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Hilf mir, Jacques Cousteau: Roman (German Edition)

Hilf mir, Jacques Cousteau: Roman (German Edition)

Titel: Hilf mir, Jacques Cousteau: Roman (German Edition)
Autoren: Gil Adamson
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dem Spiel geht es darum, welches Tier als Erstes wieder ans Land gelangt. Meine Mutter erhebt vage Einwände, ist aber genauso gespannt wie wir anderen. Wir verfolgen, wie Castor sämtliche Tiere gleichzeitig an den Start schickt. Natürlich gewinnt die Katze, obwohl sie sich erst beißend und kratzend an Castor klammert und er sie mit Gewalt ins Wasser schleudern muss. Wütend, mit angelegten Ohren versucht sie, ins Boot zurückzuklettern, bis Castor sie schließlich mit dem Ruder wegschubst. Trotz der vielen Zeit, die die Katze beim Kampf gegen das Unausweichliche verschwendet hat, schafft sie es als Erste ans Ufer zurück. Scheinbar auf die Hälfte ihrer Größe geschrumpft, hoppelt sie an uns vorbei die Betonstufen hoch und flitzt über den Rasen, um sich unter einen Busch zu verkriechen und uns zu hassen.
    Meine Mutter geht mit mir hinter das Haus, wo der verwilderte, ins Kraut schießende Garten in voller Blüte steht. So sieht er aus, seit Netty gegangen ist, weil sie, mit den Worten meiner Mutter, »von Castors Quatsch die Nase voll hatte«. Dennoch scheinen die Rosen und Weinreben innerhalb der Beete zu bleiben und nicht auf den Rasen hinüberzuwuchern; überall summen Insekten. Wir setzen uns hin und essen Zitronenkuchen, den meine Mutter gebacken hat. Schweigend sitzt sie im Schneidersitz neben mir. Wir legen ein Stück Kuchen ins Gras und sehen zu, wie es schwarz von Ameisen wird. Meine Mutter und ich beobachten beide gern Insekten – aus sicherem Abstand.
    Tage und Nächte verschwimmen ineinander, unterbrochen von Abendessen, Mittagessen, Fahrten in die Stadt. Manchmal höre ich, wie spätabends gestritten wird, dann wieder brüllt entweder mein Vater oder Castor vor Lachen. Einmal ziehe ich nach dem Abendessen meinen Badeanzug an und gehe mit Castor zu dem großen, wie eine Acht geformten Betonpool hinüber. Oben schwimmen Blätter, der Boden ist schwarz von Pflanzenresten, das Wasser dennoch recht klar. Es wird schon dunkel, mein Onkel verschwindet im Pumpenraum, und kurz darauf flammen mit einem lauten Brummen die Lampen in den Poolwänden auf. Mein Onkel kommt wieder heraus und windet sich fluchend durch die Sträucher.
    »Ich hoffe, es gibt keinen Kurzen«, sagt er. Ich bleibe auf dem schmierigen Sprungbrett stehen und sehe ihn an. Dann weiche ich ein paar Schritte zurück und frage mich laut, ob wir nicht erst mal einen Stock oder einen Gummistiefel ins Wasser tauchen sollen.
    »Das lässt sich nur durch Reinspringen klären«, sagt mein Onkel lächelnd. Ich erkenne, dass es ein entscheidender Fehler gewesen ist, überhaupt auf das Sprungbrett zu steigen, und beginne vor Angst zu zittern. Aber Castor wirft mir seinen gefürchteten finsteren Blick zu, und da laufe ich ohne zu zögern los und springe. Erst hoch in die Nachtluft, dann abwärts, in das helle, funkelnde Wasser hinein, die Arme vorgestreckt wie eine Blinde. Ich bekomme keinen Schlag, merke jedenfalls nichts, deshalb öffne ich die Augen. Ich sehe alle Härchen auf meinem Arm, sehe sie hin und her wehen, als nach mir der bullige Castor ins Wasser platscht.
    »Weißt du, wie das ist?«, fragt mein Vater. »Du gehst in dein Zimmer, und auf dem Bett liegen Klamotten bereit, die du in der siebten Klasse getragen hast. Die sollst du anziehen, damit rumlaufen und dich zum Idioten machen.« Ich sehe meinen Vater stirnrunzelnd an und warte auf eine Erklärung. Er fummelt an seiner Gürtelschnalle herum.
    »So ist es, wenn man hierher kommt«, sagt er.
    Die beiden, Dad und Onkel Castor, verlassen frühmorgens das Haus. Sie gehen mit Gewehren in den Wald. Während sie weg sind, brechen Tiere zwischen den Bäumen hervor, ein Stinktier, ein Reh, das braune Kaninchen. Auf der Kieszufahrt bleiben sie keuchend stehen. Nach einer Weile ziehen sie langsam wieder ab, in den dunklen Wald. Später taucht mein Onkel auf, mit meinem Vater im Schlepptau. Sie behaupten, sie hätten nichts gefunden, sondern nur auf einem Felsen gesessen und über die Zukunft meines Vaters gesprochen. Wenn ich mir die Körperhaltung und den wilden Blick meines Vaters so ansehe, stimmt das vermutlich auch. Aber später kommt ein Nachbar vorbei und sagt, sein Hund sei von einer Kugel gestreift worden. Castor jagt den Nachbarn davon und verfolgt ihn den halben Weg zur Straße hinunter. Das Kaninchen hoppelt ihnen langsam hinterher; es will beachtet werden.
    Auch meine Mutter spielt in diesem Theater eine Rolle: Sie soll ständig kochen. Tante Netty (deren Namen auszusprechen Castor
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