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Hingabe

Hingabe

Titel: Hingabe
Autoren: Peter Postert
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Lena wusste, dass es wahr war. Sie wusste die Antwort, selbst wenn Marcus leugnen würde. Und doch war sie gespannt darauf, was er ihr sagen würde.
    Die Situation hatte sich komplett gedreht.
    Eben noch hatte sie, nackt gefesselt auf dem Bett, ihm zu erklären versucht, wie sie in diese Situation gekommen war. Sie hatte den Wunsch gehabt, er würde verstehen.
    Jetzt war sie immer noch nackt auf dem Bett. Doch sie war es, weil sie es gewollt hatte. Sie hatte ihre Entscheidungen getroffen und stand dazu. Er hatte mit ihr gespielt. Ihr Innerstes nach außen gekehrt. Als hätte Marcus ihr Tagebuch gelesen. Etwas absolut Verbotenes. Etwas in ihren Augen Ungeheuerliches. Nicht, dass das, was sie getan hatte, aller Ehren wert war. Aber sie hatte mehrmals versucht, es ihm zu sagen. Sie wusste nicht, wie ihr geschah, es war wie in einem anderen Film zu sein, aufzuwachen, zu realisieren und „beichten zu wollen“. Marcus hatte mit Vorsatz gehandelt. Mit ihr gespielt. Und vielleicht noch alles mit angesehen. Das fand sie niederträchtig.
    Marcus sagte nichts. Er schaute sie nur an. Sein Blick war nun nicht mehr interessiert und kalt. Sie konnte ihm ansehen, dass er merkte, dass er eine Grenze überschritten hatte.
    „Marcus. Hast du es gewusst? Hast du es geplant? Sei ehrlich zu mir.“
    Er schaute sie an. Lena bemerkte, dass seine Halsader anschwoll, ein Zeichen, dass er sicherlich nicht ruhig reagieren würde.
    „Drei Jahre sind wir zusammen. Alles schien in Ordnung, alles bestens. Und dann habe ich zufällig dein Tagebuch in die Hände bekommen. Ohne es zu wollen. Da habe ich gelesen, wovon du träumst. Ich habe gespürt, es reicht dir nicht, was wir haben. Und da hab ich mich an meinen alten Freund Paul erinnert. Ich habe es arrangiert, denn ich wollte sehen, wie es für dich ist. Und du hast alles mitgemacht. Alles.“
    Er schrie jetzt fast.
    „Du hast mir davon erzählt. Wir wollten zusammenziehen. Und dann ziehst du mit irgendeinem Mann los. Und vögelstihn, wo immer er will. Und jetzt kniest du hier, mit Gerte im Mund. Was hast du gedacht, was hier passiert? Ein Dreier? Harter SM-Sex? Willst du das? Kannst du haben.“
    Mit einem Mal stürmte er auf Lena zu. Sie bekam es urplötzlich mit der Angst zu tun. Marcus rastete total aus. Er baute sich vor Lena auf. Sie schaute ihm fest in die Augen.
    Er hatte in diesem Moment nichts mehr an sich, was sie geliebt oder gemacht hatte. Er war rasend vor Wut und Enttäuschung, sie konnte in seinen Augen nicht ablesen, was passieren würde. Dazu kam, sie konnte sich nicht einmal wehren. Er hob die Hand, sie versuchte, sich weg zu ducken, allein ihre Position, gefesselt, auf dem Bett kniend, erschwerte ihr die Möglichkeit, ihm auszuweichen. Er traf sie leicht im Gesicht, auf der Wange, nicht mit richtiger Kraft, und doch gab es dieses hässlich klatschende Geräusch. Lena kippte zur Seite, ihre Wange tat nicht einmal weh. Sie war mehr überrascht als gekränkt, dass er sie geschlagen hatte. Von allen möglichen Reaktionen war das diejenige, die sie am wenigsten erwartet hätte. Direkt neben Lena lag die Gerte. Marcus fasste danach und ließ sie ein paar Mal durch die Luft pfeifen.
    „Und jetzt bekommst du das, wonach du dich ja immer gesehnt hast. Zwei Männer und harten Sex, willenlos. Richtig?“
    Lena blickte ihn mit tränenfeuchten Augen, schutzlos auf der Seite liegend an. Ihr Blick hatte sich verändert. Sie weinte, weil er nicht verstand. Trauer und Verachtung ließen sie tieftraurig werden.
    „Wenn du mich jetzt demütigen willst, Marcus, dann tu es. Ich kann mich nicht wehren. Und ich will mich nicht wehren. Vielleicht verdiene ich es. Überlege dir nur, was du tust, und warum du es tust.“
    „Überlegen? Was glaubst du, was ich die letzten Tage gemacht habe, als ich mitbekommen habe, was du hinter meinemRücken tust?“
    Der erste Hieb traf ihren Hintern. Quer rüber. Blind geschlagen und nicht gezielt. Lena sog die Luft ein, um keinen Ton von sich zu geben. Als Marcus zum zweiten Schlag ausholte, blickte ihm Lena in die Augen. Sie biss sich auf die Lippen, um nicht laut zu schreien, denn die Spur, die die Gerte beim ersten Hieb hinterlassen hatte, brannte wie Feuer. Doch der Hieb kam nicht. Der Arm, der die Gerte hielt, senkte sich nicht hinab. Er verharrte in der gehobenen Position. Er wurde festgehalten. Paul war da. Er hielt den Arm fest. Marcus versuchte, ohne auf Paul zu achten, mit aller Macht, den Arm loszureißen und seiner Wut freien Lauf zu lassen.
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