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Honecker privat

Honecker privat

Titel: Honecker privat
Autoren: L Herzog
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Salzburg und machten in Linz Station, wo der Stahlkonzern Voest Alpine AG seinen Sitz hatte. Mit dem Unternehmen unterhielt die DDR exzellente Beziehungen, weshalb Honecker und seine Delegation einen Rundgang absolvierten. Dem schloss sich ein Essen in der Betriebskantine mit einem Teil der Belegschaft an. Etwa vierhundert Stahlarbeiter speisten mit uns ein Vier-Gänge-Menü. Als Vorspeise gab es Forellenfilet mit Meerrettich, danach eine Kraftbrühe mit Fleischklößchen, als Hauptgericht wurde Tafelspitz mit Grünkohl und danach schließlich Kaiserschmarrn serviert. Uns wurde gesagt, es sei das sogenannte Kaisermenü, weil alle Gerichte die Lieblingsspeisen von Kaiser Franz Josef waren.
    In Salzburg, der Mozartstadt, hatten wir ein eher touristisches Programm. Auch dort wurden Delegation und Dienstpersonal gemeinsam in einem Hotel untergebracht, was mir sehr demokratisch erschien. In allen anderen Ländern, die Honecker bisher besucht hatte, wurde immer sehr darauf geachtet, dass die Politiker und das sie begleitende Personal getrennt untergebracht wurden. Das hier war sehr egalitär und schien mir eigentlich für eine Klassengesellschaft untypisch.
    Unmittelbar nach der Rückkehr aus Österreich flog ich mit einer Delegation nach Mocambique, die von Egon Krenz geleitet wurde. Ich war kurzerhand als Chefsteward an den Kandidaten des Politbüros ausgeliehen worden. Der 1. Sekretär des Zentralrats der FDJ stand an der Spitze einer großen Gruppe von Studenten, junger Arbeiter und Genossenschaftsbauern, Sportler und Künstler, die auf Freundschaftsreise ging. Allerdings hatte man uns in eine alte IL 18 gesteckt, die keinerlei Komfort und für mich wenig Entfaltungsmöglichkeiten bot. Das aber tat der Stimmung an Bord keinen Abbruch.
    Das Wetter verhinderte, dass wir in Daressalam zwischenlanden konnten. Wir mussten weiter nach Beira im Norden Mocambiques und übernachten.
    Das stellte die dortigen Behörden vor ein großes Problem: Wohin mit den vielen Leuten? Es gab nur wenige Hotelbetten. Krenz überraschte mich mit der Anweisung, dass die Crew die Betten bekam, alle anderen, er eingeschlossen, suchten sich einen Platz in der Empfangshalle des Flughafengebäudes. Anderentags ging es weiter nach Maputo. Und auch dort fiel Krenz mit einer ungewöhnlichen Entscheidung auf, die mein Chef noch nie getroffen hatte und vermutlich nie treffen würde. Er erklärte die Flugzeugbesatzung der offiziellen Delegation zugehörig. Auf diese Weise nahm ich das gesamte Programm mit. Ungeachtet der Probleme, die mir aus Angola, Sambia oder Mocambique bereits bekannt waren, erlebte ich eine spannende Reise wie noch nie. Wir hatten Begegnungen mit vielen Jugendlichen, hörten Berichte aus der deutschen Kolonialzeit, die im Ersten Weltkrieg zu Ende gegangen war, sahen alte Kirchen, besichtigten Krankenhäuser, Schulen und Geschäftsgebäude. Das waren einzigartige Erlebnisse.
    Und dann kam Schmidt
    Wieder zurück, musste ich nach Hubertusstock. Es war Dezember 1981 und der Bundeskanzler Helmut Schmidt in die DDR gekommen. Es hatte verschiedene Überlegungen im Vorfeld gegeben, wie Schmidt – ohne Moskau zu verärgern – Honeckers Einladung annehmen könnte, die dieser bereits vor einigen Jahren in Helsinki ausgesprochen hatte. Bonn wollte die Sache auch nicht so hoch hängen, weil ja die DDR nach dem Verständnis der BRD kein Ausland war und darum ein Staatsbesuch undenkbar. Privat wollte man es auch nicht machen, etwa bei einem Segeltörn in der Ostsee mit Maschinenschaden in Rostock-Warnemünde einlaufen, was auch in Erwägung gezogen wurde. Dann meinte man, er solle das Grab seines Sohnes in Schönow bei Bernau besuchen. Dort war das behinderte Kleinkind seiner in Hamburg ausgebombten Frau Loki Anfang 1945 bestattet worden. Und Honecker käme aus dem wenige Kilometer entfernten Wandlitz vorbei … Auch diese Idee wurde verworfen.
    Dann kam er aber mit großem Tross über Schönefeld, was bekanntlich nicht auf dem Territorium der DDR-Hauptstadt lag. Mit Prinz-Heinrich-Mütze, um nicht vor Honecker den Hut ziehen zu müssen. Und der hatte vorsichtshalber aus gleichem Grunde seine Tschapka aufgesetzt.
    Schmidt stieg im Jagdschloss ab und Honecker in Dölln. Von dort fuhr er zu den Gesprächen hinüber. Abends speisten die beiden privat, ich servierte. Na was wohl? Bouletten mit Bratkartoffeln und Kartoffelsuppe.Das waren nicht nur Honeckers Leibgerichte, sondern auch die von Schmidt, wie unsere Kundschafter in Erfahrung gebracht
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