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Hingabe

Hingabe

Titel: Hingabe
Autoren: Peter Postert
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drückte. Sie konnte für einen Bruchteil seine starken Hände erahnen, seinen Duft noch intensiver einatmen, dann hörte sie IHN sprechen, zwei Worte:
    „Sei bereit.“
    Ihr Atem stockte, in ihr breitete sich Hitze und Erregung aus. Ein Kribbeln am ganzen Körper. Lust erfüllte sie. Es pochte und sie fühlte ein Ziehen in ihrer Schamgegend.
    Gleichzeitig fühlte sie sich völlig entspannt und es war ihr, als würde sie mit ausgestreckten Armen von einer Klippe springen und wissen: ER fängt mich sicher auf.
    Die U-Bahn ruckelte und hielt, Lena öffnete die Augen: Das Gefühl war fort, ER war fort. Sie blinzelte, strich sich mechanisch das Kostüm glatt, verließ im Strom der Menschen die Bahn und strebte dem Ausgang zu. Ihr Arbeitsplatz lag nur wenige Gehminuten von der Haltestelle entfernt. Auf dem Weg gelangte sie in die Realität zurück. Mit einem freundlichen Gruß ging sie am Empfang vorbei und erwischte eben noch einen Platz in einem nach oben fahrenden Fahrstuhl. Der Fahrstuhl leerte sich Etage für Etage, merkwürdigerweise wurde sie von jedem Aussteigenden kurz und scheinbar unauffällig gemustert.
    ‚Ich sehe eben klasse aus‘, lachte Lena selbstbewusst in sich hinein, blickte dann beim Verlassen des Fahrstuhls im Vorbeigehen in den Spiegel, der Frauen durchaus geplant die Möglichkeit bot, ihr Äußeres zu überprüfen – blieb sie wie angewurzelt stehen. Sie stellte einen Fuß in die Fahrstuhltür, damit sich diese nicht schließen konnte und ihr damit einen längeren Blick in den Spiegel erlaubte. Sie hob verwundert die Augenbrauen: Unter ihrem Kostüm zeichneten sich überdeutlich ihre Brustwarzen ab. Steinhart und vorstehend, durch BH, Bluse und Kostümjacke hindurch. Deswegen hatten sie alle angestarrt.
    Sie lächelte kurz, selbstbewusst und doch ein wenig unsicher. Hatte die Nacht mit Marcus ihre Spuren hinterlassen? Oder war es die Begegnung in der U-Bahn, die eigentlich keine war?
    Für einen Moment tauchte eine Klippe auf, sie bereit hinunter zuspringen…
    * * *
    Mit einem freundlichen Hallo betrat sie das Büro – Lenas Wochenalltag begann. Ihre Freundin Marie begrüßte sie überschwenglich. Seit Marie vor drei Monaten mit Jean zusammengekommen war, unternahmen die beiden Freundinnen am Wochenende nicht mehr so viel zusammen, tauschten sich aber umso intensiver unter der Woche im Büro aus. Marie war ein paar Jahre jünger und erlebte mit Jean ihre erste wirklich große Liebe.
    Sie war voller Überschwang und berichtete gerne haarklein von den Wochenenden. Verrückten Dingen mit anzüglichen sexuellen Andeutungen und Details. Lena war alles andere als prüde, doch in ihren Erzählungen deutlich zurückhaltender. Trotz dieser Unterschiede und vielleicht gerade deswegen wussten die beiden fast alles voneinander.
    Marie quetschte Lena aus, so gut es ging, wie das Wochenende mit Marcus verlaufen war. Entgegen ihrer Art war es Lena diesmal ein Bedürfnis, mehr als sonst von dem liebevollen und erfüllenden Sex mit Marcus zu berichten. Maries Augen leuchteten, sie freute sich augenscheinlich mit, sah ihre Freundin aber an und fragte:
    „Ist alles okay bei dir?“
    Lena nickte.
    „Wirklich?“
    „Ja, es war ein wundervolles Wochenende. Doch heute Morgen… ach, ich erzähle es dir nachher in Ruhe, okay? Wir müssen doch gleich ins Meeting.“
    Marie blickte sie eine Weile an, mit einem fragenden Ausdruckim Gesicht, anders als eben.
    „Okay, Süße, wenn du meinst.“
    Sie verließen die Teeküche, sortierten ihre Akten und gingen gemeinsam zum Meeting-Raum.
    Spannende Themen, PowerPoint-Präsentationen, Gewinnerwartungen und Verkaufszahlen – Themen und Vorstellungen, an denen sich Manager und Vorgesetzte tagelang freuen können.
    Maries Aufgabe als Assistentin der Geschäftsführung war protokollierend und für einen reibungslosen Ablauf sorgend – etwas, das sie fast mechanisch und wie im Schlaf perfekt zu erledigen verstand.
    Lena dagegen musste Quartalszahlen vorlegen und erklären, sie konnte sich Ungenauigkeiten und gedankliches Abschweifen erst recht nicht erlauben. Und ihr Boss, Herr Dr. von Hagen, war auch diesmal wieder sehr von ihrem Vortrag angetan: Er schaute zwar ernst, lächelte aber hin und wieder – ein gutes Zeichen.
    Deswegen war sie auch in der Firma die Leiter ein Stück herauf gefallen: Sie war fleißig und genau, kreativ und Argumentieren zählte zu ihren Stärken. Sie verstand ihren Job und hatte dies die letzten zwei Jahre mehr und mehr unter Beweis
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