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Heyne Galaxy 10

Heyne Galaxy 10

Titel: Heyne Galaxy 10
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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existierte zwei Milliarden Jahre in der Zukunft und wurde dort mit Energie gespeist. Ein Mann – oder auch eine Versorgungsladung – stand im Zentrum des wirklichen Ambosses und wartete auf das Hawksbill-Feld, das ihn umschließen und ins frühe Paläozoikum zurückschlagen würde. Der Zeitreise-Effekt hatte in der Tat etwas von einem Hammerschlag an sich, einem Schlag, der einen förmlich durch die Wände des Kontinuums zu treiben schien; das war wohl auch der Grund für die etwas bildhafte Bezeichnung der einzelnen Maschinenteile.
    Der Aufbau des Hawksbill-Lagers war eine langsame und schwierige Sache gewesen. Als ersten Schritt hatte der Hammer, wenn man so will, einen Pfad in die Vergangenheit geschlagen und den Nukleus der heutigen Empfängerstation abgesetzt. Da es nun noch keine Empfängerstation gab, die die Empfängerstation hätte aufnehmen können, war es bei den folgenden Sendungen zwangsläufig zu einigen Verlusten gekommen. Im Grunde war es nicht erforderlich, am Empfängerende ebenfalls Hammer und Amboß zu installieren; für einen Dauerkontakt war es jedoch durchaus erwünscht, um gewisse temporale Abweichungen auszugleichen. Ohne sie neigte das Feld zum Auswandern, und so hatte es in der Zeit vor der Errichtung der Empfängerstation geschehen können, daß Sendungen über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten verstreut wurden. In der Umgebung des Hawksbill-Lagers hatten sich in der Zwischenzeit beträchtliche Werte an temporalem Abfall eingefunden, Ausrüstungsgegenstände, die eigentlich für die ursprüngliche Installation gedacht gewesen waren, die sich aber infolge von Ungenauigkeiten vor der Installation des Hammers etwas vom Zielzeitpunkt und -ort entfernt hatten.
    Trotz dieser Schwierigkeiten war es schließlich gelungen, genügend Material für den Bau einer Empfängerstation durchzubringen. Kurz darauf wurden die ersten Gefangenen in die Vergangenheit geschickt; bei ihnen handelte es sich um Techniker, die mit einer Zeitreise-Apparatur genau Bescheid wußten. Sie hätten die Mitarbeit beim Zusammenbau von Hammer und Amboß natürlich verweigern können, und niemand hätte es ihnen übelgenommen. Aber letzten Endes war eine betriebsfertige Empfängerstation, die eine ständige weitere Versorgung der Station sicherstellte, zu ihrem eigenen Vorteil.
    Wieder einmal glühte der Hammer zum Zeichen, daß man Oben das Sendegerät aktiviert hatte, irgendwo Oben zwischen 2028 und 2030 n. Chr. Gesendet wurde ausschließlich von dort, empfangen wurde ausschließlich hier; andersherum funktionierte es nicht. Niemand wußte eigentlich den Grund dafür, obwohl es natürlich mancherlei Gerede darüber gab.
    Als das Hawksbill-Feld die Luft des Raumes zu ionisieren begann, ertönte ein zischendes Geräusch. Dann erfolgte der erwartete Donnerschlag der Implosionen, die dadurch verursacht wurden, daß die aus dem Raum abgezogene Luftmenge der hier abgestoßenen neuen Masse nicht genau entsprach. Und dann fiel plötzlich ein Mann aus dem Hammer und lag, betäubt und regungslos, auf dem leuchtenden Amboß.
    Zur großen Überraschung Baretts wirkte er ziemlich jung. Er mußte weit unter Dreißig sein. Gewöhnlich hatten die Männer, die in die Vergangenheit verbannt wurden, die Vierzig überschritten. Sie waren die Unverbesserlichen, vor denen die Menschheit zum allgemeinen Wohl bewahrt werden mußte. Der bisher Jüngste war fast vierzig gewesen, als er hier ankam. Der Anblick des hageren sauberen Jungen entlockte einigen der Anwesenden ein gequältes Seufzen, und Barrett konnte die Gefühle der Männer verstehen.
    Der Neue setzte sich auf. Er bewegte sich wie ein Kind, das aus einem langen und tiefen Schlaf erwacht. Er blickte sich um.
    Sein Gesicht war leichenblaß, die Lippen schienen blutleer. Seine blauen Augen blickten starr, und er bewegte die Lippen, als wollte er etwas sagen, fände jedoch nicht die richtigen Worte.
    Soweit bekannt war, bewirkte die Zeitreise keine physiologischen Schäden. Lediglich seelische Störungen wurden immer wieder festgestellt. Die letzten Minuten vor der Aktivierung des Hammers hatten auch wirklich etwas von den letzten Augenblicken unter dem Beil einer Guillotine an sich, zumal die Verbannung in die Vergangenheit einem Todesurteil gleichkam. Der verurteilte Gefangene warf einen letzten Blick auf die Welt der Raketen und künstlichen Organe, auf eine Welt, in der er gelebt und geliebt und ein politisches Ziel gehabt hatte – und dann wurde er in eine unvorstellbar ferne
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