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Honecker privat

Honecker privat

Titel: Honecker privat
Autoren: L Herzog
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Personenschützer, der Fahrer sowie der Handwerker, des medizinischen Personals, der Hausangestellten und der Feuerwehr.
    Für alle war der Innenring tabu – es sei denn, dass ihre dienstlichen Verpflichtungen sie zum Betreten oder Befahren des Allerheiligsten zwang. Dieses aus übertriebenem Sicherheitsinteresse veranlasste Verdikt hatte bisweilen ärgerliche Konsequenzen, etwa wenn irgendwelche Spezialisten von außerhalb der Siedlung und des MfS benötigt wurden. Das Procedere ihrer Sicherheitsüberprüfung dauerte bisweilen länger als die Reparatur, die sie ausführen sollten.
    Die meiste Zeit verbrachten wir wartend und untätig. Tagsüber verirrte sich niemand ins Restaurant, denn die Personen, für die wir kochen und auftischen sollten, waren in Berlin und beschäftigt. Sie kamen erst am späten Abend nach Hause und verspürten verständlicherweise wenig Lust, noch ins Klubhaus zu kommen. Trotzdem hatten wir zur Verfügung zu stehen. Die Spätschicht endete erst 23 Uhr. Wenn sich jedoch jemand zu uns verirrte, gab es keine Sperrstunde.
    Zu Beginn meiner Tätigkeit in der Waldsiedlung war das zunächst alles anders. An den Wochenenden herrschte im Klubhaus großes Gedränge, mitunter erschien ein Dutzend Familien fast gleichzeitig zum Mittagessen. Jede wollte zuerst bedient werden, was logischerweise zu gewissen Problemen führte. Doch die meisten – Grotewohl, Matern, Norden, Ebert, Stoph, Lamberz – zeigten sich verständnisvoll und hielten sich mit Vorhaltungen zurück, sie wussten schließlich, in welchem Arbeitsverhältnis wir standen. Insofern behielt ich diese Politbüromitglieder und ihre Familien in angenehmer Erinnerung. Auch die Ulbrichts, obwohl er und seine Frau Lotte so gut wie nie im Klubhaus zum Essen erschienen. In ihrem Haus, dem größten, arbeiteten ein Koch und einen Kellner nur für sie.
    Im Sommer 1964 – es war das Jahr meiner Parteiaufnahme – kamen sie doch einmal zu uns. Sie trugen eine dem warmen Wetter angemessene luftige Kleidung und fragten mich, warum ich den Frack trüge, ob ich darin nicht sehr schwitze. Was natürlich der Fall war. Walter Ulbricht ließ den Restaurantleiter kommen, und Lotte wies ihn an, dass die Kleiderordnung zu ändern sei. Wir sollten künftig etwas Leichteres tragen. So tauschten wir diesen blöden Frack gegen eine weiße Jacke, und wenn es besonders heiß war, trugen wir lediglich ein weißes Sommerhemd. Ich meine, dass die beiden nicht nur dem Personal einen Gefallen damit taten, sondern auch sich selbst. Sie mochten diese übertrieben vornehme Gewandung nicht, das war ihnen zu bürgerlich, zu höfisch, sie fühlten sich in einer solchen Umgebung unwohl.
    Der Ansturm an den Wochenenden führte zu einer fortgesetzten Aufstockung des Personals. Anfang 1962 waren wir fünf Kellner, drei Köche und zwei Küchenhilfen, fünf Jahre später schon dreimal so viele Kellner, dazu acht Köche und vier Küchenhilfen. Einer der Gründe war auch die Ausweitung unseres Tätigkeitsfeldes. Wir arbeiten nicht nur in der Waldsiedlung für die Mitglieder des Politbüros, sondern begleiteten sie auch auf Dienst- und Urlaubsreisen. Selbst innerhalb der DDR mussten bestimmte Funktionäre immer von einem Kellner, manchmal auch von einem Koch begleitet werden. Auf meine Arbeit im Regierungszug oder im Salonwagen, in Sonderflugzeugen und auf der Regierungsyacht in Berliner Gewässern oder auf der Ostsee werde ich später noch zu sprechen kommen.
    Nach 1970 leerte sich das Lokal, und es wurde üblich, dass Bestellungen per Telefon eingingen. Wir wurden so etwas wie ein Pizza-Service und lieferten auf Zuruf in die Häuser, obgleich dort oft Haushaltshilfen tätig waren, deren Zahl sich im Laufe der Jahre beachtlich vermehrte. Wir brachten die Platten mit Aufschnitt oder Braten, Obst und Gemüse mit unserem Dienstwartburg in den inneren Zirkel. Die einen wollten bedient werden, die anderen nicht. Margot Honecker zum Beispiel lehnte eine solche Dienstleistun in ihrem Hause ab. Wir stellten die Lieferung in die Küche, und sie verfuhr damit wie jede andere Hausfrau auch.
    Vor den Wochenenden wurden Speisekarten gedruckt, die in die Häuser gegeben wurden. Dort konnte die Kartoffelsuppe mit Würstchen für Samstag und der Sonntagsbraten vorbestellt werden, die wir dann ebenfalls lieferten.
    Irgendwann mokierte sich einer – Namen wurden bei solchen Beschwerden nie publik – über den angeblichen Lärm, den unser Zweitakter machte.
    Daraufhin wurde ein VW-Transporter
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