Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hoellenflirt

Hoellenflirt

Titel: Hoellenflirt
Autoren: Beatrix Gurian
Vom Netzwerk:
war.
    Er reichte mir den Becher. Ich ließ ein Ruder los.
    »Ich hoffe, du magst Latte macchiato?«, fragte er und nahm einen großen Schluck aus seinem Becher.
    Ich hätte jetzt sogar Apfelwein getrunken, den ich verabscheue, oder Waschwasser. Ich konnte nur nicken. »Und du? Was trinkst du?«
    »Doppelten Espresso, extra stark.«
    »Ohne Zucker?«
    Er nickte. Ich stellte meinen Becher vor mir ab und griff nach dem Ruder, das sich gerade aus der Halterung verabschieden wollte. Im letzten Moment erwischte ich es und überlegte immer noch verzweifelt, was ich Lässiges sagen könnte.
    »Wow, ohne Zucker, dann bist du also ein ganz Harter!«
    »Klar, nur die Harten kommen in den Garten...«
    ». . . und die Härteren zur Gärtnerin!«, vollendete ich den blöden Spruch und ärgerte mich maßlos, dass mir nur so ein Schwachsinn eingefallen war.
    »Wer will denn schon zur Gärtnerin?« Er grinste und reichte mir zwei Zuckertütchen und ein Holzstäbchen zum Umrühren.
    »Was hast du gegen Gärtner?«
    »Das liegt doch auf der Hand, der Mörder ist schließlich immer der Gärtner.«
    »Nur in schlechten Filmen«, konterte ich und schüttete den Zucker in meinen Latte.
    »Wer entscheidet, was ein schlechter Film ist?«, fragte er.
    »Na ich!«
    »Kluges Mädchen.«
    Ich stellte den Latte ab und beschäftigte mich wieder mit den Rudern, legte dabei ordentlich an Tempo zu, nur damit Valle nicht merkte, wie sein Kommentar meinen Puls beschleunigt hatte. Komisch, wenn Schwallfi so etwas sagen würde, müsste ich kotzen.
    »Das gefällt mir übrigens.«
    »Was?«
    »Dass du nicht blöd bist. Dummheit langweilt mich. Viele Mädchen sind dumm, soll heißen, die meisten Mädchen langweilen mich.«
    »Arrogant bist du ja gar nicht!«
    Er trank seinen Becher aus und schenkte mir dann wieder ein Lächeln.
    Zuerst dachte ich, er würde mich auslachen, aber dann verzog sich sein Mund, und weil sich seine Lippen dabei öffneten, wirkte er plötzlich sehr verletzlich. Und obwohl ich noch an seinem letzten Spruch zu knabbern hatte, fiel mir doch auf, dass seine Lippen verführerisch wie Granatapfelkerne schimmerten. Ich zwang mich, schnell woandershin zu sehen, und landete unglücklicherweise wieder bei seinem Schlüsselbein, doch nach ein paar Sekunden riss ich mich von diesem Anblick los und starrte auf die silbern glitzernden Sonnenreflexe im Wasser, um auf andere Gedanken zu kommen.
    »Und was machst du sonst so?«, fragte er und es klang so, als würde ihn das wirklich interessieren.
    Ich zuckte mit den Schultern, weil ich keine Ahnung hatte, was genau er gut finden würde.
    »Na, du hast es ja an dem Abend neulich gesehen. Ich spiele in einer Band.«
    »Übler Punk-Rock. Wer schreibt die Texte?«
    »Was für Texte?« Ich grinste, als hätte ich einen Witz gemacht, dabei wollte ich nur Zeit gewinnen, denn eigentlich schrieb Robert unsere Texte. Aber ich hatte mir vorgenommen, auf keinen Fall an ihn zu denken und jetzt schon gar nicht. Was mehr als mies war, denn es waren Roberts Texte gewesen, wegen denen ich unbedingt Mitglied bei dieser Band hatte werden wollen.
    »Ich meine, um was geht’s bei euch?«, fragte Valle.
    »Um alles Mögliche.« Ich verstand nicht ganz, worauf er hinauswollte. »Wir wollen Leute provozieren, aber es geht auch um Gefühle wie Versagen, Lieben, Siegen.«
    »Gefühle sind Unsinn.«
    »Klar, ist oft mal so«, sagte ich – und dachte, dass eben jetzt genau so ein Moment war – wie ich hier saß und Valle gern berührt hätte, aber mich nie im Leben trauen würde.
    »Du kapierst nicht, was ich meine. Gefühle machen dich schwach.«
    Ich wurde rot. Konnte Valle vielleicht Gedanken lesen?
    »Wenn du Kontrolle über dein Leben haben willst, darfst du dich deinen Gefühlen nicht ausliefern.«
    »Nie?«
    »Erst einmal musst du herausfinden, ob es Gefühle sind oder Triebe.«
    Mir wurde flau.
    »Ach ja?«
    »Triebe kann man beherrschen, indem man ihnen nachgibt, sie auslebt, denn nur so verlieren sie die Macht über einen. Sex zum Beispiel.« Er starrte mir in die Augen, ich hielt das nicht mehr aus, alles war in Aufruhr, mein Herz, mein Bauch, meine Füße zappelten, es fühlte sich an, als wären sogar meine Haare elektrisch aufgeladen.
    »Hmm...« Mehr brachte ich nicht raus.
    Er strich eine Haarsträhne hinter sein Ohr, stopfte sein T-Shirt am Bauch fest in seine schwarzen Jeans. Mein Blick folgte seiner Hand. Sein Bauch war glatt und hart wie ein Surfboard. Hatte ich wirklich nur Latte getrunken oder nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher