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Hoellenflirt

Hoellenflirt

Titel: Hoellenflirt
Autoren: Beatrix Gurian
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nieder, spüre flüchtig, wie kalt sich der Boden durch die Lederhose anfühlt. Ruhiger werden, wieder klar denken.
    Vielleicht war es nur eine Platzwunde, die der Detektiv am Kopf hatte? Eine harmlose Verletzung?
    Und wenn nicht?
    Wenn er wirklich tot ist?
    Dann wird die Polizei nach dem Mörder suchen. Schlagartig durchzuckt mich ein Gedanke: Sie haben Kameras in dem Laden! Der Detektiv hat gesagt, es gibt ein Video, auf dem ich drauf bin! Egal, was Valle jetzt unternimmt, sie werden mich finden, dann bin ich dran!
    Aber es war doch ein Unfall! Einfach nur ein dummer Unfall.
    Mühsam erhebe ich mich vom Bordstein und stolpere los in Richtung U-Bahn und alles, was ich auf dem Weg dorthin denken kann, ist:
    Er wird es wieder in Ordnung bringen. Valle schafft das. Valle kann alles.
    Valle, Valle, Valle.
     
    Ich bin fliegen
    Warst du schon mal verliebt? Ich schätze nein. Du bist noch zu klein. Ich bisher auch nicht. Nicht so. Nicht mit aller Macht. Und wenn ich sage Macht, dann meine ich Macht. Für einen Kuss wäre ich bereit zu sterben. Das klingt reichlich pathetisch, nein, sogar pathologisch. Hier sind viele Pathologische, keine gute Idee von Ihnen mich hierher zu schicken. Aber ich bin nicht mehr böse deshalb, denn ich hätte ja sonst niemals diese Erfahrung gemacht, richte Ihnen also aus, es ginge mir großartig. Ich hoffe, sie machen dir das Leben nicht zur Hölle, obwohl ich gerade anfange zu begreifen, was für ein wunderbarer Ort die Hölle ist.

2
    »Ich war sicher, dieser Fuchs war ein Geschenk von IHM, denn wo hätte ich sonst diesen speziellen finden sollen? Das war ein Zeichen seiner Gunst. Er wollte, dass ich eine besondere Strafe vollziehe, eine, die meine Macht manifestieren würde.«
    D rei Monate früher.
    Für unser erstes Treffen hatte Valle den Biergarten am See-haus vorgeschlagen. Obwohl wir uns mitten in der Woche um drei Uhr nachmittags verabredet hatten, war der Biergarten voller Menschen, die nach einer Woche kalten Regens jetzt die letzten warmen Septembersonnenstrahlen genossen.
    Ich war so aufgeregt, dass mich das aggressive Summen der Wespen, die kreischenden Kinder, das Gelächter und Gebrabbel all der Leute im Biergarten nur noch kribbeliger machten. Selbst der vertraute Geruch nach frischen Brezeln und Zwetschgendatschi, brackigem Seewasser und Softeis konnte mich nicht beruhigen. Wie würde er reagieren, was würde er sagen? Ich hatte keine Ahnung. Bei unserer allerersten Begegnung hatten wir nämlich nicht gerade viel miteinander geredet.
    Es war auf einem Abi-Fest gewesen, bei dem meine Band, die Grunks, einen Auftritt gehabt hatten. Kurz nachdem ich völlig erledigt von der Bühne runterkam und mich durch die tanzenden Menschen schob, sprang er mir plötzlich ins Au ge. Ein schlaksiger großer Typ, seine Haare leuchteten rotbraun wie nasse Kiefernbaumstämme. Er bewegte sich wie ein schwarzer Panther unter lauter harmlosen Kätzchen. Geschmeidig und kraftvoll tanzte er und gleichzeitig entging ihm nichts, als ob er auf der Lauer nach Beute wäre.
    Und dann begegneten sich unsere Augen mitten in dieser rhythmisch zuckenden Menge von Tanzenden.
    Er grinste mich an und kam näher. Und als er direkt vor mir stand, wurde plötzlich alles anders, unser Zusammentreffen war wie eine Naturkatastrophe. Als ob ich bis dahin in völliger Sonnenfinsternis gelebt hätte und jetzt endlich das Licht angehen würde. Dabei hatte er sich nur zu mir heruntergebeugt und mich angeschaut.
    Mich.
    Angeschaut.
    Mit diesen Augen.
    Ein weiter blauer Himmel, der sich auf einem grünen See spiegelt.
    Diese blaugrün schillernden Seehimmel verwandelten meinen Bauch in ein Bündel Wunderkerzen, deren Funkenregen mein altes Ego komplett auslöschte und eine völlig neue Toni hervorbrachte, eine schwindelige, atemlose Toni, deren Haut bei der kleinsten Berührung Blitze abgesondert hätte.
    Und mitten in mein Gefühlschaos hinein fragte er mich, wieso ich in derart lächerlicher Montur herumlaufen würde, ob das irgendjemandem Angst machen solle. Wahre Rebellen würde man an ihrem Sein erkennen, nicht an ihrer Frisur.
    Das war wie ein Schlag ins Gesicht und ich, Toni Freitag, war nach seinem Kommentar sprachlos.
    Lächerlich hatte mich noch keiner genannt.
    Abgefahren: Robert, mein damals Noch-Freund.
    Bescheuert: meine Klassenlehrerin.
    Schmuddelig: meine Mutter.
    Typisch pubertär: Ralfi, Mamas unsäglich toleranter Lebensgefährte, den Kati und ich hinter seinem Rücken immer nur Schwallfi nennen.
    Ich
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