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Himmelskinder

Himmelskinder

Titel: Himmelskinder
Autoren: Marion Feldhausen
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Morgen warten – bis der Junge allein war.
    Er fuhr in gemächlichem Tempo die Straße entlang, als er einen Pkw gerade vor der Haustür einparken sah. Eine junge Frau stieg aus. Sie gefiel ihm, von dieser Art Frauen fühlte er sich angezogen. Apartes Gesicht, groß, schlank, betont weibliche Kleidung – sein Jagdinstinkt sprang an. Er fuhr langsamer und glaubte, ihren Finger auf der Klingel zum Namensschild seiner Zielperson gesehen zu haben. Neugierig parkte er ein Stück weiter ein und blieb wartend sitzen. Niemand schien ihr zu öffnen. Sie suchte in ihrer Tasche etwas und gab es dann auf, holte stattdessen Block und Stift heraus. Sie schrieb ein paar Worte, riss die Seite ab und klemmte sie hinter das Klingelschild.
    Nachdem sie davongefahren war, las er den Zettel, überlegte und steckte ihn zurück. Er würde warten. Vielleicht würde er heute Abend noch zugreifen können.
    Janne bestellte sich Nudeln, nachdem sie eine Stunde im »Rigoletto« bei Wein und Wasser gewartet hatte. Wer weiß, wo Alvermann sich gerade herumtrieb. Schade! Sie hatte sich vorgenommen, wieder mal, einen Anfang zu machen, nachdem sie ihn neulich nach der wunderbaren Torte gebeten hatte zu gehen. Seine Lüge und sein Eingeständnis hatten ihr zugesetzt, mehr, als sie sich je hatte vorstellen können.
    Wenn er noch kommt, sage ich ihm, dass ich davon nichts mehr wissen will. Es ist ausschließlich seine Sache, und ich werde ihn auch nicht mehr fragen. Vielleicht geht es so?
    Sie stocherte lustlos in den Nudeln herum, als ihr Weinglas in einer männlichen Hand verschwand und sich ihren Blicken entzog.
    »Schön«, sagte sie nur.
    Alvermann setzte sich, nachdem er ausgiebig ihren Nacken verwöhnt hatte.
    »Schade, aber ich komme gerade vom Essen mit dem Jungen.«
    »Aha. Was gab es?«
    »Fisch, leider mit vielen Gräten. Ich sehe dir aber gern beim Essen zu und erzähle ein wenig.«
    Bevor er beginnen konnte, rief Masur an und informierte ihn über die Ereignisse des späten Abends. Alvermann traute seinen Ohren nicht.
    »Masur, du Scheißkerl. Prima gemacht. Ich informiere gleich die van Laack, die soll alles Weitere veranlassen. Da wird sich ja heute Nacht noch so einiges ereignen. Du hast dich natürlich in keiner Weise an unsere Absprache gehalten, das hat ein Nachspiel, mein Freund. Ich denke da an die eine oder andere Kiste Zigarillos.«
    »Das Glück ist mit dem Tüchtigen.«
    »Was zu beweisen war.«
    Und dann berichtete Alvermann in Kürze, wie Bartholdy ihnen wieder entkommen war.
    Dr. van Laack klang hellwach, als Alvermann sich anschließend bei ihr meldete. Auch sie reagierte hin und her gerissen auf Masurs Alleingang, zeigte sich am Ende aber zufrieden mit dem Ergebnis. Sie wollte gleich die Kollegen vor Ort instruieren, ein Sonderkommando zu Agolli schicken und die polnischen Kollegen aufscheuchen, was sicher noch einiges an Energie kosten würde. Alvermann beendete das Telefonat. Hoffentlich würden sie Agolli festnehmen können. Und auf was für ein Elend würden die polnischen Kollegen diese Nacht stoßen?
    Janne hatte währenddessen mit Appetit ihre Nudeln gegessen und Alvermanns Telefonaten gebannt zugehört.
    »Feierabend ist ein Fremdwort für euch, hm, ihr armen Kerle?«
    Sie wollte erst das für beide schwierige Thema meiden, sprach es dann aber doch an. Alvermann hörte ihr zu, obwohl ihn die Müdigkeit fest im Griff hatte. Ihre Akzeptanz war ihm unheimlich.
    »Anstatt aufzuatmen, gehen mir jetzt Fragen durch den Kopf, mit denen ich dich erst gar nicht belästigen will. Es ist wohl so, ich messe mit zweierlei Maß.«
    »Ja«, sagte Janne, »wir können uns trennen oder versuchen, eine offene Beziehung zu führen und schauen, wer zuerst einknickt.«
    Alvermann schaute sie an und dachte, dass Janne es auf den Punkt gebracht hatte, wie so oft.
    »Komm mit zu mir, ich will Frederik nicht allein lassen. Allerdings kann ich dir nur einen todmüden Kerl anbieten, der vermutlich nach zwei Minuten weggeknackt ist. Nimm das dann bitte nicht persönlich.«

60
    Nachdem Alvermann Jannes kleinen Brief gelesen hatte, war er mit dem Jungen nach oben gegangen.
    »Ich treffe mich noch mit Janne auf einen Wein, bin dann bald wieder da. Schlaf gut.«
    Als die Tür hinter Alvermann zufiel, setzte Frederik sich auf sein Bett. Er zog sich die Schuhe und die Socken aus. Alvermann hatte ihm vorhin erklärt, dass die Herrlichkeit hier nicht ewig dauern könnte: Er werde bald wieder eine Schule besuchen müssen. Er hatte gestöhnt und erst
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