Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Holy Shit

Holy Shit

Titel: Holy Shit
Autoren: Rolf-Bernhard Essig
Vom Netzwerk:
Eine weitere antike Kollegin ist Medea, deren Zauberkunst dem Helden Jason hilft, das Goldene Vlies zu erringen. In vielen Gegenden Afrikas, in Japan, in China gibt es ebenfallsdie Vorstellung von hexenähnlichen Wesen, und oft sind es wiederum Frauen, die die Macht haben, zwischen den Welten der Geister und der Menschen zu vermitteln und Fluch oder Segen zu bewirken.
    Die Hexenverfolgungen in Europa, besonders seit dem 16. Jahrhundert, machten aus einer Gestalt des Volksaberglaubens, der Literatur und des Märchens eine Verbündete des Teufels, der man mit äußerster Unnachgiebigkeit den Kampf ansagen müsse. Hielt die Kirche Menschen, die sich magischer Kräfte oder dämonischer Erfahrungen rühmten, zuvor eher für verrückt, so berichteten Theologen jetzt im Brustton der Überzeugung von allerlei Schaden, den diese höllischen Kreaturen angestellt hätten. Im verderblichen Fachbuch für Inquisitoren, dem »Hexenhammer« Jakob Sprengers und Heinrich Institoris’ findet man beispielsweise die Geschichte eines Grafen von Westerich verzeichnet, der eine Edeldame heiratete, »die er jedoch nach der Hochzeitsfeier bis ins dritte Jahr fleischlich nicht erkennen konnte, da er durch Hexenwerk gehindert ward […]« Wie die Verzauberung zuging, erfährt der Graf, als er in Metz seiner ehemaligen Metze aus der Zeit kurz vor der Ehe begegnet. Sie erkundigt sich nach seiner Gesundheit, nach seiner Frau, ob er Kinder habe. Er lügt, er habe drei Knaben. Die Exgeliebte ist entsetzt, und als der Graf fragt, ob sie ihm nicht gratulieren wolle, antwortet sie: »Ja, ich gratuliere, aber verflucht sei die Vettel, die sich erbot, Euren Leib behexen zu wollen, dass Ihr des Beischlafs mit Eurer Frau nimmermehr pflegen könntet. Zum Zeichen dessen enthält der Brunnen, der mitten Eures Hofes steht, auf dem Grunde einen Topf mit gewissen Hexenmitteln, der deshalb dorthin gelegt wurde, dass, so lange er dort läge, Ihr impotent sein solltet […]« Nachdem der Graf mit seiner Lügengeschichte seine eifersüchtige Geliebte übertölpelt hat, eilt er heim, findet den Topf auf dem Brunnengrund, verbrennt alles Hexenzeug – und gewinnt seine Manneskraft wieder. Im»Hexenhammer« findet sich nicht nur eine Fülle weiterer Beispiele solcher Schadenzauber, es gibt auch Anweisungen, wie man die Hexen, die dahinter stecken, aufspüren und durch Befragung – lateinisch »inquisition« – bis hin zur blutig-brutalen Folter überführen könne.
    Ohne diese kirchliche Verfolgung, ohne ihre Propaganda hätte der Hexenglauben sicherlich nicht in dieser Stärke bis heute überlebt, erst recht nicht Schimpfwörter wie »verfluchte/alte Hexe!«, die oft mit einem Rest respektvoller Ängstlichkeit ausgesprochen werden. Man weiß ja nie.
    Bis in die Sphäre des Alltags setzte sich die Vorstellung von den Hexenkräften durch, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Beim Pfeilwerfen in Kindertagen – niemand sagte in den 60ern »Dart« – riefen wir Kinder, wenn der Gegner dran war, zischend, halb geflüstert: »Verhext!« Und wie freuten wir uns unserer Macht, traf der Wurf wirklich nicht!
    Das magische Repertoire der Hexen und Hexer hat sich mit den Jahrhunderten wenig geändert. Sie sollen sexuelle Potenz befördern oder behindern, Liebe erzwingen oder unmöglich machen, Krankheiten schicken oder abwenden, für materiellen Schaden sorgen oder vor ihm schützen, Kindersegen verhindern oder bringen, Sinne vernebeln oder sehend machen, in die Vergangenheit oder die Zukunft schauen helfen. Die Klischees über ihr Aussehen blieben ebenso gleich, ob man sich Bücher, Filme, Bilder anschaut oder aber in Fußgängerzonen der Groß- und Kleinstädte in ganz Europa ältere Frauen sieht, die mit bunten Röcken, Kopftuch, runzliger Haut gebeugt nach den Händen der Vorbeigehenden greifen. Manch einer bleibt lieber stehen, lässt sich weissagen, gibt eine kleine Belohnung, schließlich könnte die Missachtung einer Hexe unangenehme Folgen wie etwa einen nachgeschleuderten Fluch haben.

Wie die Alten schimpften
Mahābhārata. Indiens großes Epos (zwischen dem 4. und 3. Jahrhundert vor Christus):
»Du bist ein Kindesmörder und ein Feigling. Du sollst die Folgen deiner Freveltaten erleiden. Dreitausend Jahre lang sollst du im Wald umherstreifen ohne einen Menschen, mit dem du sprechen könntest. Du sollst an einer ekelerregenden Krankheit sterben, und alle Menschen sollen dich meiden.«
Altägyptisch pharaonische Vertragsklausel: »Was diese Worte angeht, die auf
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher