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Hoellenflirt

Hoellenflirt

Titel: Hoellenflirt
Autoren: Beatrix Gurian
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Nachttischchen und schaut mich dabei aufmerksam und freundlich an. Was er da sieht, veranlasst ihn dann doch dazu weiterzureden.
    »War Ihr Freund etwa in Indien? Ich habe gehört, hier gab’s mal einen Fall, der in Indien von einem tollwütigen Hund gebissen worden ist. Aber wenn sich die Symptome erst mal zeigen, kann man nichts mehr machen. Teuflische Sache...«
    Ich bin froh, dass ich wieder liege, denn plötzlich zittere ich am ganzen Körper, aber nicht wegen der Anstrengung.
    »Es war doch zu viel für Sie. Hoffen wir, dass die Schwestern das nicht mitkriegen.«
    »Ich werde natürlich schweigen wie ein Grab.« Toller Vergleich, Toni, spitze! »Aber ich hätte noch eine Bitte. Als ich eingeliefert wurde, hatte ich einen Kopfkissenbezug dabei, in dem sehr wichtige Sachen waren. Wissen Sie, wo der ist?« Und um ihm einen Gefallen zu tun, spieße ich ein paar Spätzle mit der Gabel auf und schiebe sie mir in den Mund.
    Der Pfleger beobachtet das wohlwollend. Aber zu meiner Frage zuckt er mit den Schultern. »Keine Ahnung. Vielleicht hat ihn jemand in den Schrank gepackt. Soll ich mal nachsehen?«
    »Bitte!«
    Er geht zu dem Schrank hinter der Tür und findet den Sack auf Anhieb. »Das klappert ja ganz schön.« Er späht neugierig hinein und schüttelt anschließend den Kopf.
    »Oh, das geht allerdings nicht. In unserer Klinik ist absolutes Handyverbot.«
    »Aber ich will gar nicht telefonieren.«
    »Trotzdem: Das schließen wir lieber im Schrank der Oberschwester ein.«
    Er holt das Handy aus dem Sack und pfeift dann laut. »Mann, das Teil muss ja mindestens hundert Jahre alt sein. So eins hatte ich auch mal, als das gerade aufkam mit den Videos. War echt cool, ich glaube 2004 war das...«
    Großartig, denke ich, super.
    »Damit kann man nicht mehr telefonieren«, beeile ich mich zu versichern, »da sind nur ein paar Sachen drauf, die ich lie be. Bilder von Valle. Wir sind schon so lange zusammen...« Ich versuche es mit meinem nettesten Hundeblick. »Bitte.«
    Er reicht mir den Sack. »Wenn die Oberschwester das sieht, ist es ganz schnell weg. Apropos, ich muss dringend weg, ich bin schon wieder im Verzug, bis heute Abend dann.«
    Damit stürmt er aus dem Raum.
    Und ich mache mich über den Kissenbezug her.

2 2
    »Ein elementarer Fehler, den zu beheben, ich nur eine Möglichkeit sehe. Denn Valentin Behrmann heißt in Wirklichkeit Berger und ist der Bruder von Leon und er hatte nur ein Ziel – uns zu vernichten. Das werde ich verhindern und ich habe auch schon eine schöne Idee.«
    I ch benutze meinen gesunden Arm, um in den Sack zu greifen, was aber nicht so einfach ist, weil die Schläuche des Tropfs im Weg sind. In dem Sack sind Fotokopien, ein schwarzes Ledernotizbuch, das alte Handy, die DVDs, die Valle aufgenommen hat, und eine kleine Box mit Latexhandschuhen. Aber keins von den Dingen, die Robert mit den Gummihandschuhen aus dem Schrank geholt und in dem Beutel verstaut hat.
    Merkwürdig.
    Das Handy lege ich zurück, das muss warten, bis ich sicher sein kann, dass niemand reinkommt.
    Da schießt mir etwas durch den Kopf. Das Handy ist von 2004. Leon ist 2004 gestorben. War das etwa seins?
    Ich schalte es ein. Nichts.
    Nichts.
    Verdammter Mist!
    Ich versuche es wieder und wieder, aber es passiert nichts. Entweder es funktioniert tatsächlich nicht mehr oder der Akku ist leer.
    Na toll, und wo kriege ich ein Ladegerät für so eine alte Mühle her?
    Ich packe das Handy in die Schublade im Nachttisch und da fällt mir zum ersten Mal auf, dass ich auch ein Telefon am Bett habe.
    Entschlossen packe ich den Kissenbezug beiseite. Jetzt muss ich erst einmal Kati anrufen und fragen, wie es ihr geht, schließlich habe ich sie seit diesem Albtraum gestern Abend weder gesehen noch gesprochen. Während ich ihre Handynummer wähle, merke ich, wie sich mir die Kehle zuschnürt. Was, wenn sie mich jetzt hasst?
    »Lilsis!«, schreit sie in den Hörer. »Du bist wach! Ich wollte eigentlich im Krankenhaus sein, aber ich muss heute zum BR. Erzähl schon, wie geht’s dir?«
    »Das wollte ich eigentlich von dir wissen.«
    »Von meinem zerstörten Ego mal abgesehen, ganz gut.«
    Ich schlucke. Ich fühle mich so schuldig. »Aber die kurzen Haare stehen dir«, beeile ich mich zu versichern. »Wirklich.«
    »Ach das.« Kati klingt tatsächlich so, als würde sie grinsen. »Nein, die wachsen ja wieder. Ich meinte eigentlich Robert. Ich habe wirklich geglaubt, er wäre in mich verliebt.«
    »Wir sind alle auf ihn reingefallen.«
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