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Honecker privat

Honecker privat

Titel: Honecker privat
Autoren: L Herzog
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Ehepartner und den Kindern), übertragene Aufgaben gewissenhaft erfüllen sowie Befehle und Weisungen ohne Diskussion pflichtbewusst ausführen und so weiter.
    Ich bekam einen Dienstausweis mit dem Verbot ausgehändigt, mir unter keinen Umständen damit persönliche Vorteile zu verschaffen.
    Somit war ich offiziell Mitarbeiter des MfS, aber eigentlich nur konspirativ: Es durfte ja niemand aus meiner Umgebung wissen.
    Meine Arbeitsstelle sollte sich in der Waldsiedlung in der Nähe von Bernau befinden. Ich hatte davon noch nie etwas gehört und folglich keine Vorstellung, was mich dort erwartete.
    Ich bezog ein Bett in einem Ledigenwohnheim in Karlshorst. Das Zimmer teilte ich mit einem Bäcker.
    Der Raum war ziemlich groß und wurde mit einem Kohleofen beheizt. Unsere Wohngemeinschaft bestand nicht lange. Der Bäcker wurde morgens 3 Uhr mit einem Auto abgeholt und nach Wandlitz gefahren, wo er – wie jeder andere Bäcker in der Stadt – Schrippen und Brot in den Ofen schob. Ich hingegen arbeitete in einem sogenannten Zwei-Schicht-System, das hieß wochenweise entweder von 7 bis 16.30 Uhr oder von 15 bis 23 Uhr. Man quartierte mich um. Fortan teilte ich ein Zimmer mit einem Koch und einem Filmvorführer. Das waren umgängliche Leute, und die Probleme, die wir miteinander hatten, waren die üblichen in einer Männer-WG. Oft blieb die Bude kalt, weil keiner angeblich Zeit gehabt hatte, um den Kohleofen zu heizen, oder sie war warm, während wir in Wandlitz arbeiteten, und wieder ausgekühlt, wenn wir zurückkehrten. Zudem klemmte es beim Reinigen und mit dem Abwasch.
    Das alles war jedoch nichts gegen das Bad und die Toilette mit Wasserspülung. Welch dramatischer Fortschritt zu meinem bisherigen Leben, den nur jemand ermessen kann, der wie ich in solch ärmlichen Proletarierverhältnissen aufgewachsen ist.
    Nach etwa drei Jahren wurde ich verlegt. Ich bezog ein Zweibett-Zimmer in einem Ledigenwohnheim in der Pankower Tschaikowski-Straße. Mein Bettnachbar war Kellner wie ich und trug den ungewöhnlichen Vornamen Eisenhard.
    Kluger und ich zogen im Dezember 1967 aus, weil wir des Lebens in Wohnheimen überdrüssig waren und beschlossen hatten zu heiraten.
    Unsere gemeinsame Arbeitsstelle befand sich in der Waldsiedlung. Diese bestand aus 21 Einfamilienhäusern, die an drei Straßen standen. Bis auf ein Haus waren alle von Politbüro-Mitglieder bewohnt, im 21. befand sich ein Kindergarten. Der konnte allerdings bald wieder geschlossen werden. Die Kinder der Politbüromitglieder wurden nämlich nicht nur älter, es kamen auch keine weiteren nach.
    Die Häuser verfügten über vier bis sechs Zimmer, waren vollständig möbliert und wurden zur Miete bewohnt. Im Sommer, während der Urlaubszeit, wurden sie renoviert oder umgestaltet. Daneben gab es ein Klubhaus mit einem Restaurant, einem Schwimmbad, einer Sauna, einer Kegelbahn, einem Billardraum, einem Schießkeller und einem Kinosaal. Auch ein Friseurladen existierte und etliche Lagerräume für Lebensmittel, Geschirr, Gläser und Bestecke. In den 70er Jahren wurde aus- und angebaut und der medizinische Bereich ergänzt. Ein Arzt befand sich wie wir in ständiger Bereitschaft.
    Zunächst machte ich mich erst einmal mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut. Die meisten Gebäude waren neu, viele erst im Vorjahr übergeben worden. Das junge Personal kam aus der ganzen Republik und musste sich erst finden, lediglich bei den Vorgesetzten handelte es sich um qualifizierte Gastronomen, die bereits in erstklassigen internationalen Hotels Erfahrungen gesammelt hatten.
    Sie teilten zu Beginn ein Problem mit uns: Unsere Gäste mussten mit »Genosse« und »Genossin« angeredet werden. Das war, zugegeben, gewöhnungsbedürftig. Nicht minder ungewöhnlich die Zweiteilung der hermetisch abgesicherten Siedlung. Neben dem Kern gab es einen Außenring, in welchem die Dienstleistungseinrichtungen lagen. Dort waren die Notstromaggregate stationiert, die bei Bedarf Energie für das ganze Objekt erzeugten, der – mit den Jahren immer größer werdende – Fuhrpark und eine Tankstelle sowie die Autowerkstatt. Reparaturen und Betankung der Privat-Pkw erfolgten unentgeltlich, wovon später insbesondere die erwachsenen Kinder einiger Politbüromitglieder gern Gebrauch machten. Ferner gab es dort eine Bäckerei, eine Wäscherei und eine Gärtnerei, die vor allem den Bedarf an frischen Schnittblumen deckte. Und schließlich befanden sich in jenem Außenring die Unterkünfte der
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