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Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition)

Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition)

Titel: Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition)
Autoren: Colin Beavan
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1.
Wie ich überhaupt auf diese verrückte Idee gekommen bin
     
     
    Ein Jahr lang haben meine Frau, meine kleine Tochter und ich versucht, mitten in New York City so zu leben, dass wir der Umwelt unterm Strich keinen Schaden zufügten. Konkret bedeutet das: Wir haben uns bemüht, keinen Müll zu produzieren (also kein Essen zum Mitnehmen), keinen Kohlendioxidausstoß zu verursachen (also kein Auto und kein Flugzeug), das Wasser nicht zu verschmutzen (also kein Waschmittel) und keine Lebensmittel aus fernen Ländern zu kaufen (also kein Obst aus Neuseeland), außerdem keine Aufzüge, keine U-Bahn, keinen Fernseher und keine Klimaanlage zu benutzen und nichts Verpacktes, nichts aus Plastik und nichts Neues zu kaufen …
    Doch bevor wir in die Einzelheiten gehen, sollte ich vielleicht erklären, wie es dazu kam, dass ich zum »No Impact Man« wurde. Fangen wir also mit einer Geschichte an, die eigentlich eher eine Beichte ist, ein Schuldbekenntnis, eine Art Bestandsaufnahme aus ungeläuterten Zeiten.
    Die Geschichte beginnt mit einer Abmachung, die ich mit meiner Frau Michelle traf.
    Ein kleiner Hinweis vorab: Michelle ist aufgewachsen mit Daddys goldener Kreditkarte, Rund-um-die-Uhr-Taxi-Service, Segelyachten, Mitgliedschaft in drei Country Clubs und unerschütterlicher Fahnentreue. Ich hingegen bin aufgewachsen mit langen Haaren, alternativen Schulen, »Rettet die Wale«, steter Ebbe auf dem Konto, Begeisterung für Wehrdienstverweigerer und LSD und Verachtung für Designerklamotten und jede Form von Materialismus.
    Einmal, als wir meine Mutter in Westport, Massachusetts, besuchten, lag Michelle in meinem früheren Kinderzimmerauf dem Bett und starrte die hässliche, mit Styropor verkleidete Decke an. »Weißt du, ich bin mit viel schöneren Zimmerdecken aufgewachsen als du«, bemerkte sie, und nach ihrem Gesichtsausdruck zu urteilen erklärte das alles.
    Mein bester Freund Tanner wiederum erzählte mir einmal, sein Therapeut verzweifle an den Unterschieden zwischen Michelle und mir. Warum Tanners Therapeut
meine
Ehe analysierte, ist eine Frage, die Tanner hoffentlich in seiner nächsten Sitzung angesprochen hat, aber die kleine Anekdote zeigt, dass Michelle und ich eine Menge zu verhandeln hatten. Und die Geschichte, die ich hier erzählen will, hat mit einer dieser Verhandlungen zu tun.
    Ich zum Beispiel hatte mich bereit erklärt, die Lärmbelästigung hinzunehmen, die mit Michelles Sucht nach seichten Fernsehserien und schwachsinnigen Talkshows einherging. Ich
hasse
Reality-TV. Dafür hatte Michelle bei einer ihrer Shoppingorgien eingewilligt, nichts zu kaufen, was aus Pelz gemacht oder auch nur damit verziert war. Das war unser Kompromiss.
    Michelle mochte Pelz. Nicht unbedingt komplette Pelzmäntel, aber Pelzmützen und Pelzkragen und dergleichen. Michelle war ein Fashion Victim, versessen auf die neuesten Designer-Kultobjekte, ein bisschen wie Carrie Bradshaw aus
Sex and the City
, nur etwas gesetzter, verheiratet und mit Kind.
    Mir hingegen tat es schon immer leid, wenn ich ein Opossum oder einen Waschbären überfahren auf der Straße liegen sah, und mich schauderte bei dem Gedanken daran, dass Tiere nur wegen ihres Fells getötet wurden.
    Trotz meiner Betroffenheit darüber, dass der Menschheit ihre Eitelkeit wichtiger ist als das Leben der Tiere, gelang es mir damals irgendwie, die Tatsache auszublenden, dass meine Schuhe aus Leder waren. Wenn mich selbst der Kaufrausch packte, wurde meine Verachtung gegenüber Designerlabeln und Konsumwahn, nun, sagen wir, ein wenig schwammig. Ich gehörte zu den Leuten, die sich einen Fernseher mit 52-Zoll-Bildschirm kaufen und sich dann einreden, sie hättendem Konsumterror ein Schnippchen geschlagen, weil sie das herabgesetzte Vorführmodell erstanden haben.
    Damit will ich nicht sagen, dass ich eine unpolitische Couchpotato bin. Ich bin überzeugter Demokrat, und ich bin bei den Wahlen 2000 und 2004 in Pennsylvania herumgefahren, um Stimmen zu sammeln. Ich habe für Move-On.org reihenweise Leute angerufen, um sie dazu zu bewegen, zur Wahl zu gehen. Ich habe mich bemüht, in meinen alltäglichen Kontakten freundlich und hilfsbereit zu sein und ganz allgemein niemandem Schaden zuzufügen. Nach dem 11. September habe ich mich beim World Trade Center als freiwilliger Helfer gemeldet. Ich habe sogar für George Bush gebetet, weil ich der Ansicht war, dass es niemandem hilft, noch mehr Hass in die Welt zu tragen. Die Frage ist nur, ob das angesichts des Zustands der Welt
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