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Hoellenflirt

Hoellenflirt

Titel: Hoellenflirt
Autoren: Beatrix Gurian
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an die Dunkelheit gewöhnt haben, kann ich die vielen Scherben schimmern sehen, außerdem nehme ich den schalen Geruch von Bier wahr. Ich versuche, mich aufzurichten, durch den rechten Fuß jagt ein stechender Schmerz, als ich ihn belaste, und es knirscht unter den Sohlen, als ich aufstehe. Okay, ich lebe also noch, jetzt weiter, Toni, denk an Valle!
    Ich betrachte das Fenster und die Balkontür – nichts, dahinter sind geschlossene Holzjalousien, durch die kein Lichtschimmer dringt. Klar, wenn jemand in der Wohnung wäre, müsste der schon längst hier sein. Oder derjenige in der Wohnung hat von dem Lärm einen Herzinfarkt bekommen.
    Okay.
    Es gibt nur einen Weg, um von hier zu verschwinden: Ich muss die Scheiben einschlagen und hoffen, dass es in der Wohnung ein Telefon gibt.
    Ich schwanke, der linke Arm hängt leblos herunter, mein rechter Fuß tut so weh, dass ich mein Gewicht automatisch auf meinen linken verlagere, wenn ich auftrete. Ich wische das Blut vom Daumen am Kissenbezug ab und greife nach einem der Bierkästen. Mit dem werde ich die Scheiben zertrümmern, ich muss da rein, muss telefonieren, mit der Polizei und der Feuerwehr, dem Notarzt...
    Mühselig humpelnd gehe ich ein paar Schritte zurück und hole mit dem Bierkasten weit aus.
    Licht.
    Da dringt Licht durch die Jalousien, ich lasse den Bierkasten wieder sinken und in diesem Moment zieht eine wunderschöne junge Frau mit Kopfhörern auf ihren dunkelbraunen Wuschellocken die Jalousien der Balkontür hoch und starrt mich und all das Chaos entsetzt an.
    Wahrscheinlich habe ich sie genauso entsetzt angeschaut, denn sie lächelt trotz meines Aufzugs und trotz der Bescherung hinter mir und macht dann die Tür auf. Sie nimmt ihre Kopfhörer ab, streckt mir ihre Hand entgegen und zieht mich hinein. Ich humple hinter ihr her.
    »Wusste das ich nicht, dass Tom hat Mädchen auf Balkon versteckt. Ich bin Malina aus Bosnien.« Sie zeigt auf die Wohnung hinter sich. »Das mache ich sauber, zweimal die Woche immer von sechs bis acht Uhr abends.«
    Dann mustert sie mich genauer, entdeckt den blutenden Daumen, und als sie die Spuren von den Fesseln sieht, wird ihr Gesicht hart. »Wer hat das getan?«
    Und der Ton ihrer Frage macht, dass ich mich auf einmal sehr, sehr klein fühle und schwach, so unendlich schwach, als ob alle meine Knochen geschmolzen wären. Am liebsten würde ich mich in ihre Arme werfen und trösten lassen, aber Valle braucht mich.
    »Ich rufe ambulanzia«, sagt Malina in einem sehr energischen Ton.
    »Bitte, zuerst muss ich telefonieren.«
    »Nema Problema! Aber dann . . .« Malina dreht sich um und geht voran, ich folge ihr, wobei mich jeder Schritt wahnsinnig viel Kraft kostet.
    Als Erstes rufe ich Kati an. Sie nimmt sofort ab.
    »Toni! Wir warten schon seit einer halben Stunde auf dich.«
    »Wir?« Eine schreckliche Ahnung beschleicht mich.
    »Robert ist bei mir. Wir wollten gerade zusammen in den Keller von Schwallfis Kanzlei gehen.«
    »Neinnein, das darfst du nicht, auf keinen Fall, nicht mit Robert. Warte, bis ich komme!«
    »Bist du jetzt völlig durchgeknallt? Ich rede von Robert, deinem Ex. Er sagt, ihr habt bei Valle Beweise dafür gefunden, dass Thor und Giltine irgendwas Fürchterliches getan haben.
    »Nein, Kati, nein! Du darfst mit Robert nirgendwohin gehen! Wo bist du jetzt?«
    »Vor der St.-Angela-Kirche.«
    »Warte dort, bis ich bei dir bin. Kati, du erinnerst dich doch daran, dass Thor und Giltine ihren Meister um Erlaubnis gefragt haben, bevor sie deine Haare abrasiert haben?«
    »Ja.«
    »Deine Haare sind hier in Roberts Wohnung, Robert ist der Meister. Bitte geh nirgends...«
    Es knackt.
    Verdammt, verdammt, verdammt.
    Malina reicht mir ein Glas Wasser und verbindet mir dann den Daumen mit einem weißen Tuch.
    »Schlimm?«, fragt sie.
    »Sehr schlimm.« Ich nehme einen Schluck, dann wird mir klar, dass ich das allein jetzt nicht mehr schaffen kann, ich brauche sofort Hilfe. Professionelle Hilfe.
    Ich muss den Einzigen anrufen, dem die Polizei glauben wird, den Einzigen, der in der Nähe von Valle und Kati ist und ganz sicher dafür sorgen wird, dass ihnen nichts geschieht. Den Einzigen, der dafür sorgen kann, dass Mama sich nicht zu Tode erschreckt.

2 1
    »Besonders köstlich waren seine läppischen Versuche, ihr zu erklären, was es bedeutet, Satanist zu sein, ohne auch nur den Hauch einer Ahnung davon zu haben, was es wirklich heißt. Leider haben wir zu viel gelacht und zu spät überprüft, wer er wirklich war.«
    W
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