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Heyne Galaxy 10

Heyne Galaxy 10

Titel: Heyne Galaxy 10
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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Vergangenheit geschickt, aus der es kein Zurück gab.
    Daß die meisten Gefangenen bei ihrer Ankunft unter schweren Schockzuständen litten, war unter diesen Umständen nicht weiter verwunderlich.
    Barrett setzte sich in Bewegung, und automatisch machten ihm die anderen den Weg zum Amboß frei. Sich vorbeugend, streckte er dem Neuen die Hand entgegen und lächelte. Der Neue streifte ihn mit einem ausdruckslosen Blick.
    »Mein Name ist Jim Barrett. Willkommen im Hawksbill-Lager. Du solltest von dem Ding verschwinden, ehe dir eine Ladung Gemüse auf dem Kopf landet.« Barrett mußte die Zähne zusammenbeißen, als er sein Gewacht etwas auf den verletzten Fuß verlagerte und dem Neuen vom Amboß half. Es war durchaus möglich, daß die Idioten Oben keine Minute verstreichen ließen, ehe sie eine neue Ladung schickten.
    Barrett winkte Mel Rüdiger zu, und der plumpe Anarchist reichte dem Neuen eine Alkoholkapsel, die dieser wortlos nahm und sich gegen den Arm preßte. Charley Norton bot ihm ein Stück Schokolade an, das jedoch kopfschüttelnd abgelehnt wurde. Ein Zeitschock, wie ich ihn noch nicht erlebt habe, dachte Barrett. Der Neue hatte noch kein Wort gesagt. Er sah außerordentlich erschöpft aus. War es möglich, daß der Zeitreiseeffekt wirklich eine derart durchgreifende Wirkung hatte?
    Barrett sagte: »Wir gehen wohl am besten in die Krankenstation und lassen die üblichen Aufnahmetests durchführen. Dann werde ich dir ein Quartier zuweisen. Später ist noch Zeit, sich das Lager anzusehen und die anderen kennenzulernen. Wie heißt du?«
    »Hahn. Lew Hahn.«
    »Ich kann dich nicht verstehen.«
    »Hahn«, wiederholte der Mann noch immer sehr leise.
    »Aus welchem Jahr stammst du, Lew?«
    »2029!«
    »Du fühlst dich ziemlich mies, wie?«
    »Entsetzlich! Ich kann gar nicht glauben, daß das alles überhaupt wirklich existiert! So etwas wie ein Hawksbill-Lager gibt es doch gar nicht, oder?«
    »Ich fürchte, da muß ich dich enttäuschen. Uns gibt es wirklich«, erwiderte Barrett. »Wenigstens sind die meisten hier der Meinung. Einige von uns glauben zwar, daß das Ganze nur eine durch Drogen hervorgerufene Halluzination wäre, aber daran habe ich meine Zweifel. Es müßte dann schon eine verdammt gute Halluzination sein. Schau!«
    Er legte dem Neuen einen Arm um die Schulter und führte ihn durch die zurückweichende Menge aus dem Hammer-Raum in die nahe gelegene Krankenstation. Obwohl Hahn einen ausgemergelten und geradezu zerbrechlichen Eindruck machte, war Barrett überrascht, wie fest sich die Schultermuskeln des Neuen unter seinem Griff strafften. Er vermutete, daß dieser Mann weit weniger hilflos war, als es im Augenblick den Anschein hatte.
    Sie traten ins Freie.
    »Sieh dir das mal an«, sagte Barrett.
    Hahn blickte auf. Er fuhr sich mit der Hand über die Augen, als wollte er einen Vorhang aus unsichtbaren Spinnweben zur Seite schieben, und sah sich um.
    »Eine spätkambrische Landschaft«, erläuterte Barrett leise. »Der Traum eines jeden Geologen; nur scheinen sich Geologen selten zu politischen Gefangenen zu entwickeln. Dort vor uns liegt das Massiv der späteren Appalachen, das sich im Augenblick vom Golf von Mexiko bis nach Neufundland erstreckt. Der Felsgürtel ist mehrere hundert Kilometer breit. Im Osten haben wir den Atlantik und ein wenig weiter westlich den großen Inlandsee, wie wir ihn nennen. Irgendwo dort im Westen, vielleicht viertausend Kilometer von hier, liegen die Kordilleren. Da draußen wird es später einmal Kalifornien, Oregon und Washington geben. Ich hoffe, du verträgst Meeresnahrung.«
    Hahn blickte sich ungläubig um, und Barrett folgte seinem Blick. An die Fremdartigkeit dieser Welt gewöhnte man sich niemals, wie lange man hier auch schon wohnte. Diese Welt war die Erde, und trotzdem schien sie absolut nichts mit dem Planeten gemein zu haben, an den man sich erinnerte, weil alles so kahl und leer und unwirklich war.
    Die großen Meere barsten natürlich vor Leben. Aber an Land gab es nichts, wenn man von gelegentlichen Mooskolonien und vereinzelten Erdklumpen absah, die sich bereits auf dem bloßen Felsgestein gebildet hatten. Unter diesen Umständen wären einige einfache Küchenschaben bereits willkommen gewesen, aber es hatte den Anschein, als sollten diese Tierchen erst nach einigen weiteren geologischen Perioden auf diesem Planeten erscheinen.
    Für Landbewohner war es eine tote Welt, eine ungeborene Welt, die zuweilen sehr traurig stimmte.
    Kopfschüttelnd trat Hahn
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