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Hilf mir, Jacques Cousteau: Roman (German Edition)

Hilf mir, Jacques Cousteau: Roman (German Edition)

Titel: Hilf mir, Jacques Cousteau: Roman (German Edition)
Autoren: Gil Adamson
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für ein Engelchen er doch sei, und ich muss aus dem Zimmer gehen.
    Ich bin ständig am Jammern, seit Monaten nichts als missgelaunt. Ich stehe in der Küche und beklage mich bei meiner Mutter, während sie Brote schmiert. Sie sagt: »Wenn du unbedingt rumwinseln musst, Hazel, dann geh raus auf die Veranda und winsel dort.«
    Ich bin in der Zwickmühle; einerseits kann ich das Gequengel nicht lassen, andererseits duldet es meine Mutter nicht in ihrer Gegenwart, deshalb resigniere ich und gehe auf die Veranda hinaus. Als die Freundinnen meiner Mutter das sehen, sind sie so beeindruckt, dass sie nach Hause aufbrechen, um dasselbe gleich bei ihren eigenen Kindern auszuprobieren.
    Zurzeit haben die anderen so viel Freude an mir wie an einer Klapperschlange. Alle meine Freundinnen sind über den Sommer weggefahren; ich lungere allein auf der Straße herum und habe nichts, worauf ich mich freuen kann, als den bevorstehenden Besuch meiner Cousins und Cousinen. Ich habe mütterlicherseits ein Überangebot an Cousins und Cousinen, väterlicherseits gar keine. Die Sippschaft jedenfalls, die gleich kommen wird, schreit ständig durcheinander, und der Vater brüllt in einer Tour, sie sollen alle die Klappe halten, und sie reisen in einem Kombi.
    Für mich steht fest, dass ich ein ebenso elendes wie langweiliges Leben führe. Schuld daran ist allein Andrew, inzwischen eineinhalb und eine einzige Nervensäge. Im Moment ist er gerade alt genug, um herumzutorkeln und alles an sich zu reißen, um loszukreischen und mich dann auszulachen, wenn ich zusammenzucke. Alt genug, um überraschend zielgenau zu werfen. Manchmal drücke ich ihm einen Stein in die Hand und richte ihn auf bestimmte Kinder aus, als menschliche Steinschleuder.
    Ich gehe wieder hinein, setze mich hin, starre wütend auf mein Brot und stoße zwischen den Zähnen Gewalt- und Todesdrohungen hervor. Mein Bruder glotzt mich von seinem Hochstuhl herab an. Die Haare stehen ihm senkrecht zu Berge, und er hält einen Löffel in der Hand, mit dem er gern auf sein Plastiktablett einhämmert. Er deutet mit dem Löffel auf mich und sagt etwas Spitzes, Verknotetes.
    »Heiliger Strohsack«, lacht mein Vater. »Er hat Französisch gesprochen!« Er sieht Mum an. »Wir haben aus Versehen ein Franzosenbaby gekriegt.« Unbeeindruckt runzeln meine Mutter und ich die Stirn, während Andrew Spucke über den Tisch sprudelt.
    Da treffen die Cousins und Cousinen ein. Die Wagentür geht auf, und der Hund schießt heraus, dann glitschen die Kinder hervor wie Fische aus einem Eimer. Sie trampeln die Verandatreppe hoch, eine der vielen Schwestern meiner Mutter lacht sich halb tot. Andrew fiept angesichts des schwarzen Getümmels, das auf uns zuwalzt. Ich schlüpfe um den Tisch herum und versuche, durch die Hintertür zu entkommen, gerate aber unter die Pfoten von Brigus, dem Neufundländer, und werde halb erdrückt.
    Das war vielleicht ein Abend. Die Erwachsenen sind sich alle einig, es war echt ein Abend. Auf dem dunklen Rasen flattern immer noch Kindergestalten herum. Mein Vater hat ein paar Wunderkerzen, einen Bumerang und ein langes Taustück ausgegraben. Meine Tante sagt: »Hängt bloß niemanden damit auf.«
    Sie haben den Küchentisch auf die Veranda hinausgeschafft und Kerzen angezündet. Mein Bruder liegt unter dem Tisch in einem Pappkarton, schon halb eingeschlafen; meine Mutter streckt die nackten Füße in den Karton und klopft Andrew mit den Zehen beruhigend an den Rücken. Sie und ich schauen auf den Rasen hinaus, wo jemand auf dem Zaun balanciert und die Mädchen ihre Namen mit den Wunderkerzen ins Dunkel buchstabieren.
    Meine Mutter sagt: »Das Leben ist gut, solange man klein ist.« Da schnaubt ihre Schwester und erinnert sie an einiges. Wie sie einander gebissen, geboxt, mit Besen verprügelt, lebendig begraben haben, wie sie am Treppengeländer hingen, à la Tarzan aus den Bäumen hervorsprangen, stumm miteinander rangen, verbündet in ihrer beiderseitigen Bosheit. Wenn ein Erwachsener sie dabei erwischte, standen sie stramm, fuchsteufelswild, mit pochender Lippe und Gras im Haar. Die Kämpfe waren Privatsache.
    »Auch dir steckt das Kämpfen noch in den Knochen«, sagt sie, und meine Mutter nickt. Einmal hatte ein dementer alter Mann versucht, meine Mutter auf der Straße zu küssen, und bevor sie wusste, was sie tat, stieß sie ihn nieder, so dass er auf der Straße saß.
    »Tut mir furchtbar leid!«, sagte sie und half ihm auf. »Aber Sie sollten keine fremden Frauen
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