara.«
    Emily nickte und bat uns, ihr zu folgen. »Ich zeige es Ihnen«, sagte sie. »Kommen Sie, ich bringe Sie zu Olivia.«
110
    Wir gingen den Anstaltskorridor entlang, auf dem Weg zum Zimmer von Noras Mutter Olivia. Die ganzen Jahre über war sie unter ihrem Mädchennamen Conover geführt worden, was unsere Suche natürlich zusätzlich erschwert hatte.
    »Da unterhalte ich mich mit Nora über den Schriftsteller Jeffrey Walker, und am nächsten Tag lese ich in der Zeitung, dass er tot ist«, erzählte uns Emily unterwegs.
    Susan und ich hörten ihr schweigend zu. »Natürlich dachte ich nicht im Traum an irgendeine Verbindung. Ich wusste ja gar nicht, dass Nora in Schwierigkeiten war, bis ich es dann im Fernsehen gesehen habe.«
    Emily blieb mitten auf dem Gang stehen. Offenbar musste sie noch etwas loswerden, bevor wir zu Olivia hineingingen. »Es ist schon ein paar
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