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Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
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Massachusetts Maritime Academy. Damals, im ersten Sommer, lieferte ich mir mit ein paar anderen Youngies einen Wettbewerb, wer es am längsten ohne Bad oder Dusche aushalten würde. Auf dem Schiff gab es keine Klimaanlage, deshalb war das so etwas wie ein Duell auf Leben und Tod. Wir nannten uns die Drecksbande. In meinem jetzigen Zustand, dachte ich, hätte ich den Wettbewerb mühelos gewonnen.
    Der Sanitäter untersuchte mich; alles war in Ordnung. Ich wurde aufs Deck zurückgeführt, stieg in einen Hubschrauber und wurde zur USS Boxer geflogen. Das Schiff war nach der Bainbridge am Schauplatz eingetroffen. Zwei Navy SEALs begleiteten mich, beide waren noch voll auf ihre Mission fokussiert.
    Nach meiner Ankunft auf der Boxer wurde ich noch einmal genau untersucht. Endlich erhielt ich neue Kleider – ein T-Shirt, einen blauen Overall, eine Baseballmütze. Man führte mich zu den VIP-Kabinen. Ein Mann kam herein. »Kann ich Ihnen etwas bringen?«
    »Ja«, sagte ich. »Am liebsten hätte ich jetzt ein Bier.«
    Der Mann nickte. »Ich denke, das lässt sich machen.« Später erfuhr ich, dass er der Kapitän der Boxer war.
    Er ging zur Tür, aber ich rief ihm nach: »Hey?«
    »Ja?«
    »Meinen Sie, ich könnte auch zwei Dosen bekommen?«
    Der Kapitän lächelte.
    »Ja, Sie können auch zwei Dosen Bier haben.«
    Er ging, und ich zog mich aus, um eine Dusche zu nehmen. Ich stand gerade nackt im Bad und putzte die Zähne, als der Kapitän mit zwei weiteren Seeleuten hereinkam, die einen großen Cooler trugen. Er war voll mit Bierdosen.
    »Verdammt«, sagte ich, »wollt ihr mich hier längere Zeit festhalten?«
    Darüber mussten sie lachen. Der Kapitän informierte mich, dass ich jetzt nach Hause telefonieren könne. Außerdem wolle Präsident Obama mit mir sprechen. Ich brachte meine Toilette zu Ende, stieg in meine neuen Kleider, nahm eine Dose Bier und folgte ihm.
    Die Seeleute brachten mich zuerst zu meiner Kabine. Ich setzte mich auf das Bett und trank mein erstes Bier. Erst jetzt konnte ich alles erfassen. Ich bin frei. Ich lebe. Ich bin in Sicherheit. Es kam mir immer noch so unwirklich vor, als ob ich im Bruchteil einer Sekunde aus der leibhaftigen Hölle des Rettungsboots auf dieses saubere, ruhige Schiff katapultiert worden wäre.
    Präsident Obama rief an. Ich nahm ab und hörte die bekannte Baritonstimme. Der Präsident beglückwünschte mich.
    »Ich denke, Sie haben da draußen einen großartigen Job gemacht«, sagte er.
    »Na ja, das war das Verdienst der Navy«, antwortete ich. »Ich kann den Männern nicht genug danken. Und ich möchte mich bei Ihnen bedanken für das, was Sie getan haben.« Das meinte ich auch genau so. Ich wusste, dass der Befehl für die Rettungsaktion von ganz oben erteilt werden musste. Ich sprach also gerade mit dem Mann, der mich aus dem Höllenloch mitten im Indischen Ozean herausgeholt hatte.
    »Wir sind einfach nur froh, dass Sie in Sicherheit sind«, sagte der Präsident. Dann redeten wir noch ein wenig über Basketball – er ist ein hartgesottener Chicago-Fan und ich ein eingefleischter Boston-Fan, deshalb plauderten wir darüber, wie sich die Bulls wohl gegen meine geliebten Celtics halten würden. Ich konnte kaum glauben, dass ich von einem Kriegsschiff auf der anderen Seite der Welt mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika über Basketballspieler wie Kevin Garnett plauderte.
    Am nächsten Tag fragten mich die Navy-Sanitäter, was ich tun wolle. »Ich will mich nur umschauen, will den Ozean bis zum Horizont sehen«, sagte ich. Das Gefühl, eingesperrt zu sein oder in der Falle zu sitzen, hatte ich noch nicht vollkommen abschütteln können. Sie führten mich aufs Deck. Ich stand an der Reling und blickte auf den gewaltigen Ozean hinaus, der sich rings um mich erstreckte, und jetzt erst löste sich das Gefühl endlich auf, in einem winzigen Raum unentrinnbar gefangen zu sein. Ich sah die Küste Somalias und bemerkte, wie nahe wir ihr gekommen waren. Aber völlig frei würde ich mich erst fühlen können, wenn ich in Kenia an Land ging und festen Boden unter den Füßen spürte.
    Danach lernte ich meine Retter kennen. Die SEALs versammelten sich, und ich ging ihre Reihe ab, jedem einzelnen schüttelte ich die Hand und bedankte mich. Für das Militär hatte ich immer Hochachtung empfunden, aber erst jetzt wurde mir bewusst, wie selbstlos und pflichtbewusst diese Männer sind. Sie streben nicht nach Ruhm, Geld oder Anerkennung. Sie wollten nur, dass ich in
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