Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heyne Galaxy 06

Heyne Galaxy 06

Titel: Heyne Galaxy 06
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
Vom Netzwerk:
Rücken und anderen Körperteilen sprossen die seltsamsten Pflanzen. Es sah so aus, als verberge sich jedes einzelne Viech unter oder hinter einem Gestrüpp. Um das ganze Bild abzurunden, lassen Sie mich noch zum Überfluß erwähnen, daß die Büsche auf den Viechern Früchte trugen.
    Da standen wir also, die Viecher und wir, und betrachteten uns erwartungsvoll. Endlich löste sich ein Tier aus der Herde, trottete langsam auf uns zu und blieb einige Meter vor unserer Gruppe stehen. In seinen Augen war ein seelenvoller Blick, der uns durch Mark und Bein ging, dann fiel das Viech einfach um und war tot.
    Der Rest der Herde machte kehrt und entfernte sich, als sei nichts von Bedeutung geschehen. Der plötzliche Tod eines Artgenossen schien ein alltägliches Ereignis zu sein. Man kümmerte sich nicht darum.
    Julian Oliver, unser Botaniker, rieb sich mit der flachen Hand über die Glatze. Nachdenklich schüttelte er den Kopf und seufzte:
    »Was soll denn das nun wieder bedeuten? Ist es denn nicht möglich, daß wir einmal – nur einmal! – eine ganz normale und leicht verständliche Lebensform auf einem fremden, unerforschten Planeten vorfinden? Muß es denn immer so etwas Ausgefallenes sein?«
    »Etwas Normales …? Nie!« Ich klopfte ihm mitfühlend auf die Schulter. »Erinnern Sie sich doch nur an den Busch auf ›Hamal V‹, der die Hälfte seines Daseins eine Art gutschmeckende Tomate war, um sich dann für den Rest seines Lebens in giftigen Efeu zu verwandeln.«
    »Ich erinnere mich«, gab Oliver traurig zu.
    Max Weber, unser Biologe, ging zu dem toten Viech, blieb stehen und stieß es mit dem Fuß an.
    »Das Dumme ist nur«, stellte er sachlich fest, »daß der Tomatenefeu Julians Prachtstück war. Um das Viech hier muß ich mich kümmern.«
    »Nicht ganz«, widersprach Oliver und deutete auf die unförmige Masse. »Als was würden Sie zum Beispiel die auf dem Kadaver wachsenden Büsche bezeichnen? Ist das Vegetation oder nicht?«
    Ich beeilte mich, der beginnenden Diskussion ein Ende zu bereiten. Die beiden Streithähne kannte ich nun bereits seit zwölf Jahren, und es war immer wieder dasselbe. Hundert Lichtjahre von der Erde entfernt und auf zwei Dutzend Planeten stritten sie sich um Dinge, die sie beide nicht verstanden. Jetzt ging es wieder los. Ich konnte die Diskussion zwar abstoppen, aber das bedeutete noch lange nicht, daß sie später nicht mit verstärktem Eifer fortgesetzt wurde. Manchmal, so wußte ich, kam sogar etwas dabei heraus.
    »Ruhe jetzt!« fuhr ich sie daher an. »In einigen Stunden wird es dunkel, und wir haben nicht mehr viel Zeit, das Lager zu errichten.«
    »Aber das Viech«, sagte Weber. »Wir können es doch nicht einfach so herumliegen lassen.«
    »Warum denn nicht? Es gibt Millionen davon.«
    »Aber es fiel tot um.«
    »Na und? Vielleicht war es alt und gebrechlich.«
    »Schön ausgedrückt, aber wir reden besser später darüber.« Alfred Kemper, unser Bakteriologe, war herbeigekommen und mischte sich ein. »Bob hat recht. Wir müssen uns erst um das Lager kümmern.«
    »Noch etwas«, hielt ich ihnen entgegen. »So friedlich und harmlos die Landschaft hier auch aussehen mag, wir haben die üblichen Vorsichtsmaßnahmen zu beachten. Es wird nichts angerührt oder gar gegessen. Niemand trinkt Wasser, das von diesem Planeten stammt. Niemand unternimmt ohne Begleitung einen Spaziergang. Ist das klar?«
    »Ich glaube, Sie übertreiben«, erwiderte Weber. »Wir haben bisher nur die Viecher gesehen, die auf endlosen Steppen daherziehen. Keine Bäume, keine Berge, nichts.«
    Ich kannte Weber. Er würde die Regeln befolgen, ohne weiter darüber nachzudenken, aber er argumentierte gern. Darum sprach er dagegen. Es war ratsam, seinen Einwand einfach zu ignorieren, oder es würde eine endlose Debatte geben.
    »Entscheiden wir uns«, schlug ich vor. »Schlagen wir endlich unser Lager auf, oder verbringen wir die Nacht im Schiff?«
    Die Frage erstickte jede weitere Diskussion im Keim.
    Noch bevor die Sonne unterging, stand das Lager. Carl Parsons, unser Verpflegungsmeister, hatte den Ofen aufgebaut und bereitete das Abendessen. Die letzten Zeltpflöcke wurden eingeschlagen.
    Ich saß vor meiner Kiste mit der Diätverpflegung und stellte mir ein Menü zusammen. Viel Abwechslung hatte ich nicht. Wie immer hänselten mich die anderen, aber es störte mich nicht weiter. Schließlich war ich es ja gewohnt. Sie erhielten ihre entsprechenden Antworten und ließen mich dann in Ruhe. So ging das nun
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher