Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hoellenflirt

Hoellenflirt

Titel: Hoellenflirt
Autoren: Beatrix Gurian
Vom Netzwerk:
Ich nehme meinen ganzen Mut zusammen und frage sie das, was mich am meisten bedrückt: »Hat... also...ich meine, hat er dir nach meinem Anruf an dem Abend etwas angetan?«
    Kati seufzt. »Als wir unten im Keller waren, hat er seine Waffe rausgeholt und mich damit gezwungen, mich auf einen Altar zu legen. Dort hat er mich gefesselt. Ich bin sicher, dass er eigentlich etwas anderes geplant hatte, aber plötzlich stand Schwallfi mit zwei Polizisten im Schlepptau vor uns. Schwallfi ist ausgerastet, als er mich so gesehen hat, und hat sofort Anzeige gegen Robert erstattet, wegen ich weiß nicht wie vieler Verbrechen. Er war unheimlich cool.«
    »Und... Mama?«
    »Sie steht immer noch unter Schock und bekommt Beruhigungsmittel. Als sie dich im Krankenhaus gesehen hat, ist sie zusammengeklappt. Sie macht sich Vorwürfe, weil sie denkt, sie hätte sich nicht genug um uns gekümmert.«
    »So ein Blödsinn! Sie hätte doch nichts davon verhindern können.«
    »Das sagt Schwallfi ihr auch ständig. Du weißt schon, so Pubertätszeug und dass man seine Kinder ja nicht einsperren kann.« Kati lacht. »Ich finde, die beiden sollten endlich heiraten. Du, ich muss jetzt Schluss machen. Ich komme gleich nach dem BR vorbei, okay?«
    Nachdem ich den Hörer auf die Gabel gelegt habe, fühle ich mich plötzlich sehr allein, ich wünschte, sie könnte jetzt bei mir sein und würde mir helfen, diese Unterlagen durchzusehen. Ich denke an Valle, der nebenan schläft.
    Wie gut ich es habe, dass meine Schwester lebt!
    Ich setze mich im Bett auf und schiebe entschlossen das kalt gewordene Gulasch zur Seite.
    Ich beginne mit den Fotokopien. Es sind Kopien von Personalausweisen, ein Ausweis zeigt Thors Foto. Als Name ist Karl-Heinz Friedrichsen angegeben. Ich grinse breit. Das passt schon viel besser zu diesem Bruce Willis für Arme.
    Der andere Ausweis zeigt Giltine, die in Wirklichkeit – und jetzt würde ich tatsächlich gerne laut lachen, wenn es in der Schulter nicht so wehtun würde – Gundula Geppert heißt. Wo sie den Namen Giltine bloß herhat?
    Dann schaue ich in das Notizbuch, und als ich anfange zu lesen, hoffe ich wirklich, dass Robert nie wieder aus dem Gefängnis herauskommt. Da gibt es Liedtexte der Grunks, aber auch perverse Ideen für Ritualmessen. Einer der harmloseren Einfälle liest sich so:
    »Den Novizen sollen Blutegel angesetzt werden, die wer den dann mit dem Ritualschwert geschlachtet und alle trinken deren Blut.«
    Daneben sind die Bestelladressen von Blutegelversandhändlern aufgelistet.
    Ich muss mich kurz ausruhen und die Augen schließen. Ich werde wohl nie verstehen, wie ich so auf Robert reinfallen konnte. Ich war ihm einmal nahe gewesen und habe nichts, absolut gar nichts von seinem kranken zweiten Gesicht bemerkt. Und ich frage mich, ob ich jemals wieder meinem Gefühl vertrauen kann.
    Doch dann drängt es mich weiterzulesen, ich will jetzt alles wissen.
    Als Nächstes sind zwei Ablehnungsbescheide von satanischen Gruppen ins Notizbuch eingeklebt, doch den meisten Raum nimmt ein Manuskriptentwurf ein, den ich sofort neugierig zu lesen beginne.
    »Ich – Teufel und Gott der Sieger«
    Besiegelt wurde sein Schicksal mit dem Fuchs. Oben im Wald am Abend des 31. Oktober. Er tauchte aus dem Nichts auf, stand unbeweglich im kahlen Unterholz, seine Augen dunkel funkelnde Sterne, die zu mir herüberstarrten. Unablässig troff Speichel aus seinem Maul. Ich wusste sofort, es war so einer...und das war kein Zufall.
    Ich war sicher, dieser Fuchs war ein Geschenk von IHM, denn wo hätte ich sonst diesen speziellen finden sollen? Das war ein Zeichen seiner Gunst. Er wollte, dass ich eine besondere Strafe vollziehe, eine, die meine Macht manifestieren würde.
    Er war nicht der erste Fuchs, den ich bei meinen Meditationen im Wald getroffen habe, aber bei Weitem der schönste. Im gerade erst aufstrebenden Licht der Dunkelheit flammte sein Fell rot auf, die spitze Schnauze zitterte beim Geruch des frischen Blutes.
    Er witterte das frische Blut an meiner Hand. Ich wusste, ich würde schnell sein müssen. Sehr schnell und achtsam. Kein Zögern jetzt, wenn man sein Zeichen erkannt hat, muss man handeln.
    Natürlich hatte ich Angst. Köstliche, unglaubliche Angst wogte durch meinen Körper, durchglühte mich. Noch nie habe ich die Angst vor der Angst verstanden. Angst macht frei, löscht alle Bedenken, Angst macht dich zum Tier der Nacht.
    Ich suchte mir einen kleinen und einen mächtigen Ast, den ich selbst kaum heben konnte.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher