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Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Titel: Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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der, den er suchte, sich in der kleinen Hütte dort drüben aufhielt. Er spürte ihn. Er war seinem Ziel jetzt ganz nahe. Und das musste er auch, denn er hatte nicht mehr viel Zeit. Minuten, keinesfalls Stunden. Und vielleicht nicht einmal mehr das.
    Joshua presste die linke Hand gegen die Seite, als könne er den warmen Strom, der das Leben aus ihm herausfließen ließ, auf diese Weise zum Versiegen bringen. Natürlich konnte er es nicht. Keine Macht der Welt konnte ihn jetzt noch retten. Am Anfang hatte es wehgetan, mehr, als er sich zuvor auch nur hatte vorstellen können, doch seit einer Weile hatte er keine Schmerzen mehr. Seine gesamte linke Körperseite fühlte sich taub an und in dem entsprechenden Arm und der Hüfte begann sich ein eisige Prickeln auszubreiten, das der Grenze der Taubheit wie eine Front aus winzigen Ameisen vorauseilte und sie immer größere Teile seines Körpers erreichen ließ. Er hatte eine Spur aus blutigen Fußabdrücken von der Stelle im Wald, an der er die Zeitmaschine zurückgelassen hatte, bis hierher hinterlassen, und nun, wo er für einige Augenblicke stehen geblieben war, bildete sich zwischen seinen Füßen eine dunkelrote, zähe Lache. Er würde sterben. Nicht irgendwann, sondern jetzt. Bestenfalls hatte er noch zehn Minuten.
    Doch diese Zeit konnte reichen. Sie musste. Nie zuvor, seit dieser Planet geboren worden war, war etwas so wichtig gewesen.
    Langsam ging Joshua weiter. Jeder Schritt kostete ihn größere Mühe als der davor. Anstelle des Blutes, das aus seinem Körper herausfloss, schien flüssiges Blei seine Adern zu füllen. Jeder Atemzug war eine Qual. Die Entfernung bis zu der kleinen Hütte am Waldrand betrug nicht mehr als dreißig Schritte und doch verbrauchte er die Hälfte der Frist, die ihm vielleicht noch blieb, um sie zu überwinden, und musste vor dem Haus noch einmal innehalten, um das allerletzte bisschen Kraft zusammenzuraffen, das er noch in sich fand.
    Er lauschte. Es war früher Morgen – der Morgen des dritten Mai sechzehnhunderteinundvierzig, wie ihm die Zeitskala in den Kontrollen von Georges Maschine verraten hatte – und auf den Blättern der Bäume und dem Gras schimmerte noch Tau. Ein frischer, lebendiger Geruch lag in der Luft und der Wald war sehr still; es musste jener flüchtige Moment des Tages sein, an dem die Geschöpfe der Nacht nicht mehr und die des Tages noch nicht aktiv waren. Ein sonderbarer Friede hatte sich über dem Land ausgebreitet. Der Tag würde warm werden.
    Der Gedanke, fast vierhundert Jahre weit in die Vergangenheit gereist zu sein, erfüllte Joshua mit einem Gefühl von Ehrfurcht, von dem er bisher gar nicht gewusst hatte, dass er in der Lage war, es zu empfinden. Aber er empfand auch Furcht. Es war so lange, so unvorstellbar lange. Vor ihm lag die Dauer von acht Menschenleben und er hatte Angst vor dieser Zeit; und vor dem, was er tun musste, um sie ein zweites Mal zu überwinden. Aber er hatte keine Wahl. Was schon geschehen war, musste wieder geschehen.
    Mit einer entschlossenen Bewegung betrat er das Haus. Seine Augen, an das klare Licht der Morgensonne gewöhnt, brauchten einige Sekunden, um sich an die Dämmerung zu gewöhnen, die hier drinnen noch nicht ganz gewichen war. Er sah nur Schemen der einfachen Einrichtung; ein Tisch, ein Stuhl, eine große, grob aus Brettern gezimmerte Truhe, in der der Besitzer dieses Hauses seine wenigen Habseligkeiten aufbewahrte, und ein einfaches Bett, mit Fetzen bezogen, die wenig mehr als Lumpen waren.
    Die Gestalt, die darauf lag, erwachte durch das Geräusch seines Eintretens. Ein schmales, von dunklen Linien und Runzeln durchzogenes Gesicht erschien in den grauen Lumpen und blinzelte eine Sekunde lang verwirrt zu Joshua hoch, ehe sein Besitzer endgültig erwachte und mit einem Ruck aufsprang. Trotz seines sichtbar hohen Alters bewegte sich der Mann mit unerwarteter Geschmeidigkeit. Er hatte die Instinkte und Reflexe eines Raubtieres, dessen Sinne selbst im Schlaf nicht aufhörten, nach Beute und Feinden Ausschau zu halten. Er war unvorstellbar schnell.
    Aber Joshua war schneller.
    Er ließ ihm keine Chance. Der Mann hatte sich noch nicht einmal halb von seinem Lager erhoben, da war Joshua auch schon über ihm, packte ihn mit erbarmungsloser Kraft und schmetterte ihn gegen die Wand. Crowley brüllte vor Schmerz und Wut, war sofort wieder auf den Beinen und stürzte sich abermals und mit noch größerer Kraft und Schnelligkeit auf seinen Gegner. Einen Angreifer, der nicht
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