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Hinter Geschlossenen Lidern

Hinter Geschlossenen Lidern

Titel: Hinter Geschlossenen Lidern
Autoren: Joe Waters , Carolin Wagner
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mein Handy auszuschalten, um mich einmal richtig auszuschlafen.
“Oh, nein, Freundchen. Du bleibst jetzt hier sitzen. Diesmal weichst du mir nicht aus. Du hörst dir meine Version der Geschichte an oder du brauchst dich nie wieder blicken zu lassen. Egozentrik , dass ich nicht lache. Wenn hier einer nur mit sich beschäftigt ist, dann bist du es. Du hast ja nicht einmal gemerkt, dass ich mich damals im ersten Semester verliebt habe. Du warst mit der Trauer um deinen missratenen Bruder und deinen Selbstvorwürfen so beschäftigt ...”
“Du warst verliebt?” Davon hatte ich tatsächlich nicht das Geringste mitbekommen. Shit, war ich wirklich so ein schlechter Freund? “Tut mir Leid, Clive, ehrlich. Ich bin ein verdammter Idiot. Kannte ich sie?”
Er schwieg so lange, dass ich schon dachte, er würde mir gar nicht mehr antworten. Dann kippte er auch meinen Bourbon noch runter und ich sah Verzweiflung in seinem Blick, als er sagte: “Ja schon, aber ... ich glaube nicht, dass du dich daran erinnerst. Ich will auch nicht davon sprechen. Jedenfalls seitdem ...”
“Du denkst immer noch an sie?”
Clive zögerte, dann nickte er niedergeschlagen und wirkte fast wieder nüchtern. Also deshalb trank er so viel, um nicht an sie denken zu müssen.
Als ob er einen Blick in meinen Kopf geworfen hätte, fuhr er fort: “Ich hab versucht, es zu ertränken, aber die Liebe ist wie ein Parasit, der sich durch deine Eingeweide frisst, bis dein Inneres so hohl ist und dich so höhnisch angrinst wie eine Kürbis-Fratze an Halloween. Der Alkohol betäubt das Vieh für eine Weile, aber ... irgendwann muss ich wirklich mal was dagegen tun.”
“Gegen deinen Alkoholmissbrauch?”
“Quatsch ...“
Also gegen seine Erinnerungen. “Wenn du sie liebst, warum sitzt du dann hier herum, anstatt alles zu versuchen, sie für dich zu gewinnen?”
Er zuckte mit den Schultern. “Hoffnungslos. Sie will mich nicht.”
“Hast du ihr überhaupt gesagt, was du fühlst?”
Clive richtete sich auf und zischte: “Mann, sie liebt jemand anderen, klar?”
“Also nicht! Du hast ihr nichts gesagt. Dann brauchst du dich nicht zu wundern. Für einen Feigling hätte ich dich wirklich nicht gehalten.”
Jedem, der ihm mit solch einem Spruch kam, hätte er schon längst eine reingehauen, aber jetzt winkte er nur müde ab. “Das geht dich nichts an.”
“Und wenn sich das mit dem anderen inzwischen erledigt hat?”
Clive sog scharf die Luft ein. War ihm dieser Gedanke noch nie gekommen? Mit angehaltenem Atem stierte er mir minutenlang in die Augen, als läge dort die Antwort verborgen. Dann ließ er sich erschöpft in den Sessel zurück sinken.
“Hat es nicht.”, sagte er matt und fuhr plötzlich auf. “Sag mal, könntest du mich bitte damit in Ruhe lassen? Ein für alle Mal, ich will nicht darüber sprechen, kapiert?”
Verdammt, er hatte doch damit angefangen und jetzt zickte er rum.
“Ich glaub, du gehörst ins Bett. Ich bring dich rauf.”, sagte ich, stand auf und versuchte, ihn aus dem Sessel zu ziehen. Nach einigem Hin und Her kam er zwar auf die Beine, taumelte aber und ich musste mir seinen Arm über die Schultern ziehen und ihn um die Hüften packen, damit er mir nicht wieder entglitt. Als ich mir mit ihm einen Weg zwischen den Tischen hindurch bahnte, warf ich einen letzten Blick hinüber zur Bar. Der Olivier-Martinez-Typ war verschwunden, was mich irgendwie enttäuschte. Aber eigentlich war ich froh, der Versuchung auf so einfache Weise entronnen zu sein.

Zwei
    Es war nicht leicht, Clive in den Fahrstuhl zu bugsieren und noch schwieriger, heil mit ihm aus dem Teil wieder herauszukommen. Clive war fast zwanzig Zentimeter größer und gefühlte fünfzig Kilo reine Muskelmasse schwerer als ich und seine Beine knickten immer wieder unter ihm weg. Ich hatte es gerade geschafft, ihn zur Lift-Tür zu schleppen, als sie mit einem unschuldigen ‘Ping’ zu glitt und mir gegen die Hüfte knallte.
    Clive musste sich alle Rippen blau geschlagen haben, denn er hing quer an meinem Hals, Beine noch drin im Aufzug, Kopf schon draußen. Die Tür schrak zurück, ‘Ping’ und attackierte uns erneut, ‘Ping’!
    Clive stöhnte nur unwillig. Ich zog und zerrte erfolglos und erst nach dem wohl zehnten ‘Ping’ wurde er durch den Schmerz soweit wieder klar, dass ich ihn und mich endlich aus den Fängen der Aufzugtür befreien und den Flur herunter schleppen konnte, ohne mir einen Bruch zu holen.
    Dafür war er dann leider auch aufnahmefähig genug, um den
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