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Hexenmacht

Hexenmacht

Titel: Hexenmacht
Autoren: Alfred Bekker
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Gespräch verebbte, als wir eintraten. Ihre Blicke musterten uns eingehend. In ihren hageren, hohlwangigen Gesichtern stand blankes Misstrauen zu lesen.
    Hinter dem Tresen stand ein rundlicher Mann mit karierten Hemd. Er hieß Walsh, wie ich später erfuhr, und führte zusammen mit seiner Frau den Glenmore Inn. Wie durch Watte hörte ich Jim etwas von zwei Einzelzimmern sagen, während mein Blick durch den düster wirkenden Raum glitt. In einer Vitrine waren die Trophäen der örtlichen Fußballmannschaft aufgereiht. An der Wand hing ein illustres Sammelsurium aus Fotos, Gerätschaften, die alle irgend etwas mit Seefahrt oder Fischerei zu tun hatten. Glenmore war lange ein Fischerdorf gewesen, bevor die Flotten der großen Kutter den kleinen Booten den Fang weggenommen hatten.
    Manche der aufgehängten Gegenstände schienen uralt zu sein.
    Ein Entermesser war zu sehen und ein altes, handgeknüpftes Fischernetz. Fotos, die schon ziemlich vergilbt und halb verblichen waren. Die meiste zeigten Seeleute und Schiffsbesatzungen.
    Und dann war da auch noch ein Steuerrad aus dunklem Holz, das die Aufschrift JERSEY QUEEN, 1830 trug. Ich weiß nicht, weshalb ich dieses Steuerrad besonders intensiv ansah.
    Vielleicht Intuition...
    Jersey Queen, 1830...
    Der Name eines Schiffs und das Jahr seiner Fertigstellung, wie ich vermutete.
    "Wie lange wollen Sie bleiben?", fragte Mr. Walsh indessen an Jim Field gewandt.
    Jim sah mich kurz an und meinte dann: "Das wissen wir noch nicht so genau. Ein paar Tage..."
    "Soll mir recht sein", erwiderte Walsh. "Aber Sie müssen im Voraus bezahlen. Schließlich kenne ich Sie nicht..."
    Jim zuckte die Achseln.
    "Kein Problem", meinte er.
    Walshs Augen wurden etwas schmaler, als er dann fragte: "Haben Sie beide eigentlich kein Gepäck?"
    "Im Auto", erklärte Jim. "Wir holen es, sobald der Regen wenigstens ein bisschen nachgelassen hat."
    Walsh zuckte die Achseln. Seinem Gesicht war nicht anzusehen, ob er Jims Worten glaubte oder nicht. Auf seinem Gesicht erschien dann ein breites Grinsen.
    "Könnte sein, daß Sie da bis zum morgen warten müssen!", meinte er dann.
    Ich hatte mir indessen die Fotos an der Wand angesehen. Auf einem war im Hintergrund ein malerischer Landsitz abgebildet. Währenddessen kam Walsh mit den Zimmerschlüsseln hinter dem Schanktisch hervor. Ich deutete auf das Bild und fragte: "Ist das Goram Manor?"
    In Walshs Augen flackerte etwas. Und auch bei den Männern am Tisch war es auf einmal wieder totenstill.
    "Schon möglich", knurrte Walsh nicht gerade entgegenkommend. "Ist es weit von hier?"
    "Was interessiert Sie das?"
    "Es war einfach nur eine Frage", erwiderte ich etwas irritiert. Soviel abweisende Reserviertheit hatte ich nicht erwartet.
    "Sie sind nicht zufällig von der Polizei, was?", meinte er dann.
    "Die war schon hier, nehme ich an", stellte ich fest. "Wegen Sir Gilbert Goram..."
    Die Gesichter der Anwesenden verdüsterten sich. Walsh schaute etwas hilflos zu den Männern am Tisch hinüber, dann wieder in meine Richtung.
    "Ja", sagte er dann zögernd. "Die waren hier und haben alle möglichen Fragen gestellt." Er deutete mit dem Zeigefinger auf mich, als würde es sich um eine Waffe handeln. "Und jetzt, möchte ich wissen, was Sie hier zu suchen haben, Ma'am!"
    "Patricia Vanhelsing, London Express News", stellte ich mich vor.
    "Und Sie wollen nach Goram Manor?", vergewisserte sich Walsh nochmals. "Da werden Sie kein Glück haben. Die Residenz der Gorams ist zur Zeit verwaist. Sir Gilbert lebte nämlich allein. Soweit ich weiß, war er der letzte der Gorams. Verheiratet war er auch nie, von Kindern ganz zu schweigen..."
    "Red nicht soviel, Walsh!", meldete sich jetzt einer der Männer am Tisch zu Wort. Und den Gesichtern der anderen war abzulesen, dass sie genau derselben Auffassung waren. Walsh drehte sich kurz zu ihnen um.
    Dann hob er die Schlüssel und meinte: "Ich zeig Ihnen beiden jetzt die Zimmer, in Ordnung?"
    "In Ordnung."
    Wir gingen die Treppe hinauf, während die Blicke der Männer am Tisch jeder unserer Bewegungen peinlich genau folgten. Ein unbehagliches Gefühl hatte sich in mir breitgemacht und Jim schien es nicht anders zu gehen.
    Ganz offensichtlich waren Leute, die sich nach dem Schicksal von Gilbert Goram erkundigen wollten, hier in Glenmore nicht sonderlich beliebt.
    Walsh sagte kaum noch ein Wort, obwohl ich versuchte, noch das eine oder andere aus ihm herauszulocken. Er wurde ziemlich einsilbig und wortkarg, zeigte erst Jim, dann mir mein
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