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Hoellenflirt

Hoellenflirt

Titel: Hoellenflirt
Autoren: Beatrix Gurian
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hat keine Ahnung, dass ich durch sie darauf gekommen bin, wie ich das alte Handy wieder in Gang kriegen kann. Aber sie war es, die mir grinsend erzählt hat, dass Ralf auf einem Weihnachtsflohmarkt eine weitere Riesenkiste mit – wie Mama fand – Elektroschrott gekauft hatte.
    Als ich endlich nach Hause durfte, machte ich mich heimlich auf die Suche. Und tatsächlich fand ich ein passendes Ladekabel für diese alte Siemensmühle, habe es dann geladen und dabei bemerkt, dass es nicht mal mit einem Pincode gesichert war.
    Danach habe ich nur noch auf die richtige Gelegenheit gewartet, es mit Valle zusammen anzuschauen.
    Ich weiß, ich hätte es gleich der Polizei übergeben müssen, aber ich wollte unbedingt sehen, was auf dem Handy war. Und schließlich flossen die Infos von der Polizei auch eher spärlich, sogar Ralf bekam nur die lapidare Ansage, dass man zu den laufenden Verfahren nichts weiter sagen könnte.
    Ich wusste lediglich, dass sie noch eine zweite Wohnung von Robert im Fuchsbau gefunden hatten, mit jeder Menge interessantem Material und seinem Computer.
    Bis Valle endlich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, musste ich noch lange warten, aber dann war es endlich so weit.
    Zwei Monate liegt diese schreckliche Halloween-Nacht jetzt zurück und Valle und ich stampfen Hand in Hand mitten durch einen Friedwald in der Nähe von Erbach. Ich kann Valles Hand gar nicht wirklich spüren, weil wir beide dicke Fellhandschuhe tragen, trotzdem möchte ich sie nicht loslassen, sondern für immer festhalten.
    Meine Wangen sind taub von der Kälte, aber unter meiner Mütze ist es warm. Unsere Atemluft verwandelt sich sofort in kleine Wölkchen, die vor uns herschweben.
    Es ist wunderbar still hier. Außer dem Knirschen des Schnees unter unseren Schuhen hört man nur weit entfernt einen Raben krächzen und manchmal ächzt ein Ast unter der Last des Schnees.
    Über uns, fast schon in den Baumkronen der Buchen und Kiefern, hängen schwere graue Wolken. Es wird heute bestimmt noch schneien.
    »Hier ist es.« Valle bleibt plötzlich stehen und zeigt auf den Stamm einer mächtigen Buche. Weil sich der Schnee hier mindestens einen Meter hoch auftürmt, kann man gerade noch die Plakette auf dem Stamm sehen. »Leon Berger.«
    Valle seufzt. »Ich bin jetzt schon älter als er.« Er lässt sich in den Schnee fallen, zieht mich mit und wir lehnen uns an den Stamm der Buche.
    »Aber immerhin hast du es geschafft, seinen Tod aufzuklären – sein Mörder kommt ins Gefängnis. Obwohl man Robert den Mord an Leon nie beweisen können wird.« Ich balle die Hände. Diese Tatsache wird mich wohl nie loslassen.
    »Nur weil du so genial warst und mich auf Tollwut hast untersuchen lassen. Ich wäre nie auf diese Idee gekommen, schließlich bin ich geimpft. Nach Leons Tod haben mich meine Eltern gegen jede Seuche der Erde impfen lassen.« Valle greift in den Schnee und formt einen Schneeball.
    »Von wegen genial. Ich wusste ja auch nichts von deiner Impfung, genauso wenig wie Robert.« Der Gedanke bringt mich immer noch zum Lachen. Wie erschüttert Robert gewesen sein muss, als er davon gehört hat. »Aber wir hatten großes Glück. Hätten die Ärzte auch nur eine Stunde später angefangen, nach Spuren des Fuchsimpfstoffes zu suchen, wäre nichts mehr vorhanden gewesen. Das Fieber hätte alle Hinweise im Körper vernichtet. Und man hätte Robert den Mordversuch an dir nicht mehr nachweisen können.«
    Valle wirft den Schneeball an einen Baumstamm. »Komm, hier ist es zu kalt.« Er reicht mir seine Hand, dann hält er plötzlich inne. Seine Augen fangen an zu leuchten. »Dreh dich ganz langsam um«, flüstert er, »dahinten steht ein Reh.«
    Ich drehe mich um, sehe aber nur noch, wie es davonhuscht.
    »Wie schade.«
    Das Reh erinnert mich an Leons Briefe. »Warum war dein Bruder überhaupt in diesem Internat hier im Odenwald?«
    »Weil er in den Augen meiner Eltern schwer erziehbar war. Er hat ständig geklaut und hing mit Halbstarken zusammen.
    Aber für mich war er einfach nur der beste Bruder der Welt. Sie haben es sich nie verziehen, dass sie ihn dorthin gebracht haben. Und ich glaube, ich hätte sogar die Kronjuwelen stehlen können, sie hätten nicht noch einmal den gleichen Fehler gemacht.«
    Seine Seehimmelaugen sind dunkel geworden. Ich zögere, doch dann greife ich in meinen Mantel und hole das Handy heraus. Irgendwie fühle ich mich auf einmal ganz komisch. Vielleicht ist es keine gute Idee, es jetzt anzuschauen.
    »Was ist das
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