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Schwarze Sonne Afrika

Titel: Schwarze Sonne Afrika
Autoren: Leo Frobenius
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Sonnengötter

    »Das Zeitalter des Sonnengottes« überschrieb der dreißigjährige Leo Frobenius das Ergebnis weiträumiger mythologischer Studien. Er konzipierte es als ein Buch der Fragen: Auf welche Weise sind bestimmte Mythen entstanden, wie erklärt sich ihre Beziehung, wie kommt es, daß sie über ganze Kontinente »gewandert« sind? Auf den Spuren nach der Entstehung, Verbreitung und Verschiebung einer im Keim »Solaren Mythologie« machte er die Beobachtung daß die Gestirne in bestimmten Kulturen ihr Geschlecht wechseln.
    Frobenius' besonderes Interesse galt damals, um die Jahrhundertwende, der Kulturwelt des Pazifischen Ozeans. Genauere Karthographische Aufnahmen führten ihn später zu der Schlußfolgerung: Was einst »in ungeheuren Bildern mythischen Denkens im Pazifik zum Ausbruch gelangt war, hatte sich erst nach Westasien und dann durch das Mittelmeer hindurch bis nach Westafrika vorgeschoben.«
    In seiner »Alten Götterlehre« (1926) führte Frobenius aus, daß die von ihm entdeckte westafrikanische Yoruba-Kultur ein Überbleibsel eben jener solaren Periode sei, eine äußerste Umbildung ehemals im Pazifik beheimateter Kulturelemente. Während in Zentralafrika der Mond männlichen Geschlechtes sei und seine Geliebte die Venus, gäbe es im Küstenbereich zwischen Französisch-Westafrika und Kongomündungeinheitlich die Auffassung von der männlichen Sonne, vom »Urei« und andere eigentümliche, den Wanderweg westwärts belegende Mythen.

    »Das Zeitalter des Sonnengottes«, schon 1904 veröffentlicht, war ein gewaltiger Entwurf. Die Hinwendung zur Feldforschung erfolgte im gleichen Jahr. Sie »führte mich hinaus unter andere Völker, in den Bannkreis der afrikanischen Kulturen«. Interessanterweise blieb der angekündigte zweite Band ungeschrieben, vielleicht wegen der überwältigenden Fülle dessen, was Frobenius im Schwarzen Kontinent an Ort und Stelle vorfand. Die Sonne, die vom Himmel heruntergezaubert wird; die Sonne, die als Pferd emporsteigt; die Sonne als der gefangene Dieb; die Gestirne, die alle Tage Streit machen und deswegen am Himmel angebunden werden – in solchen Geschichten sind Mythos, Stammesanschauung und Erzählkolorit aufs Schönste beisammen.
Orun, der Gott der Sonne
    Der Sonnengott Orun ist im ganzen Yorubaland eine der Verehrung nach aussterbende Gottheit. Ich erhielt von den Nordyoruben eine Legende, die das deutlich zeigt.
    Viele junge Leute ein und derselben Familie waren einmal gemeinsam auf der Jagd hinter Antilopen her. Sie vermochten aber kein Tier zu erlegen. Sie hatten sonst immer Jagderfolg, indem sie die Antilopen nicht mit Pfeil und Bogen erlegten, sondern mit Holz nach ihnen warfen. An diesem Tage hatten sie keinen Erfolg. Als sie nun wieder durch den Busch strichen, kamen sie auf einen großen freien Platz. Der Platz war kreisrund und er war sauber und reinlich. Es war kein Messer dazu verwendet worden, ihn zu reinigen. Er war aber ganz sauber. In der Mitte war ein großer leuchtender Gegenstand. Dieser strahlte, und als die Menschen das sahen, wurden sie von Furcht gepackt und liefen, so schnell sie konnten, von dannen.
    Die Burschen liefen nach Hause und erzählten ihren Vätern, was sie gesehen hätten. Die aber kamen zusammen, hörten die Burschen an und sagten: »Was das ist, wissen wir nicht. Es muß jemand zum Babalawo Bei den Yoruba wirft allmorgendlich der Babalawo, d. h. derjenige, der in die Geheimnisse des Ifakults eingeweiht ist, das Oquelle-Orakel. Die entsprechenden Auskünfte, die ihm die Odu (Figuren aus Palmnußkernen oder Kalebassenstücken) geben, beziehen sich auf das Privatleben und die Ereignisse des Tages. – Mehr darüber im Anhang »Das Orakel der Yoruba« gehen.« Es ging also ein Vater zum Babalawo und sagte dem alles. Der Babalawo sagte: »Ich habe diese Sache nun gehört und werde das Oquelle werfen.« Nachdem der Babalawo das Oquelle geworfen hatte, sagte er: »Ihr alle seid von einer Familie. Ihr seid Oma Orun, ihr seid Kinder Oruns. Eure Alten haben Orun Opfer dargebracht. Ihr aber habt ihm kein Opfer dargebracht. Deshalb ist Orun den Burschen im Busch begegnet und hat sich ihnen so gezeigt. Orun will, daß ihr ihmwieder anhängt. Ihr sollt ihm wieder, wie in alter Zeit, Opfer bringen.« Die Leute fragten: »Wie wurde das in alter Zeit gehalten?« Der Babalawo sagte: »Zunächst müßt ihr Asche nehmen. Mit Asche müßt ihr einen großen Kreis streuen. (Es ist das ein Kreis in Bandform, der ungefähr eineinhalb Meter im
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