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Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet

Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet

Titel: Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet
Autoren: Antje Herden
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Sandro, die Prinzessin und ich

    Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet. So ein Quatsch, denkt ihr nun vielleicht. Ehrlich gesagt, hat es sich auch ganz anders angefühlt, als es klingt, wenn ich es jetzt aufschreibe. Außerdem habe ich die Welt nicht alleine gerettet. Wir waren zu dritt – Sandro, die Prinzessin und ich.
    Mich kennt ihr vielleicht. Ich sitze im Klassenraum ganz hinten links an der Wand. Der Stuhl neben mir ist frei. Aber das finde ich nicht schlimm. Ich trage eine Brille mit dicken Gläsern auf der Nase. Manche sagen, eigentlich trägt die Brille mich, weil sie angeblich größer ist als ich. Das ist natürlich Unsinn. So klein bin ich nun auch wieder nicht. Obwohl ich der Kleinste in der Klasse bin.
    Ich habe jeden Tag eine Mütze auf. Samstags rasiert Papa uns beiden nämlich mit so einem elektrischen Scherdingsbums den Kopf. Damit wir nicht frieren, hat Oma uns Mützen gestrickt. Frau Müller sagt, in der Klasse muss ich meine Mütze absetzen. Das sei sonst unhöflich. Dabei ist meine Mütze gar nicht größer als Frau Müllers Frisur, die wie ein mächtiger Helm aussieht. Ich finde es jedenfalls nicht unhöflich, dass Frau Müller ihre Frisur nicht abnimmt, wenn sie unseren Klassenraum betritt. Aber das sage ich natürlich nicht, denn Frau Müller ist meine Lehrerin und eigentlich sehr nett.
    Diejenigen, die mich nicht kennen, rufen mir manchmal blöde Sachen hinterher. Dass ich doof bin zum Beispiel. Weil ich eine Brille trage und ein Hemd und Hosen mit gebügelten Falten. Ich verstehe zwar nicht, warum ich doof sein soll, wenn meine Hose gebügelte Falten hat. Ich habe Oma trotzdem irgendwann einmal gesagt, dass ich es einfacher hätte, wenn sie mir eine Jeans und ein Sweatshirt kaufen würde. Aber Oma hat geantwortet, dass sie es einfacher hätte, wenn sie Papa und mir beim Herrenausstatter dieselben Kleidungsstücke in verschiedenen Größen besorgen würde. Sie hätte keine Zeit für diesen neumodischen Kram. Dass der Herrenausstatter dieselben Hemden und Hosen in Papas und auch in meiner Größe verkauft, das finde ich schon erstaunlich. Noch erstaunlicher ist allerdings, dass Papa sich nicht bei Oma beschwert. Ihm können die Klamotten doch auch nicht wirklich gefallen.
    Wie ihr sicher schon gemerkt habt, bin ich nicht unbedingt ein Schwarm so wie Johannes, den alle Mädchen mit Klimperaugen anschauen. Meistens gehe ich nach der Schule alleine nach Hause. Zumindest war das bis vor fünf Wochen noch so. Inzwischen ist alles anders. Aber ich will lieber der Reihe nach erzählen.
    In der Schule habe ich keine Probleme. Es fällt mir nicht schwer, mir die Sachen zu merken, die ich höre oder lese. Aber meistens purzeln Millionen Gedanken durch meinen Kopf. Darum gibt es dadrinnen manchmal einfach keinen Platz für andere Dinge. Dann passiert es mir, dass ich nicht verstehe, was man mir sagt oder was man von mir möchte. Vielleicht finden manche mich deswegen doof. Aber ich wusste immer, dass ich irgendwann einmal einen richtig tollen Freund finden würde. Dass es zwei sein und wir zusammen die Welt retten würden, das habe ich natürlich nicht geahnt.
    Jetzt hätte ich beinahe schon wieder zu viel verraten. Es ist wirklich schwer, eine Geschichte der Reihe nach zu erzählen, wenn man das Ende schon kennt.
    Wenn ich nach der Schule nach Hause komme, esse ich mit Oma zu Mittag. Sie fragt mich immer, was wir im Unterricht gemacht haben. Wenn ich es dann erzählen möchte, winkt sie ab und sagt: »Ach, lass nur, das verstehe ich sowieso nicht.« Dabei ist Oma kein bisschen dumm.
    Mama ist nicht oft zuhause, weil sie Archäologin ist und überall in der Welt nach den versunkenen Schätzen ausgestorbener Völker gräbt. Manchmal ist sie monatelang irgendwo in der Wüste oder im Dschungel auf Expedition. Ich vermisse sie dann ganz fürchterlich, aber ich finde ihren Beruf cool. Wenn sie von ihren langen Reisen wieder nach Hause kommt, zeigt sie uns Bilder von bröckligen Steinen, dreckigen Scherben und staubigen Knochenstückchen. Man könnte denken, das sei alles bloß Müll. Dabei sind das wertvolle Überreste längst untergegangener Kulturen und Mama weiß die spannendsten Geschichten über sie zu erzählen.
    Jedenfalls führt Oma bei uns den Haushalt. Papa könnte das nie. Er sitzt den ganzen Tag vorm Computer und erfindet neue Programme. Aber in der Küche lässt er das Kaffeewasser anbrennen, wenn ihr versteht, was ich meine. Wenn Oma ihm nicht morgens eine Hose, ein Hemd, frische
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