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Hoellenfeuer

Hoellenfeuer

Titel: Hoellenfeuer
Autoren: Peter Conrad
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ohne einen einzigen Laut weit auf und gab die Sicht frei auf eine weite Ebene, die sich dort draußen bis an den Horizont erstreckte.
    Der Anblick dieser weiten, leeren Fläche, auf welcher weder Bäume, Büsche, noch Gras wuchs en, ließ Eleanor erschauern. Kein Tier regte sich dort am Boden, kein Vogel war am Himmel zu sehen. Selbst Wind und Wolken mieden diesen Ort. Nicht einmal Steine oder Felsen gaben der weiten Fläche etwas Eigenes. Die Welt dort draußen war so tot und leer, dass sie etwas zutiefst Erschreckendes an sich hatte. Eleanor blickte zum Himmel. Dort ließen Milliarden Sterne ihr kaltes fernes Licht auf die tote Landschaft vor ihr fallen und erleuchteten den Grund vor ihren Füßen mit einer unnatürlichen Helligkeit, die kaum zum Nachthimmel passen wollte.
    Eleanor schluckte. Sie sah zu den unendlich zahlreichen Lichtpunkten am Himmel auf – es waren viel mehr, als sie je an einem realen Nachthimmel gesehen hatte – und mit einem mal wusste sie, dass jede dieser Welten dort oben Leben besaß.
    Eleanor fühlte sich beinahe bedrängt von dieser unglaublichen Menge an Leben und zugleich wurde ihr bewusst, dass sie als einzige in diesem Universum allein zu sein schien. Allein auf diesem merkwürdigen Planeten, der Teil ihres Traumes war.
    Behutsam schloss sie die Tür wieder und wandte sich um. Sie würde nicht auf diese trostlose weite Fläche hinaustreten, die sich außerhalb des Gebäudes befand. Viel zu beängstigend und deprimierend erschien ihr die Einsamkeit dort draußen.
    Erneut wanderte Eleanor nun durch die Räume in ihrem Traum. Doch auf einmal wirkten die leeren Säle und Kammern trostlos und bedrückend auf sie. Sie waren nichts anderes als ein Spiegelbild der Einsamkeit dort draußen vor dem Gebäude, dessen war Eleanor sich nun bewusst.
    Immer schwerer lastete nun die Verlorenheit auf ihrer Seele. Immer schneller eilte sie nun durch die Räume und so erschrak sie heftig als sie plötzlich eine Stimme hinter sich hörte.
    „Was machst du hier?“, flüsterte die Stimme direkt an ihrem Ohr. Mit einem Schrei wirbelte Eleanor herum und erschrak ein weiteres Mal, als sie erkannte, dass niemand an ihrer Seite gestanden hatte. Stattdessen erblickte sie einen Spiegel an der Wand hinter sich. Sie hätte schwören können, dass der Spiegel nicht dort gehangen hatte, als sie den Raum betreten und sich umgeschaut hatte. Doch nun hing er da. Ein großer, etwas trüber Spiegel, mit einem schweren, vergoldeten Schnörkelrahmen, aus dem sie ein Gesicht anstarrte.
    Offenbar war das Gesicht im Spiegel beinahe ebenso erschrocken durch Eleanors Anwesenheit, wie Eleanor selbst durch diese unerwartete Begegnung.
    Eleanor atmete heftig und taumelte noch einige weitere Schritte zurück. Als sie den riesigen Spiegel endlich ganz überblicken konnte, blieb sie wortlos stehen.
    Noch immer blickte das Gesicht aus dem Spiegel sie an, aber es hatte sich schneller gefasst als Eleanor. Die großen dunklen Augen sahen sie nun ruhig und fragend an, wenngleich der ungläubig geöffnete Mund deutlich zeigte, dass Eleanors Auftauchen an diesem Ort etwas gänzlich Unerwartetes gewesen sein musste.
    „Nun, hat es dir die Sprache verschlagen?“, fragte das Gesicht im Spiegel mit einem Anflug von Belustigung. Ein kleines Lächeln stahl sich auf die Lippen des Gesichtes und bei diesem Anblick setzte Eleanors Herz einen Augenblick lang aus.
    Die Gestalt im Spiegel schien sich der trüben Oberfläche des Spiegels ein wenig zu nähern, beinahe, als habe sie einen Schritt auf Eleanor zu gemacht, und nun erkannte Eleanor die Gestalt eines jungen Mannes, welcher auf sie hinab blickte.
    Es war ein schlanker aber athletisch gebauter Körper, völlig rein und makellos, der dort im Spiegel vor ihr stand, doch Eleanor starrte nur in das Gesicht mit den großen dunklen Augen, welche sie nachdenklich betrachteten. Es war ihr völlig unmöglich, sich von diesen wunderschönen Augen zu lösen, deren Blick auf ihr ruhte, bis ihr bewusst wurde, dass sie noch immer nicht geantwortet hatte. Verwirrt und verunsichert blickte sie zur Seite und hörte ein leises, doch zutiefst angenehmes Lachen über sich. Ein Lachen, dem jede Bösartigkeit oder Häme zutiefst fremd war.
    Das Wesen im Spiegel indes sah vor sich ein junges Mädchen von vielleicht siebzehn Jahren mit langen dunklen Haaren und einer hellen, beinahe bleichen Haut, dessen unsicherer Blick unruhig hin und her huschte. Das Mädchen war nicht unbedingt ungewöhnlich. Selbst in einer
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