Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hingabe

Hingabe

Titel: Hingabe
Autoren: Peter Postert
Vom Netzwerk:
Doch er kam nicht dazu. Paul hielt mit eiserner Hand seinen Arm fest.
    „Was tust du, Marcus? Du bist ja von Sinnen. Man schlägt keinen wehrlosen Menschen, schon gar keine Frau.“
    „Du hast das auch getan“, knurrte Marcus. Er versuchte, sich nach wie vor loszureißen.
    „Du wirst sie nicht schlagen.“
    Paul wurde immer noch nicht laut, doch seine Worte waren sehr bestimmt.
    „Du hast keine Ahnung, was es bedeutet.“
    Er war für einen Moment unaufmerksam, und diesen Augenblick nutzte Marcus. Er riss seinen Arm los und gleichzeitig sauste sein Arm mit der Gerte hernieder und traf Lena erneut auf ihrem Hintern. Das kam so plötzlich, dass sie laut aufschrie.
    Doch zu mehr kam Marcus nicht. Im nächsten Moment wurde sein Arm herumgedreht, dass es nun an ihm war, aufzuschreien. Er versuchte, sich zu befreien, doch jede seiner Bewegungen führte dazu, dass die Schmerzen sich verstärkten. Nach einigen Versuchen gab er auf. Er hing leicht verdreht in Pauls Gewalt.
    „Lass mich los.“
    Er schnauzte Paul an. Als der nicht reagierte, verlegte Marcus sich aufs Betteln.
    „Lass mich bitte los. Du tust mir weh. Ich will nur das tun, wozu WIR hier sind.“
    Lena blickte erschrocken zu Paul.
    ‚… wozu WIR hier sind?‘, fragte sie ihn mit den Augen.
    „Hör mir zu, Marcus. Es ist richtig, du hast etwas geplant, mich eingeweiht, mich involviert. ICH habe getan, DU hast zugesehen. Doch du hast nie verstanden, was passiert ist. Du hast nie verstanden, worum es geht. Es geht nicht darum, jemandem Angst zu machen, jemandem weh zu tun. Es geht letztlich nicht einmal um Macht.“
    Er machte eine kleine Pause. Und jetzt sprach er zu Lena:
    „Es sollte ein Spiel werden, es sollte spannend sein. Ich fand seine Idee und die Aufgabe mehr als reizvoll. Doch vom ersten Moment an, in der U-Bahn, war es anders. Ich wollte es mir nicht eingestehen. Doch ich habe es direkt gespürt. Und das ist etwas, was über seine Vorstellungskraft hinausgeht.“
    Er deutete mit einer Kopfbewegung auf Marcus.
    „Er wollte zusehen, wollte sich aufgeilen an dem, was er sah, denn er ist dazu nicht fähig und er hat eines nie verstehen können.“
    „Was hab ich nie verstehen können? Dass Lena im Grunde ihres Herzens eine Hure ist? Dass sie sich dem erstbesten Typen an den Hals wirft, nur weil er geschickt mit Worten umgehen kann?“, höhnte Marcus.
    „Siehst du, Lena? Er versteht es nicht.“
    Paul ließ Marcus los und stieß ihn mit einer leichten Bewegung von Lena weg. Er hob die Gerte auf und legte sie aus Marcus‘ Reichweite auf das Bett.
    „Es ist das absolut höchste und größte Geschenk, das eineFrau dir machen kann. Und du schaffst es nicht, es zu verstehen und anzunehmen.“
    Marcus machte eine Bewegung auf Paul zu, beließ es aber bei der Bewegung. Er spürte, dass er Paul nicht gewachsen war. Er wandte sich Lena zu:
    „Du hast alles zerstört. Ich wollte mit dir nach Berlin, aber du wolltest Sex mit jemand anderem. Einfach so. Ohne es mir zu sagen. DU hast alles zerstört. Du allein.“
    Lena schaute ihn ernst an.
    „Marcus. Du hast Recht. Ich habe Sex mit jemand anderem gehabt. Es war nicht geplant. Ich bin nicht stolz darauf, dass ich dich betrogen habe. Aber ich bin mir treu geblieben. Ich habe es dir sagen wollen, du warst nicht mehr erreichbar. Ich wollte dir sagen, was war, und vor allen Dingen, warum. Doch du willst es gar nicht wissen. Du bist nur wütend über mich, dabei hast du mit mir gespielt. Und noch etwas hast du getan. Du hast mir Angst gemacht, du hast mich geschlagen, ohne dass ich es wollte. Damit hast du eine Grenze überschritten, die niemand überschreiten darf.
    Niemand.
    Es zeigt mir auch, dass du nicht verstehst und auch nicht verstehen würdest, was es für mich war und was es für mich ist.
    Fast noch schlimmer für mich ist, dass du planst, dass jemand anderes Sex mit mir hat – ohne mich zu fragen. Dass du planst, dabei zuzusehen – ohne mich zu fragen. Dass du mein Vertrauen so missbrauchst, und genau das ist es, was ich brauche. Um zu lieben. Und um Sex auf diese Art zu haben. Vertrauen. Ich gebe ein Teil von mir – mein absolutes Vertrauen. Und dafür brauche ich etwas, aufgefangen zu werden. Hingabe erfordert Auffangen. Ohne Auffangen – kein Hingeben.
    Ich schicke dir deine Sachen zu. Und dann will ich nie im Leben nochmal von dir hören, lesen oder sehen.
    Nicht ich habe es zerstört – du hast mich bewusst hintergangen, geplant, arglistig. Deine Beweggründe sind mir scheißegal. Das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher