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Höllenknecht

Höllenknecht

Titel: Höllenknecht
Autoren: Ines Thorn
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Ohnehin war er in seinen Gedanken noch immer bei dem Fall. «Einer muss es gewesen sein. Entweder der Schankwirt oder der Gehilfe. Der Beweggrund ist in beiden Fällen vorhanden. Der Schankwirt wollte das Buch, um damit Gold zu machen. Der Gehilfe wollte den Wirt los sein, um mit der Wirtin leben zu können.»
    «Aber nur einer kann der Mörder sein», gab Hella zu bedenken und begann ein Lied zu summen.
    Sie fröstelte, kuschelte sich eng an ihren Mann. «Ich bin müde», wisperte sie. «Aber ins Bett möchte ich noch nicht. Lieber vor dem Kamin sitzen und ein wenig ins Feuer schauen.» Sie küsste Heinz auf die Wange, ging zum Armlehnstuhl und ließ sich darin niedersinken. Sie zog die Beine an, schlang die Arme um die Knie und sah in die Flammen.
    «Ich gehe in mein Arbeitszimmer», sagte Heinz. «Ich möchte die Unterlagen noch einmal durchsehen. Mir ist, als hätte ich etwas Wichtiges übersehen.»
    Hella nickte. Heinz schien es, als hätte seine Frau ihm nicht richtig zugehört. Ihr Blick war abwesend, aber so heiter wie bei einer Mutter, die ihrem Kind beim Spielen zusieht.
    In seinem Arbeitszimmer wendete er Blatt für Blatt der umfangreichen Akten. Doch er fand nichts, was ihn auf eine Spur brachte.
    Unterdessen war es Hella vor dem Kamin langweilig geworden. Sie kam, gehüllt in eine weiche Decke, ins Arbeitszimmer und setzte sich ihrem Mann gegenüber.
    «Ihr habt das Buch im Zimmer des Gehilfen gefunden, nicht wahr?», fragte Heinz.
    Hella nickte.
    «Ich gehe davon aus, dass er es war. Er wollte den Wirt loswerden, um die Wirtin zu heiraten.»
    «Aber warum hat er dann den Juwelier umgebracht?», wollte Hella wissen. «Ich kann da keinen Zusammenhang sehen.»
    «Hmm.» Heinz’ Blick verlor sich in der Ferne. «Ein Gehilfe ist in der Regel kein reicher Mann. Und um eine Frau wie die Wirtin zu heiraten, braucht er Geld. Also wird er das Zauberbuch gewollt haben, um damit Gold zu machen.»
    «Und wenn die Wirtin ihn auch so liebt? Wenn ihr gleichgültig ist, ob der Gehilfe Geld hat? Welches Motiv hat er dann?»
    «Hmm», brummte Heinz wieder. «Hier kommen wir also nicht weiter. Jetzt der Schankwirt. Der wollte seine Frau zurück und gedachte, dafür das Zauberbuch zu benutzen.Oder er wollte sie mit Gold behängen. Vielleicht war auch die Schänke pleite. Der Juwelier hatte ihm vielleicht das Zauberbuch versprochen. Dann hat er es, entgegen der Abmachung, dem Kannengießer verkauft. Daraufhin ist der Wirt so wütend geworden, dass er ihn erschlagen hat. Vielleicht war es so.»
    «Ja. Vielleicht», stimmte Hella zu. «Aber für die Bisse an den gefundenen Körperteilen ist das alles noch keine Erklärung.»
    Beide seufzten und schwiegen. Heinz betrachtete seine Frau. Irgendwie schien sie ihm verändert. Ihr Gesicht so weich, ihr Blick so mild, die Wangen so rosig, der Mund wie eine Rosenblüte in ihrem Gesicht. Er stützte das Kinn in die Hand, schaute Hella an, und zum ersten Mal seit vielen Tagen wurde ihm leicht ums Herz.
    Seine Frau schien noch immer ganz in Gedanken versunken. Sie griff nach dem Zauberbuch, blätterte scheinbar ziellos darin herum, brummte etwas. Sie blickte auf, zog die Stirn in Falten und senkte den Blick wieder auf das Buch. Heinz sah, wie ihre Lippen Worte formten, aber er hörte nichts. Schließlich sah Hella wieder auf und reichte ihm das Buch, deutete auf etwas darin.
    Quer über der Seite siebenundfünfzig war etwas in einer schlecht lesbaren Handschrift geschrieben. Noch bevor er die Worte entziffern konnte, sagte Hella: «Der Gehilfe war es nicht. Er ist nicht der Mörder.»
    «Warum nicht?», fragte Heinz. Jetzt endlich hatte er die Schrift entziffert. «Dieses nutzlose Buch», las er laut, «mit den falschen Rezepten hat mir der Herbergsvater des Roten Ochsen zur Herbstmesse des Jahres 1532 verkauft. Er ist ein Betrüger, und das Buch das Papier nicht wert, auf dem es gedruckt ist.»
    Heinz sah auf. «Verstehe ich das hier richtig?», fragte er. «Nicht der Juwelier hat das Buch dem Kannengießer verkauft, sondern der Herbergsvater? Der an den Juwelier und dieser, anstatt mit dem Buch zurück nach Leipzig zu fahren, hat es sogleich wieder loswerden wollen. Ich vermute, zurück an Schorsch. Aber da war er an der falschen Adresse, und da kam der Kannengießer als zweiter Käufer ins Spiel. Siehst du das auch so?»
    Hella nickte. «Genauso verstehe ich das auch. Und der Juwelier musste sterben, als er herausbekam, dass das Buch nichts taugt. Der Auftritt vom Kannengießer im
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