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Hölle ohne Hintertür

Hölle ohne Hintertür

Titel: Hölle ohne Hintertür
Autoren: Stefan Wolf
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dir
macht, ist ungesetzlich. Ein Krimineller hat dich offenbar in der Hand. Aber du
darfst das nicht zulassen.«
    »Da ist nichts. Gar nichts. Es
war ein Unfall.«
    »Vor wem hast du Angst?«
    »Es war ein Unfall.«
    »Offenbar setzt er dich
gewaltig unter Druck. Aber der Kerl ist nicht allmächtig.«
    »Es war ein Unfall.«
    Tim sah Klößchen an. »Darf man
einem Kranken eine hinter die Ohren geben oder ist das gegen die Regeln?«
    Das war natürlich nicht ernst
gemeint. Niemals hätte sich Tim an Martin vergriffen. Nicht umsonst ist der
TKKG-Häuptling für seine Fairness bekannt und dafür, dass er sich als David nur mit Goliath anlegt, also als Außenseiter mit dem scheinbar
überlegenen Gegner. Aber Klößchen stand auf der Leitung und blies die Backen
auf.
    »Nee, Tim! Darfst du nicht.«
    »Meine Privatangelegenheiten
gehen niemanden was an«, sagte Martin mit einem Anflug von Trotz. »Es war ein
Unfall, ein Unfall, ein Unfall.«
    Leider kam in diesem Moment
Schwester Gertrude herein mit einer Plastikschale, in der Tabletten lagen.
    »Na, Jungs, über wen lästert
ihr?«
    Tim grinste. »Über alle. Nur
Sie, Schwester, nehmen wir aus. Aber im Ernst, wir haben einen Mordsspaß. Und
Martin sagte eben, bei Ihnen sei das Kranksein direkt ein Vergnügen.«
    »Solche Komplimente höre ich
gern. Aber gesund seid ihr mir lieber. Und jetzt braucht der Patient Ruhe.«
    »Das heißt wohl, wir müssen
gehen?«
    »Morgen könnt ihr ihn wieder
besuchen. Dann ist er auch nicht mehr so wacklig.«
    Tim stand auf und klopfte
Martin auf die Schulter. »Dann bis morgen. Ach, was ich noch fragen wollte: Wer
ist eigentlich Hugo?«
    Gequält erwiderte Martin: »Der
Chauffeur meines Vaters. Schon seit 20 Jahren. Papa hat keinen Führerschein.«
    »Jedenfalls schont er so seine
Nerven. Tschüs!«
    Sie waren schon auf der
Schwelle, als Gertrude sagte: »Hat er auch mit euch gewettet?« Sie lachte auf.
»Manchmal nervt er damit. Ich wollte ihm an den gebrochenen Fingern die Nägel
schneiden, weil die bis zum Verbandswechsel in drei Wochen mindestens um sechs
Millimeter wachsen. Aber Martin wettet darauf, dass es sieben Millimeter
werden.«
    »Wir wetten nicht«, erwiderte
Tim. »Was kriegt denn der Gewinner?«
    »Es geht nur um den
Nervenkitzel.« Martin grinste schief. »Gertrude hat nachgemessen. Ich lasse die
Nägel wachsen, und wir werden sehen, wer Recht hat.«
    Ich glaub’s nicht, dachte Tim.
Spinnen muss man. Aber Wetten sind ja sein Ein und Alles. Nach dem Abitur
eröffnet er sicherlich ein Wettbüro.
    Sie trollten sich und stiegen
die Treppe hinunter.
    Außer Hörweite der
Krankenstation sagte Klößchen: »Er ist ‘ne Mischung aus Memme und Sturschädel.«
    »Ich glaube nicht, dass es
Sturheit ist. Sondern volle Hosen. Angst. Es muss ein lebensgefährlicher Typ
sein, der Martin im Clinch ( Schwitzkasten) hat.«
    »Drogen? Früher war Martin auf
Drogen. Jedenfalls wurde das erzählt. Und er pafft ja auch jeden Tag ‘ne
Schachtel Sargnägel ohne Filter. Dagegen hilft auch das bisschen
Waldlauftraining nichts. Er ist schwächlich. Vielleicht schuldet er einem
Dealer das Geld.«
    Tim schüttelte den Kopf. »Die
schreiben nicht an. Jedenfalls nicht in der Höhe. Außerdem ist Martin clean,
abgesehen von seiner Zigarettensucht. Dafür habe ich ‘nen Blick. Nein, es ist
was anderes. Aber das checken wir noch. Diese Brutalität, diese Körperverletzung
darf nicht ungesühnt bleiben. Sonst steht die Gewalttat als Mahnmal im Raum,
Beispiel und Vorbild für alle Unterwelt-Djangos nach dem Motto: Mit Folter
und Verstümmlung kannst du alles durchsetzen .«
    »Die denken so.«
    »Dem schieben wir einen Riegel
vor — wie von der Kerkertür einer mittelalterlichen Verwahranstalt.«
    »Was hast du vor?«
    »Martin weiter verhören, weich
kriegen, dann handeln. Aber jetzt düsen wir zum Klünitzer See, sonst denkt
Gaby, wir kommen überhaupt nicht mehr.«
    »Am besten, ich nehme alle drei
mit.«
    »Was?«
    »Fang nicht wie Martin an«,
feixte Klößchen. »Ich meine, ich sollte alle drei Badehosen mitnehmen.
Vielleicht kommt mir am See die Erleuchtung, welche total kleidsam für mich
ist.«

4. Die
Schöne auf dem Feuerstuhl
     
    Wie vielerorts in Italien
liegen auch hier, dachte Korlitzer, karge Hässlichkeit und berauschende
Schönheit dicht nebeneinander.
    Er stand vor seinem Haus und
blickte ins grelle Nachmittagslicht. Das Uro-Tal war zweifellos hässlich, und
Gunnar Korlitzer hatte sich dafür entschieden — nein, entscheiden
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