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Hölle ohne Hintertür

Hölle ohne Hintertür

Titel: Hölle ohne Hintertür
Autoren: Stefan Wolf
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Wieder
näherte sich vom Talanfang her eine Staubwolke, diesmal geschleppt von einem
grauen Van.
    »Da kommt wer. Sicherlich sind
sie’s. Mach dich unsichtbar, Maria.«

    So schäbig das Haus war — es
verfügte über fünf Räume im Erdgeschoss, darunter eine Kammer an der
Nordostecke. Maria verzog sich dorthin, nahm auch ihren Helm mit und die
Kaffeetasse.
    Als der Van vor dem Haus hielt,
stand Gunnar an den Türrahmen gelehnt und sah den beiden entgegen. Verblüfft
stellte er fest, dass er sie kannte. Adamo und Markus! Die beiden hatten
teilgenommen an der Pokerrunde mit den gigantischen Einsätzen, waren allerdings
vorzeitig ausgestiegen und dann nicht mehr im Raum gewesen. Gunnar hatte sie
nur für Spieler gehalten, trotz ihres bedrohlichen Aussehens. Sie kamen auf ihn
zu.
    Markus nahm seine Sonnenbrille
ab. »Hallo, Korlitzer!«
    »Hallo! Was verschafft mir die
Ehre?«
    Adamo deutete auf den Mercedes.
»Dieser Schrotthaufen ist vermutlich dein Wagen.«
    »Stimmt.«
    »Bei uns bist du mit ‘nem
Ferrari aufgekreuzt.«
    »Der gehört einem Freund. Er
überlässt ihn mir bisweilen.«
    »Das wissen wir inzwischen«,
sagte Markus. »Elnd jetzt machen wir uns Sorgen, ob du deine Schulden pünktlich
bezahlen wirst.«
    »Das werde ich. In genau acht
Tagen.«
    »Dein Freund sagte uns, dass du
kein Hemd auf dem Hintern hast. Wie willst du uns dann die Kohle rüberschieben,
Mann?«
    »Mein Freund weiß nicht alles.
Er weiß von mir nur, was ich ihm sage.«
    »Dass du Kunstmaler bist und
geübter Hungerleider.«
    »Leute, ich kann und werde das
Geld beschaffen. Davon weiß Sascha Dingmann nichts. Muss er auch nicht wissen.
Er ist pleite, und ich müsste befürchten, dass er mich anpumpt. Das Geld würde
ich nie wieder sehen und so innig ist unsere Freundschaft nicht.«
    »Wenn du 400 000 in Reserve
hast, warum wohnst du dann hier?«
    »Mir gefällt es. Ich bin ein
abenteuerlicher Typ. Und wenn irgendwo Staub liegt, dann lasse ich ihn liegen,
denn nach zwei Jahren vermehrt er sich nicht mehr. Hier brauche ich auch nicht
zu befürchten, dass Einbrecher kommen. Außerdem inspiriert (anregen) mich die Gegend. Mein künstlerisches Thema ist der sterbende Planet. Und
das in allen Variationen.«
    »Du bildest dir nicht ein, dass
du abhauen kannst? Die Gambling-Inc. hat noch jeden gefunden.«
    »Keine Sorge. In acht Tagen
habt ihr euer Geld.«
    »Woher kommt es?«
    »Ich hole es.«
    »Woher?«
    »Aus der Schweiz.« Das war
gelogen. Aber er wollte auf keinen Fall eine verfolgbare Spur hinterlassen.
Zumal an seiner prahlerischen Behauptung, er hätte das Geld, kein Wort stimmte.
Er hatte nichts. Und es bestand nur eine sehr schwache Hoffnung, die 400 000
aufzutreiben. Vielleicht musste er seiner Niedertracht die Krone aufsetzen und
etwas tun, für das sich ein weniger abgebrühter Charakter geschämt hätte bis
ans Ende seiner Tage.
    Sie starrten ihn an. Er zuckte
mit keiner Wimper. Coole Lässigkeit war jetzt die richtige Rolle.
    Die Blicke der Knochenbrecher
maßen ihn, als würden sie Länge und Breite abschätzen für ein unauffindbares
Grab in der Pampa. Dann zuckte Markus mit den Schultern und Adamo holte eine
Zigarre aus der Hosentasche. Der Paffbalken war daumendick und etwas verbogen.
Adamo zündete ihn an mit einem Wegwerffeuerzeug, dann gingen beide zum Wagen
zurück ohne ein weiteres Wort, ohne ein Nicken. Gunnar sah dem Van nach. Seine
Befürchtung, sie würden sich im Haus umsehen, war unnötig gewesen. Maria trat
neben ihn, als der Wagen schon fast außer Sichtweite war.
    »Also in der Schweiz hast du
Geld?«
    »Hm. Nicht direkt.«
    »Gunnar, dein Misstrauen ist
beleidigend. Für wen hältst du mich?«
    »Für eine wunderbare Frau, die
ich in nichts hineinziehen werde, das ihr schaden könnte. Also sei nicht so
neugierig, Maria! In einigen Tagen erkläre ich dir alles.«
    Das versöhnte sie nicht. Sie
hatte auf kühl geschaltet. Mit gekränkter Miene stieg sie in ihre Motorradkluft
und griff nach dem Helm.
    »Ich dachte, du bleibst noch«,
meinte er lahm. Er hatte sich die Worte aufgehoben, bis sie angezogen war. Denn
er wollte nicht wirklich, dass sie blieb. Nein, er hatte jetzt was anderes vor.
Er musste dringend telefonieren. Nach Deutschland. Ein Gespräch, das er mit
Engelszungen führen würde, ohne Maria als Zeugin. Und dann — ja, wahrscheinlich
würde er heute noch aufbrechen, spätestens morgen früh. Auch was das betraf,
hatte er seiner Freundin nicht die Wahrheit gesagt.
    »Ich fahr zurück«, sagte
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