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Hilf mir, Jacques Cousteau: Roman (German Edition)

Hilf mir, Jacques Cousteau: Roman (German Edition)

Titel: Hilf mir, Jacques Cousteau: Roman (German Edition)
Autoren: Gil Adamson
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darauf, für ihn etwas mitzumachen. Ich hole die Bratpfanne heraus und brutzle zwei Eier zu schwarzen, verkrusteten Fladen, bis meine Mutter in die Küche gerannt kommt und mir die Pfanne wegnimmt. Ihre langen Arme ragen aus dem Morgenmantel, als wäre sie über Nacht herausgewachsen.
    »Sie ist wieder nach Hause gekommen«, sage ich, und meine Mutter lacht.
    »Und ob!«
    »Könnte es sein, dass du Dad mal verlässt?«, frage ich. Es beschäftigt mich, ob auch mir so etwas passieren könnte – dass meine Mutter in die Wälder verschwindet oder über den See davonrudert.
    »Es gibt schon Dinge, die mich dazu bringen könnten, da will ich dir nichts vormachen. Männer und Ehe haben so einiges an sich, was mir nicht gefällt.« Sie steht kurz da und denkt nach.
    »Nein«, sagt sie dann und stellt einen Teller mit Eiern vor mich hin. »Bei deinem Onkel und deiner Tante liegt der Fall ganz anders. Von ihnen darfst du nicht ausgehen.«
    Das alles hatte ich nicht erwartet. Ich wollte einfach, dass sie »Nein« sagt.
    Ein Sonnenstrahl fällt durch den Baum über mir und wandert über den Teller mit den Keksen, über die silberne Teekanne; ich verfolge ihn, während ich warte, bis der Tisch fertig gedeckt ist und wir anfangen können. Wir haben beschlossen, bis zum Abend zu bleiben. Schließlich ist dies ein historisches Ereignis, der erste Tee auf dem Rasen, seit Netty weg war. Manches macht den Eindruck, als wäre sie nie fort gewesen. Schon liegt an einem Ende des Rasens ein Haufen Brombeerranken mit mehreren kaputten Aluminiumstühlen darauf. Beide Bäder sind kochend heiß geschrubbt worden, und der Kühlschrank steht zum Abtauen offen.
    Netty kommt mit einem Teller über den Rasen, und Castor lehnt sich seufzend zurück und blickt ihr entgegen. Sie trägt einen langen blauen, golden bedruckten Sari und schlauchdicke Armbänder. Ihr Haar ist weiß geworden, viel weißer als Castors Haar, als hätte ihr einiges, was sie in der Welt erlebt hat, einen Schock versetzt.
    »Eines Tages«, hatte sie mir in der Küche zugeflüstert, »willst du vielleicht die Wüste sehen.« Ich blickte ihr in die grauen Augen. Sie roch gut und sprach mit einer leisen, hypnotisierenden Stimme.
    »In der Sahara«, sagte sie, »gibt es so starke Sandstürme, dass du keine Luft mehr bekommst. Und manchmal regnet es so heftig, dass viele Menschen ertrinken.«
    »Sie ertrinken in der Wüste?«, fragte ich.
    »Ach, Hazel, das musst du dir mal vorstellen: Du sitzt in einem Teehaus, es dämmert schon, und auf einmal kommen Männer auf Kamelen daher, Dutzende, und während sie an dir vorbeireiten, schlagen sie auf die Tiere ein – wusch !« Sie lässt ihre Hand an meinem Gesicht vorbeisausen. »Zum Fürchten.« Sie lächelte breit.
    Ich bin in Netty verliebt. Plötzlich sind wir alle in Netty verliebt.
    Und ausgerechnet heute müssen wir nach Hause fahren.
    Keine Kreatur kann so lässig schlendern wie ein Pferd. Seine weißen Flanken leuchten durch die Sträucher, dann tritt es auf den Rasen hinaus, schlendert zum See und taucht das Maul ins Wasser. Ich folge ihm in kurzem Abstand und frage mich, wie es sich losgemacht hat. Es säuft und tritt von einem Huf auf den anderen, steigt immer tiefer ins Wasser, bis es mit seinem Spiegelbild verschmilzt. Unser Auto springt an, dann stirbt der Motor ab, und alles ist wieder still. Das Pferd sieht mich an, ein Wasserrinnsal läuft ihm aus dem Maul, und mich überkommt wieder so ein Gefühl, wie ich es öfter habe. Ich frage mich, wann wir alle einmal verschwinden, getrennte Wege gehen, alles verlieren werden.
    Hinter mir höre ich Schritte und ein kurzes Auflachen. Ich drehe mich um und sehe meinen Onkel auf mich zustürmen, den Schalk im Nacken. Das Pferd bricht zur Seite aus und rettet sich mit ein paar Sätzen aus Castors Bahn, während Castor mich mit erstaunlich starken Armen packt und mit mir weiterrennt; ich kreische, er lacht. Und am Ende des Piers schießen wir beide hinaus übers Wasser, unser Spiegelbild wie ein Raumschiff, das der Erde entgegenstürzt.

Schlimmer als Taxi Driver
    Das Leben ist schön. Ich sitze mit meinem Vater in einem schummrigen Kino, trinke abgestandene Limo und esse Lakritze, und gleich fängt Bambi an. Ich weiß, dass mein Vater, sobald der Film läuft, einschlafen wird. Der Fernseher übt dieselbe Wirkung auf ihn aus, wohl auch der Grund, warum er so bereitwillig mit mir ins Kino geht: Dann kann er schlafen.
    Ich frage ihn: »Gerafft oder gerollt?«, und er antwortet:
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