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Hinter Geschlossenen Lidern

Hinter Geschlossenen Lidern

Titel: Hinter Geschlossenen Lidern
Autoren: Joe Waters , Carolin Wagner
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mehr so gut. Was nicht verwunderlich war. Mein Männergeschmack war noch nie besonders treffsicher. Da hatte ich sogar mit Clive mehr Gemeinsamkeiten, dachte ich plötzlich.
    Clive wusste natürlich, dass ich mit jemandem zusammen war. Allerdings ließ ich ihn wohlweislich in dem Glauben, ‘Dani’ sei eine Abkürzung für Daniela. Wenn er gewusst hätte, dass ‚Dani‘ fast zwei Meter groß war mit Händen so breit wie Bärentatzen ...!
    “Sie ist überhaupt nicht eifersüchtig, wenn du so lange unterwegs bist?”
“Hast du eine Ahnung! Es kommt ja nicht so oft vor, dass wir von Boston weg sind, aber dann ruft sie mich auch jeden Abend an.” Um zwei, dachte ich bitter, wenn er aus der Schwulen-Disko kam und ich bereits schlief. Dabei stand er um fünf Uhr schon wieder auf, um in zig Metern Höhe Stahlträger zusammenzuschrauben. Ich argwöhnte schon länger, dass er sich irgendwann die Leber gegen einen Dreiwege-Kat und die Nerven durch zentimeterdicke Kabeltaue hatte ersetzen lassen.
Seufzend riskierte ich einen Blick in den Spiegel hinter der Bar. Schöne dunkle Augen, dunkles halblanges Haar, ein kantiges Kinn, Dreitagebart – genau meine Handschuhgröße. Unsere Blicke trafen sich. Mit seinem spöttischen Lächeln forderte er mich heraus. Seine Zähne blitzten weiß im Licht der Halogenspots über ihm. Vielleicht sollte ich doch ... nein zu gefährlich.
Es war noch nie leicht gewesen, meine wahren Bedürfnisse vor Clive zu verbergen und inzwischen war ich es so gewöhnt, ihm etwas vorzumachen, dass es schon fast zur Routine wurde, keinen Blick zu viel zu riskieren. Dennoch kostete es mich an Abenden wie diesem fast meine ganze Kraft, das zu verleugnen, was mich schließlich unter anderem auch ausmachte.
Clive ist einer der scharfsinnigsten Männer, denen ich je begegnet bin und unsere privaten Gespräche wurden auf diese Weise für mich zum Spitzentanz auf der Schneide eines Samurai-Schwertes. Manchmal hatte ich das so satt, dass ich schon Hundert Mal versucht gewesen war, ihm alles zu erzählen, vor allem wenn wir abends bis spät in die Nacht über unser Lieblingsthema, Wirtschaftsethik, diskutierten und uns dabei langsam betranken. Dann spürte ich es besonders, dass meine fehlende Offenheit zwischen uns stand und mein Geheimnis kribbelte mir im Bauch wie eine Horde Kakerlaken, die zu ihrem Abendspaziergang hinaus wollten.
Was normalerweise schon schwierig war, kam mir jetzt nach drei Wochen mit ihm im gleichen Hotel langsam vor wie Folter. Der Sexentzug vernebelte mir das Gehirn und ich fühlte mich mehr und mehr wie eine läufige Hündin. Ich war so fertig, dass ich wesentlich mehr trank als gewöhnlich. Dabei hätte ich das lieber lassen sollen, denn der Alkohol erleichterte mir die Sache auch nicht gerade.
Im Gegenteil, je länger dieser Typ da an der Bar mich angrinste, desto mehr fing ich innerlich an zu sabbern. Ich wusste, ich brauchte jetzt nur zur Toilette zu gehen und ... aber Clive konnte jederzeit auf den Gedanken kommen, den Whiskey wegzubringen. Von ihm dabei belauscht zu werden, wie ich mich in der Kabine zum Orgasmus stoßen ließ, stand nicht gerade auf meiner Wunschliste.
Clive sah mich aus schmalen Augenschlitzen heraus abschätzig an.
“Dani ist dir also bereits lästig? Warum bist du mit ihr zusammen, wenn sie dir nichts bedeutet?”
Überrascht sah ich auf. Seine Worte klangen scharf, fast aggressiv.
“Ich weiß, es ist inkonsequent. Aber so einfach ist das nicht ... “, sagte ich lahm und Clive verzog verächtlich den Mund.
“Liebt sie dich?”
“Keine Ahnung, wir haben nie darüber gesprochen. Die große Liebe ist es wohl nicht.”
Clive schüttelte verständnislos den Kopf. “Zeitverschwendung! Mit solchen halben Sachen vergeudest du dein Leben. Trenne dich von ihr, dann bist du offen für etwas Neues. Du siehst doch nicht mal, wenn die Richtige direkt vor deiner Nase sitzt.”
Clive war Single. Er sagte immer, er brauche seine Freiheit und bestelle sich lieber ein kuscheliges Lämmchen für den Abend beim Hotelservice. Es sei leichter zu bezahlen und dafür die Nacht in Ruhe allein verbringen zu können.
Geld genug hatte er ja. Allerdings hätte ich ihn anders eingeschätzt. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass er sich mit einer Nutte zufrieden gab. Das war nicht sein Stil. Wenn ich es genau betrachtete, hatte ich ihn eigentlich noch nie mit einer Frau gesehen. Natürlich war er nicht der Mann, der mit seinen Bettgeschichten prahlte, aber dass ich so gar nichts
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