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Hoellenflirt

Hoellenflirt

Titel: Hoellenflirt
Autoren: Beatrix Gurian
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Sofort verschwindet sein Grinsen, er packt meinen Fuß noch in der Luft, ich gerate ins Taumeln, drehe mich, entwinde ihm mein Bein und trete noch mal zu, er muss loslassen.
    Und da verliert er plötzlich ohne Vorwarnung das Gleichgewicht und knallt mit dem Kopf gegen die Wand, rutscht an ihr entlang und stürzt zwischen Aufzugstür und Parkhaus.
    Regungslos bleibt er liegen.
    Mir wird eiskalt. Das kann doch nicht sein! Ich beuge mich entsetzt über ihn, da sickert etwas Rotes, Klebriges zwischen seinen dunklen Haaren hervor. Blut.
    Ich zucke zurück.
    Hektisch schweift mein Blick durchs Parkhaus. Weit und breit keine Menschenseele zu sehen. Am liebsten möchte ich laut um Hilfe schreien, doch aus meiner Kehle dringt kein Laut.
    Ich fühle mich wie gelähmt, kann mich nicht bewegen, kann keinen klaren Gedanken fassen. Einen Moment lang starre ich vor mich hin, sehe diesen Detektiv, der wie tot vor meinen Füßen liegt, oder atmet er doch noch? Ich schaffe es nicht, mich zu seinem Gesicht herunterzubeugen. Stehe wie eingefroren in diesem Aufzug, diesem Parkhaus. Warum bewegt sich dieser Typ noch immer nicht?
    Toni, du Idiot, du musst Hilfe holen. Schnell. Wo ist bloß mein verdammtes Handy? Meine Hände zittern so, dass ich kaum die Tasten treffe, dann halte ich inne. Ich muss hier erst mal weg.
    Vorsichtig steige ich über den regungslosen Körper und dann sprinte ich los. Renne das Parkhaus runter, renne von Kartoffel zu Tomate zu Artischocke und Aubergine und raus, nichts wie raus.
    Ich brauche einen Krankenwagen, der Notruf, gleich, wenn ich auf der Straße bin.
    Und dann bin ich draußen. Kalte Herbstluft schlägt mir entgegen, legt sich wie ein feuchter Waschlappen auf mein Gesicht und bringt mich ein bisschen zur Besinnung.
    Ich bin in einer Seitenstraße gelandet, hinter mir, im offenen Eingang zum Parkhaus streitet sich ein älteres Paar, wer von ihnen den Parkschein eingesteckt hat.
    Soll ich sie ansprechen, fragen, ob sie mir helfen?
    Nein, auf keinen Fall! Ich ziehe das Handy aus meiner Hosentasche – oder vielleicht ist eine Telefonzelle besser, ja, am besten rufe ich von einem öffentlichen Telefon aus an. Ich renne ein Stück die Straße entlang, eine Telefonzelle, bitte eine Telefonzelle.
    Plötzlich stellt sich mir jemand in den Weg. Erschrocken bleibe ich stehen.
    »Valle?«
    »Wollte bloß mal sehen, ob du’s wirklich getan hast.«
    Ich nehme die CDs aus der Tasche und werfe sie ihm vor die Füße. Silberne Monde, die im Licht der Straßenlaternen aufblitzen und dann wie billige Konservendosen auf dem Asphalt scheppern.
    »Hey, spinnst du? Was ist denn los?«
    »Was los ist?« Ich fange hysterisch an zu weinen, wünsche mir, Valle würde seine Arme um mich legen, würde dafür sorgen, dass alles gut wird, aber er steht einfach nur da.
    »Sie haben mich erwischt, ich bin weggelaufen und dann war dieser Detektiv hinter mir her.« Meine Stimme hört sich ganz seltsam an, als würde sie nicht zu mir gehören. »Und dann lag er da plötzlich...eswar ein Unfall ...erhat mich...ich habe ihn getreten...erist verletzt, aber da war Blut...«Ich gerate ins Stocken. Die Tränen strömen mir übers Gesicht.
    Endlich legt Valle eine Hand auf meine Schulter. »Jetzt mal langsam, meine kleine Rebellin...«Er zieht mich an sich.
    »Nicht langsam! Wir müssen einen Krankenwagen rufen!«
    »Nein, wir müssen gar nichts.« Valle drückt mich fest an sich und flüstert in mein Ohr. »Du gehst jetzt nach Hause und beruhigst dich. Ich werde mich um alles andere kümmern. Wo liegt er denn?«
    »Bei den Kartoffeln.« Plötzlich muss ich kichern, hyste risch, ich halte mir die Nase zu, um aufzuhören, drücke meine Schultern durch.
    Valle streicht über mein Gesicht, wischt dabei das Nasse mit seinem Handrücken weg und schüttelt leicht seinen Kopf.
    »Wo genau befindet sich der Mann?«
    Ich erkläre es ihm, endlich bekomme ich mich wieder einigermaßen in den Griff, es wird alles gut, denke ich. Valle wird ihn finden und den Krankenwagen rufen, ihm können sie ja nichts, er hat schließlich nichts geklaut, Valle kriegt das hin.
    Er rennt davon, ich sehe ihm hinterher, bete, dass nichts wirklich Schlimmes passiert ist. Plötzlich kommt er noch einmal zu mir zurück und küsst mich beruhigend auf die Stirn. »Mach dir keine Sorgen, Toni, es wird alles wieder gut. Ich kümmere mich darum.«
    Er sprintet los und wenig später verschwindet seine schmale Silhouette im Parkhaus.
    Ich lasse mich auf der Kante des Bürgersteigs
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